Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Versorgung mit einem Elektrorollstuhl. bestimmungsgemäßer Umgang durch Versicherten
Orientierungssatz
Bei der Versorgung mit einem Elektrorollstuhl ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass gewährleistet sein muss, dass der Versicherte mit diesem Hilfsmittel bestimmungsgemäß umgehen kann (vgl BSG vom 12.8.2009 - B 3 KR 8/08 R = SozR 4-2500 § 33 Nr 27).
Tenor
Der Bescheid vom 01.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.06.2016 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Kläger mit einem Elektro-Rollstuhl zu versorgen.
Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Versorgung des Klägers mit einem Elektrorollstuhl.
Der Kläger, geboren 1954, ist aufgrund des Bezuges einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bei der Beklagten als Rentner krankenversichert und bei der Pflegekasse der Beklagten pflegeversichert.
Seit dem 01.02.2015 erhält er Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftigkeit) in Form von Pflegegeld. Seine Alltagskompetenz ist im Sinne des s 45 a SGB XI seit Juli 2011 erheblich eingeschränkt. Er leidet u.a. an z. n. Apoplex mit Hemiparese rechts, unter einer nicht näher bezeichneten Demenz sowie unter der Sprachbehinderung Aphasie. Der Kläger hat eine GdB von 90 sowie die Merkzeichen G, B und aG. Der Kläger hat einen gültigen Führerschein und darf ausweislich mehrerer Zulassungsbescheinigungen aus den Jahren 2008, 2009 und 2013 ein behindertengerecht umgebautes KfZ führen, was er auch regelmäßig tut.
Unter Bezugnahme auf einen Kostenvoranschlag des Sanitätshauses C. GmbH vom 12.02.2015 hat Ihr Mandant bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für einen Elektrorollstuhl “Invacare Kite „ mit Zurüstungen in Höhe von 5.125,30€ beantragt. Als verordnungsbegründende Diagnose gab der behandelnde Hausarzt ein Immobilitätssyndrom bei Hemiparese rechts und destruierender Arthrose rechtes Knie an.
Der MDK hatte bereits im einem vorherigen Verwaltungsverfahren mit Gutachten vom 02.07.2015 die grundsätzliche Indikation für die Versorgung des Klägers mit einem Elektrorollstuhl bejaht, jedoch - aufgrund der eingeschränkten Alltagskompetenz - Zweifel an der Fahrtauglichkeit des Klägers geäußert. Nachdem der Kläger im vorhergehenden Verwaltungsverfahren keine Zustimmung zu einer TÜV-Begutachtung seiner Fahrtauglichkeit erteilt hatte, erteilte er nunmehr sein Einverständnis. Am 25.02.2016 fand durch den TÜV Hessen in D-Stadt eine persönlicher Begutachtung und Untersuchung des Klägers statt. Im Gutachten wurden die folgenden Ausführungen gemacht.
Der ATAVT-Test diente “zur Prüfung der visuellen Beobachtungsfähigkeit sowie der visuellen Orientierungsleistung und Auffassungsgeschwindigkeit. Es werden nach einer Übungsphase Bilder mit unterschiedlich komplexen Verkehrssituationen tachistoskopisch dargeboten. Aufgabe der Klienten ist, anschließend aus fünf Kategorien (Fußgänger, Kraftwagen, Zweiräder, Verkehrszeichen, Verkehrsampel) auszuwählen, was sie wahrgenommen haben. Die Vorgabe der Testaufgaben erfolgt nach einer adaptiven Teststrategie, wobei sich die Auswahl der nächsten Aufgabe an der jeweils aktuellen Schätzung des Leistungsniveaus des untersuchten Klienten orientiert. Zur Bestimmung des letztendlichen Leistungsniveaus werden zunehmend nur solche Aufgaben zur Bearbeitung vorgegeben, die hinsichtlich ihrer Schwierigkeit im Bereich der Leistungsfähigkeit des Klienten liegen.„ In diesem Test erreichte der Kläger einen Prozentrang von 0.
Der DT-Test ist ein komplexer Mehrfachreiz-Mehrfachreaktionsversuch. “Dem Klienten werden optische und akustische Signale (5 Farbsignale, 2 weiße Lichtsignale, 2 Töne) in einer bestimmten Sequenz dargeboten. Der Test ist in dieser Version adaptiv, d.h. das Tempo der Reizausgabe wird von der Arbeitsgeschwindigkeit des Klienten gesteuert. Die Reizdauer ergibt sich aus dem Mittelwert der 8 letzten Reaktionszeiten. Wurde bei einem Test nicht richtig (zeitgerecht oder verspätet) geantwortet, wird statt der Reaktionszeit die doppelte Reizdarbietungszeit angenommen. Bei dieser Form der Reizdarbietung bewegt sich der Klient immer an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit. Das Tempo der Reizausgabe wird laufend so an die Arbeitsgeschwindigkeit des Klienten angepasst, dass etwa 70% der Reize richtig beantwortet werden. Die Testdauer beträgt ca. 4 Minuten.„ In diesem Test erzielte der Kläger einen Prozentrang von 6.
Durchgeführt wurde schließlich noch der Test mit Namen Cognitrone , ein Test zur Messung und Bewertung der Aufmerksamkeit und konzentrativen Belastbarkeit. “Es werden dabei - nach ausführlicher Übungsphase - jeweils vier strukturierte Modellzeichen dargeboten. Darunter wird ein Vergleichszeichen dargestellt, wobei die Vergleichszeichen im Testverlauf wechseln. Durch Tastendruck ist anzugeben, ob das jeweilige Vergleichszeichen mit einem der Modelle identisch ist oder nicht. Unmittelbar im Anschlu...