Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. keine Verpflichtung der Gesellschafter zur Vorlage selbstschuldnerischer Bürgschaften mit Androhung des Widerrufs der Zulassung
Leitsatz (amtlich)
Die Zulassungsgremien sind gegenüber einem vor dem 1.1.2007 bestandskräftig zugelassenen Medizinischen Versorgungszentrum nicht berechtigt, eine Verpflichtung zur Vorlage von selbstschuldnerischen Bürgschaften durch ihre Gesellschafter, verbunden mit der Androhung des Widerrufs der Zulassung für den Fall der Nichtabgabe, auszusprechen.
Tenor
1. Der Beschluss des Beklagten wird insoweit aufgehoben, als darin die im angefochtenen Beschluss des Zulassungsausschusses vom 30.01.2007 gegenüber der Klägerin ausgesprochene Verpflichtung zur Vorlage von selbstschuldnerischen Bürgschaften durch ihre Gesellschafter, verbunden mit der Androhung des Widerrufs der Zulassung für den Fall der Nichtabgabe, nicht aufgehoben wird.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, diese Verpflichtung nebst damit verbundener Androhung des Widerrufs der Zulassung aufzuheben.
3. Der Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Die Aufwendungen der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Verpflichtung zur Vorlage von selbstschuldnerischen Bürgschaften durch ihre Gesellschafter, verbunden mit der Androhung des Widerrufs der Zulassung für den Fall der Nichtabgabe.
Die Klägerin ist ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in der Rechtsform einer GmbH. Sie ist seit 01.01.2006 als MVZ zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Sie hat zwei Gesellschafter. Die JB.Kliniken gGmbH ist eine gemeinnützige GmbH. Sie hat selbständig Feststellungsklage vor der Kammer zum Az.: S 12 KA 370/07 gegen den Zulassungsausschuss erhoben. Der weitere Gesellschafter ist das MVZ Radiologie und Nuklearmedizin GbR A., B., H., M., N., W., I., B-Stadt . Dieses hat ebf. selbständig Feststellungsklage vor der Kammer zum Az.: S 12 KA 378/07 gegen den Zulassungsausschuss erhoben.
Bereits unter Datum vom 02.04.2007 forderte der Zulassungsausschuss die Klägerin zur Einreichung einer selbstschuldnerischen Bürgschaftserklärung der Gesellschafter binnen zwei Monaten aufgefordert. Die Klägerin reichte unter Datum vom 04.06.2007 die Erklärung unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung ein.
Der Zulassungsausschuss gab ferner mit Beschluss vom 24.04.2007 (Beschlussausfertigung am 29.05.2007) dem Antrag der Klägerin auf Bestellung des Herrn Dr. med. AX. zum ärztlichen Leiter statt. Die Genehmigung erfolgte unter der aufschiebenden Bedingung, dass eine selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung der Gesellschafter bis 05.06.2007 vorgelegt werde. Mit weiterem Beschluss vom 24.04.2007 (Beschlussausfertigung am 29.05.2007) stellte der Zulassungsausschuss fest, dass die Gemeinschaftspraxis A-Straße GbR als Mitgesellschafter in das A. eintrete. Auch diese Genehmigung erfolgte unter der aufschiebenden Bedingung, dass eine selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung der Gesellschafter bis 05.06.2007 vorgelegt werde. Gegen beide Beschlüsse läuft ein Widerspruchsverfahren.
Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen gab mit Beschluss vom 30.01.2007 (Beschlussausfertigung am 02.04.2007) dem Antrag der Klägerin auf Übernahme eines Vertragsarztsitzes in U-Stadt statt. Am Ende der Begründung heißt es, die Zulassung des MVZ sei zu widerrufen, sofern die gem. § 95 Abs. 2 SGB V erforderliche selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen für Forderungen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Beschlusses vorgelegt werde.
Gegen den Beschluss legte die Klägerin am 23.04.2007 Widerspruch ein. Sie wandte sich gegen die Befristung der Nachbesetzung und die Befristung der Einstellung eines weiteren Arztes bei Reduktion der Arbeitszeit sowie gegen die Aufforderung zur Vorlage einer Bürgschaftserklärung, da das MVZ vor dem 01.01.2007 gegründet worden sei. Die nachträgliche Forderung nach einer Bürgschaft stelle einen enteignungsgleichen Eingriff dar.
Die Beigeladene zu 1) teilte mit Schriftsatz vom 18.06.2007 mit, dass sich die Notwendigkeit zur Vorlage einer selbstschuldnerischen Bürgschaftserklärung nicht nur für MVZ ergebe, die nach dem 01.01.2007 gegründet worden seien. Die Forderung stelle ein milderes Mittel im Vergleich zur Zulassungsentziehung dar.
Mit Beschluss vom 20.06.2007, ausgefertigt am 11.09.2007, änderte der Berufungsausschuss die Frist zur Nachbesetzung auf sechs Monate ab. Ferner bestimmte er, dass die übrigen Bestimmungen des angefochtenen Beschlusses unverändert blieben; den Widerspruch wies er insoweit zurück. Zur Begründung führte er u. a. aus, der Widerspruch sei zulässig. Ein Widerspruch sei auch dann möglich, wenn die angegriffene Regelung sich nicht in der Tenorierung des angefochtenen Verwaltungsaktes unmittelbar be...