Entscheidungsstichwort (Thema)

Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise

 

Orientierungssatz

1. Das vertrags(zahn-)ärztliche Honorar ist bei unwirtschaftlicher Behandlungsweise zu kürzen. Regelprüfmethode ist die statistische Vergleichsprüfung. Steht der Behandlungsaufwand des Arztes in einem offensichtlichen Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe, ist der Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit erbracht.

2. Als Grenzwert für ein offensichtliches Missverhältnis gilt eine Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 40 %, es sei denn, es lägen Praxisbesonderheiten oder Unterschiede in der Praxisstruktur vor, die geeignet wären, den ausgewiesenen Mehraufwand zu rechtfertigen.

3. Eine Praxisbesonderheit ist nur dann gegeben, wenn insgesamt die Patientenstruktur einer Praxis Patienten aufweist, die einer wesentlich umfangreicheren Behandlung als die Patienten der Vergleichsgruppe bedürfen.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Bereich des Gesamtfallwertes in den 4 Quartalen I/03 bis IV/03 in Höhe von insgesamt 43.977,68 €.

Der Kläger ist seit 01.07.1985 als zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen: Zuvor führte er dort mit Herrn Dr. C., seit 17.01.1994 als zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen, eine Gemeinschaftspraxis.

In den vier Quartalen I/03 bis IV/03 ergaben sich folgende Abrechnungswerte des Klägers (in nachfolgender Tabelle abgekürzt als VZA) im Vergleich mit den Abrechnungswerten der hessischen Vertragszahnärzte (VG):

Quartal

Fallzahl

Pkte. pro Fall

Mehrkosten pro Fall in Punkten

In %

I/2003

VZA

602

134

54

67,5

VG

478

80

II/2003

VZA

605

136

61

81,3

VG

465

75

III/2003

VZA

547

135

60

80,0

VG

474

75

IV/2003

VZA

663

142

74

108,8

VG

594

68

Nach einem Auswahlverfahren bzw. auf Antrag der beigeladenen Verbände der Krankenkassen für das Quartal III/03 führte der Prüfungsausschuss IV - ZF. -der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der streitbefangenen Quartale durch. Unter Datum vom 05.10.2004 nahm der Kläger zum Prüfantrag Stellung. Er trug vor, es fehle an einer den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Prüfvereinbarung. Die Statistik genüge nicht den Anforderungen. Sie sei nicht um die sog. Nullabrechner bereinigt. Auch enthalte sie die Daten der MKG-Chirurgen und der Kieferorthopäden, nicht dagegen der Universitätspolikliniken. Eine Verfälschung trete auch durch die Berücksichtigung von Abrechnungsscheinen aus den Vorquartalen ein. In den Quartalen des Jahres 200 beanspruchten 35, 45, 37 bzw. 71 Patienten mit einem Fallwert von mehr als dem fünffachen des Landesdurchschnitts 27 %, 36 %, 34 % bzw. 45 % der Gesamtpunktmenge. Diese Patienten müssten einzeln geprüft werden. Eine Behandlung nach Maßgabe der Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen sei wirtschaftlich, das Honorar dürfe nicht gekürzt werden. Werde eine Hauptleistung als wirtschaftlich angesehen, dürften Begleitleistungen nicht gekürzt werden. Nebenleistungen für genehmigte Leistungen müssten herausgerechnet werden. Leistungen, die von weniger als 50 % der Vergleichsgruppe erbracht würden, seien herauszurechnen. Das Entfernen einer Krone (Ekr) könne anhand der genehmigten Kronen überprüft werden. Die für PA, ZE, Extraktionen und Endodontie erbrachten Anästhesieleistungen seien herauszurechnen. Endodontie, besonders im Seitenzahnbereich sei eine Praxisbesonderheit. Zst und MU seien als Vorbehandlung bei PA-Leistungen, Aufbaufüllungen und Röntgenleistungen bei Zahnersatz herauszurechnen. Nach Abzug dieser Punktmengen verblieben nur noch Überschreitungen von 33 %, 44 %, 38 % bzw. 64 %. Es werde auch stärker zahnerhaltend gearbeitet. Dies führe zu Ersparnissen, insgesamt zu wenigstens 224.950 €.

Der Prüfungsausschuss lud den Kläger zu einer Prüfsitzung, an der dieser teilnahm.

Mit Bescheid vom 12.10.2004, ausgefertigt am 24.11.2004, setzte der Prüfungsausschuss für die streitbefangenen Quartale I/03 bis IV/03 eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 68.499,08 € fest. Er kürzte den Gesamtfallwert auf das 1,4-fache des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe.

Hiergegen legte der Kläger am 23.12.2004 und die beigeladenen Verbände der Krankenkassen am 27.12.2004 Widerspruch ein. Der Kläger begründete unter Datum vom 06.02.2005 seinen Widerspruch, worauf im Einzelnen verwiesen wird.

Der Beklagte lud den Kläger unter Datum vom 01.09.2005 unter Beifügung einer Patientenliste zu einer weiteren Prüfsitzung für den 30.11.2005, an der dieser teilnahm.

Mit Beschluss vom 30.11.2005, ausgefertigt am 26.04.2006 und dem Kläger am 27.04.2006 zugestellt, wies der Beklagte die Widersprüche der beigeladenen Verbände der Krankenkassen zurück und gab dem Widerspruch des Klägers in...

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