Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsbehelfsbelehrung. Entbehrlichkeit eines Hinweises auf die Möglichkeit der Klageerhebung in elektronischer Form
Leitsatz (amtlich)
Eine Rechtsbehelfsbelehrung, in der nicht auf die Möglichkeit zur Klageerhebung im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs hingewiesen wird, ist nicht fehlerhaft (aA VG Neustadt vom 10.9.2010 - 2 K 156/10.NW = NJW 2011, 1530; VG Trier vom 22.9.2009 - 1 K 365/09.TR).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Gerichtskosten und die notwendigen Verfahrenskosten des Beklagten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Bereich des Gesamtfallwerts in den elf Quartalen III/03 bis I/06 in Höhe von insgesamt 27.587,56 € quotiert
Der Klägerin ist als praktische Ärztin bzw. jetzt als Fachärztin für Allgemeinmedizin seit 1976 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
In den streitbefangenen Quartalen entwickelten sich die Fallkosten der Klägerin (Kl.) im Vergleich zu ihrer Fachgruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin (VG), gewichtet nach Rentneranteilen, wie folgt:
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III/03 |
IV/03 |
I/04 |
II/04 |
Fallzahl Kl./VG |
285/1.075 |
284/1.109 |
237/1.021 |
136/1.009 |
Rentneranteil in % Kl./VG |
40/33 |
42/32 |
42/32 |
40/33 |
Fallkosten in € Kl./VG |
288,31/52,14 |
298,05/53,10 |
396,73/56,81 |
249,80/55,21 |
Überschreitung in € |
236,17 |
244,95 |
339.92 |
194,59 |
Überschreitung in % |
453 |
461 |
598 |
352 |
Nr. 17 EBM |
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Abrechnungshäufigkeit auf 100 Behandlungsfälle |
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III/04 |
IV/04 |
I/05 |
II/05 |
Fallzahl Kl./VG |
304/1.024 |
218/1.045 |
193/1.081 |
171/1.032 |
Rentneranteil in % Kl./VG |
50/34 |
46/33 |
45/32 |
44/34 |
Fallkosten in € Kl./VG |
421,67/54,41 |
339,91/55,86 |
298,76/55,23 |
284,11/61,59 |
Überschreitung in € |
367,26 |
284,05 |
243,53 |
222,52 |
Überschreitung in % |
675 |
509 |
441 |
361 |
Nr. 17 EBM |
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Abrechnungshäufigkeit auf 100 Behandlungsfälle |
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III/05 |
IV/05 |
I/06 |
Fallzahl Kl./VG |
161/1.054 |
179/1.085 |
175/1.091 |
Rentneranteil in % Kl./VG |
44/36 |
39/35 |
35/341 |
Fallkosten in € Kl./VG |
368,25/62,45 |
301,69/63,91 |
300,22/65,34 |
Überschreitung in € |
305,80 |
237,78 |
234,88 |
Überschreitung in % |
490 |
372 |
359 |
Nr. 17 EBM |
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Abrechnungshäufigkeit auf 100 Behandlungsfälle |
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Der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen führte aufgrund eines Auswahlverfahrens ein Prüfverfahren für die streitbefangenen Quartale durch.
Der Prüfungsausschuss nahm mit Bescheid vom 09.03.2007 aufgrund der Sitzung am 11.10.2006 eine Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise bei den Gesamtleistungen für die Quartale III/03 bis I/05 vor. Im Einzelnen setzte er eine Honorarkürzung im Quartal III/03 vor Quotierung um 45,00 € pro Fall bei 265 Gesamtfällen, im Quartal IV/03 um 176,00 € bei 284 Gesamtfällen, im Quartal I/04 um 250,00 € bei 237 Gesamtfällen, im Quartal II/04 um 110,00 € bei 136 Gesamtfällen, im Quartal III/04 um 280,00 € bei 304 Gesamtfällen, im Quartal IV/04 um 200,00 € bei 218 Gesamtfällen und im Quartal I/05 um 160,00 € bei 193 Gesamtfällen fest. Zur Begründung führte er aus, er habe in den Quartalen III und IV/03 jeweils eine repräsentative Einzelfallprüfung durch einen sachverständigen Arzt veranlasst. Dies bedeute, dass jeweils 100 Behandlungsscheine in fortlaufender Reihenfolge, aufgeteilt nach Mitgliedern, Familienversicherten und Rentnern durchgesehen worden seien, um festzustellen, ob die Notwendigkeit der abgerechneten Leistungen in Zusammenhang mit den angegebenen Diagnosen nachvollziehbar seien. Die Klägerin habe in ihrer Stellungnahme vom 04.05.2005 auf ihre geringe Fallzahl mit hohem Anteil von Schwerstbedürftigen der Pflegestufe 2 und 3 hingewiesen. Die Praxisgröße und das Klientel hätten Einfluss auf ihre Behandlungsweise. Es würden vorwiegend multimorbide und demenzkranke Patienten behandelt werden, die engmaschig hausärztlich betreut würden. Diese Patienten würden einen erhöhten intensivierten Zeitaufwand mit sich bringen. Ferner würde Herr A. als Weiterbildungsassistent und Frau Z. in Vertretung in der Praxis mitarbeiten. Der Prüfreferent habe festgestellt, dass sich Überschreitungen bei den Gesprächsleistungen nach den Nrn. 10 und 18, in den Besuchsleistungen nach Nr. 25 und insbesondere Nr. 32, sowie der psychosomatischen Intervention nach Nr. 851 fänden. In Bezug auf die psychosomatische Intervention falle auf, dass die Ziffer 850 zur differenzialdiagnostischen Klärung völlig fehle, obwohl die exakte Diagnosestellung Voraussetzung für eine wirtschaftliche und effektive Gesprächstherapie sei. Weiterhin würden regelmäßig samstags Sprechstunden bzw. Visiten in Altenheimen bei klinisch stabilen Patienten durchgeführt werden, ohne dass die Notwendigkeit hierfür aus den Diagnosen erkennbar sei. Insgesamt sei u. a. der schematische Ansatz der Gebührenordnungsnummern 1, 10, 18 oder 1, 11, 60 bzw. 1, 851 bei der ersten Konsultation zu beanstanden. Ebenso die täglichen Beratungsgespräche in Verbindung mit der Anwendung physikalischer Leistungen nach den Nrn. 501 oder 530 bzw. Sonderleistungen...