Entscheidungsstichwort (Thema)

Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Betrachtungsweise

 

Orientierungssatz

1. Die Wirtschaftlichkeit der vertrags(zahn)-ärztlichen Versorgung wird durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Die Grenze zur unwirtschaftlichen Betrachtungsweise ist bei einer Arztgruppe mit einem engen Leistungsspektrum bei einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 40 % zu ziehen.

2. Die Beschränkung der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf die Behandlungsfälle einer einzelnen Krankenkasse ist nur mit der Einschränkung zulässig, dass diese mindestens 20 % der Durchschnittsfallzahl der Fachgruppe ausmachen.

3. Die Wirkung des Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit hat der Vertrags(zahn)-arzt durch den Nachweis von Praxisbesonderheiten bzw.von Unterschieden in der Praxisstruktur zu widerlegen.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch um eine Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Bereich des Gesamtfallwertes in den drei Quartalen I bis III/03 in Höhe von insgesamt 17.346,52 Euro.

Der Kläger ist seit 1979 als Zahnarzt zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

In den vier Quartalen I bis IV/03 ergaben sich folgende Abrechnungswerte des Klägers (in nachfolgender Tabelle abgekürzt als VZA) im Vergleich mit den Abrechnungswerten der hessischen Vertragszahnärzte (VG):

Quartal

Fallzahl

Pkte. Pro Fall

Mehrkosten pro Fall in Punkten

In %

I/2003

VZA*

531

131

51

63,8

VG**

478

80

II/2003

VZA*

461

121

46

61,3

VG**

465

75

III/2003

VZA**

575

119

44

58,7

VG**

474

75

IV/2003

VZA*

630

87

19

27,9

VG**

594

68

Nach einem Auswahlverfahren bzw. für das Quartal III/03 auf Antrag der Verbände der Krankenkassen führte der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen - Kammer III - eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der Quartale I bis IV/03 durch. Der Prüfungsausschuss lud den Kläger zu einer Prüfsitzung, an der er teilnahm.

Mit Bescheid vom 27.10.2004, ausgefertigt am 21.03.2005, setzte der Prüfungsausschuss für die streitbefangenen Quartale eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 21.956,02 € fest, die er mit Rücksicht auf die HVM-Einbehalte für das Jahr 2003 auf 19.878,98 € reduzierte. Er kürzte den Gesamtfallwert auf das 1,4-fache des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe. Im Einzelnen nahm er folgende Honorarreduzierungen (ohne Rücksicht auf die HVM-Einbehalte für das Jahr 2003 vor:

I/03 um 8.692,40 €II/03 um 6.346,71 €III/03 um 6.916,91 €

Im Ergebnis gestand der Prüfungsausschuss dem Kläger für alle streitbefangenen Quartale jeweils den 1,4-fachen Fallwert zu.

Hiergegen legten der Kläger am 12.04.2005 und die beigeladenen Verbände der Krankenkassen am 29.03.2005 Widerspruch ein.

Der Kläger führte aus, die eingeräumte Toleranz von 40 % werde seinen Praxisbesonderheiten - chirurgische Maßnahmen sowie für das Quartal IV/03 den Bereich der PAR-Behandlungen - nicht gerecht. Die endodontischen Leistungen habe der Prüfungsausschuss als wirtschaftlich bezeichnet; die Mehraufwendungen seien herauszurechnen. Auch weise der Beschluss erhebliche Begründungsmängel auf.

Die beigeladenen Verbände der Krankenkassen wiesen auf die Überschreitungswerte des Klägers und als unwirtschaftlich anzusehende Mehrkosten in Höhe von 49.917,06 € hin.

Der Beklagte lud den Kläger unter Datum vom 10.05.2006 zu einer weiteren Prüfsitzung für den 19.07.2006 unter Beifügung einer Patientenliste. Der Kläger nahm an der Prüfsitzung teil.

Mit Beschluss vom 19.07.2006, ausgefertigt am 07.12.2006 und dem Kläger am 08.12.2006 zugestellt, wies der Beklagte den Widerspruch der beigeladenen Verbände der Krankenkassen zurück und gab dem Widerspruch des Klägers teilweise statt. Er setzte eine Gesamthonorarberichtigung wiederum in Höhe von 21.956,02 € fest, die er mit Rücksicht auf die HVM-Einbehalte für das Jahr 2003 aber auf 17.346,52 € reduzierte. Zur Begründung führte er aus, er habe einen statistischen Kostenvergleich vorgenommen. Die Grenze zur unwirtschaftlichen Behandlungsweise sehe man im Bereich des Gesamtfallwertes bei einer Überschreitung von 40 %. Die Abrechnungswerte der Klägerin legten daher eine unwirtschaftliche Behandlungsweise nahe. Im Ergebnis hätten Praxisbesonderheiten sowie Unterschiede in der Praxisstruktur, die geeignet gewesen wären, den ausgewiesenen Mehraufwand in seinem gesamten Umfang zu rechtfertigen, nicht festgestellt werden können. Eine exemplarische Überprüfung der Behandlungsfälle habe gezeigt, dass die die Vorgehensweise des Klägers sowohl unter dem Gesichtspunkt der Systematik als auch vom Umfang her nicht mit dem Gebot eines wirtschaftlichen Vorgehens als vereinbar angesehen werde. Der Beklagte hat dies im Einzelnen ausgeführt. Insoweit wird auf Bl. 5 bis 8 des Beschlusses Bezug genommen. Weiter führte der Beklagte aus, auch...

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