Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Job-Sharing-Verhältnis. keine rückwirkende Erhöhung der Punktzahlobergrenze. Beendigung des Verhältnisses vor Entscheidung der Kammer. Erledigung und Unzulässigkeit der Klage. Erlangung einer Zusatzqualifikation. keine Erhöhung der Punktzahlobergrenze. Rechtmäßigkeit. Regelungen der §§ 23c, 23e und 23f der Bedarfsplanungs-Richtlinie

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine rückwirkende Erhöhung der Punktzahlobergrenze im Rahmen eines sog Job-Sharing-Verhältnisses ist nicht möglich (Festhalten an SG Marburg vom 23.2.2011 - S 12 KA 605/10).

2. Wird das Job-Sharing-Verhältnis vor Entscheidung der Kammer beendet, so ist die Klage erledigt und unzulässig.

3. Die Erlangung einer Zusatzqualifikation (hier: Neuropädiatrie) führt nicht zu einem Anspruch auf Erhöhung der Punktzahlobergrenzen.

 

Orientierungssatz

1. Die Regelungen der §§ 23c, 23e und 23f der Bedarfsplanungsrichtlinie - ÄBPl-RL (juris: ÄBedarfsplRL) sind rechtmäßig.

2. Az beim LSG Darmstadt L 4 KA 20/12.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Gerichtskosten zu tragen und dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Der Streitwert wird auf 13.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Neufestsetzung des Gesamtpunktzahlvolumens im Rahmen eines so genannten Job-Sharing-Verhältnisses.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. Herr Dr. med. AA. ist als Facharzt für Kinderheilkunde mit Praxissitz in A-Stadt seit 1988 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seit Oktober 1999 führt er eine Gemeinschaftspraxis mit Herrn Dr. med. AB., ebf. Facharzt für Kinderheilkunde. Die Gemeinschaftspraxis ist im hausärztlichen Bereich tätig. Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ließ mit Beschluss vom 28.09.1999 Herrn Dr. med. AB. zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit Herrn Dr. med. AA. gem. § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V in Verbindung mit Abschnitt 4 Nr. 23a der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte zu. Es wurden auf der Grundlage der Quartale I bis IV/98 folgende Punktzahlobergrenzen festgesetzt, jeweils zuzüglich 3 % des Fachgruppendurchschnitts des entsprechenden Vorjahresquartals:

1. Jahresquartal - 1.436.542,4 Punkte

2. Jahresquartal - 1.588.091,2 Punkte

3. Jahresquartal - 1.561.363,7 Punkte

4. Jahresquartal - 1.599.601,6 Punkte

Mit Schreiben vom 19.11.2007 beantragte die Klägerin die Erhöhung der Punktzahlobergrenzen. Zur Begründung führte sie aus, der neue EBM 2008 sehe Verbesserungen der Leistungsbewertung der kinder- und jugendmedizinischen Pauschal- und Einzelleistungen vor. Aus diesem Grund beantrage sie eine entsprechende Höherfestsetzung. Außerdem sei Herrn Dr. AA. am 25.09.2007 durch Ablegung der Prüfung zur Berechtigung der Führung der Schwerpunktbezeichnung Neuropädiatrie diese neue Zusatzqualifikation zuerkannt worden. Die dafür vorgesehenen, teilweise neu geschaffenen Leistungen aus dem Kapitel Neuropädiatrie habe er ab dem 01.01.2008 abzurechnen. Auch hieraus ergebe sich eine Erhöhung der anzufordernden Punktzahlen.

Die Beigeladene zu 1) wies in ihrer Stellungnahme vom 01.12.2008 darauf hin, bedingt durch die Multiplikation des Anpassungsfaktors mit dem aktuellen Fachgruppendurchschnitt spiegele sich die Punktzahlanhebung im EBM 2008 ab dem zweiten Leistungsjahr bereits im Fachgruppendurchschnitt wider. Zum Zeitpunkt der Neueinführung des EBM 2008 sei für die Klägerin bereits ein Anpassungsfaktor gebildet worden, so dass eine zusätzliche Veränderung der Punktzahlobergrenze gemäß den Vorgaben der Bedarfsplanungsrichtlinien nicht notwendig sei. Sie empfehle daher die Ablehnung des Antrags. Eine Herausnahme einzelner Gebührenordnungspositionen im Hinblick auf die festgesetzte Gesamtpunktzahlgrenze sei nicht möglich. Es lägen auch nicht die Voraussetzungen des § 23e Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte vor.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen setzte mit Beschluss vom 27.01.2009 die Punktzahlobergrenzen wie folgt fest:

Jahresquartal

Anerkannte Punktzahl

3% der Punktzahl der Fachgruppe

Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr

1

1.436.542,4

29.014,3

2.015.346,7

2

1.588.091,2

31.022,0

2.192.748,2

3

1.561.363,7

30.946,1

2.129.704,8

4

1.599.601,6

32.355,7

2.104.352,3

Hiergegen legte die Beigeladene zu 1) unter Datum vom 19.06.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung würden alle Honoraransprüche begrenzt werden, da das Gesetz nicht nach den verschiedenen Leistungsinhalten, sondern allein nach den von dem Zulassungsausschuss festzulegenden Leistungsumfang differenziere. Die Voraussetzung von § 23e Bedarfsplanung-Richtlinie-Ärzte liege nicht vor, sodass dem Antrag auf Rückwirkung der Anhebung des Gesamtpunktzahlvolumens nicht stattgegeben werden könne. Es würde der Systematik der Richtlinie geradezu widersprechen, würde eine individuelle Erhöhung der Punktzahlobergrenze ausschließlich auf ...

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