Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Nichtvorliegen einer qualifizierten Versorgungsverbesserung iS des § 24 Abs 3 S 1 Nr 1 Ärzte-ZV. Tatbestandsmerkmal der Versorgungsverbesserung
Leitsatz (amtlich)
Eine "qualifizierte Versorgungsverbesserung" iS des § 24 Ärzte-ZV (vgl BSG vom 28.10.2009 - B 6 KA 42/08 R) liegt nicht bereits dann vor, wenn die gleichen Leistungen - hier: spezielle gynäkologische Leistungen gem § 121a SGB 5 - am Standort der Zweigpraxis von einem anderen Leistungserbringer bei freien Kapazitäten ebenfalls angeboten werden. Der Umstand, dass Versicherte aus dem Ort der Zweigpraxis die Praxis am Vertragsarztsitz aufsuchen, begründet keinen Anspruch auf Genehmigung der Zweigpraxis.
Orientierungssatz
Mit dem Tatbestandsmerkmal der Versorgungsverbesserung (“die die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert„) stellt der Gesetzgeber ausschließlich auf Versorgungsgesichtspunkte ab, also ausschließlich auf quantitative und/oder qualitative Aspekte der Versorgung der Versicherten und damit nicht primär auf verbesserte “Marktchancen„ des einzelnen Vertragsarztes, sondern allenfalls sekundär für den Fall, dass eine Versorgungslücke vorliegen sollte bzw nach der Terminologie des Bundessozialgerichts eine “qualifizierte Versorgungsverbesserung" (vgl SG Marburg vom 10.02.2010 - S 12 KA 824/09).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Genehmigung einer Zweigpraxis in LP. bei einem Praxissitz in A-Stadt.
Der Kläger ist ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit Praxissitz in A-Stadt. Er wurde als Nachfolger einer Gemeinschaftspraxis mit Beschluss des Zulassungsausschusses A-Stadt vom 07.02.2007 zur vertragsärztlichen Tätigkeit mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Im MVZ arbeiten vier Gynäkologen und zwei Laboratoriumsmediziner. Neben allgemeinen gynäkologischen und laboratoriumsspezifischen ärztlichen Leistungen werden insbesondere auch die speziellen gynäkologischen Leistungen gemäß § 121a SGB V erbracht. Dem Kläger wurde die Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen mittels In-vitro-Fertilisation oder Gamete-Intra-Follopian-Transfer nach § 121a SGB V erteilt.
Der Kläger beantragte am 10.10.2007 die Genehmigung zur Gründung einer KV-bereichsübergreifenden Zweigpraxis gemäß § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV. Zur Begründung führte er aus, er erbringe die medizinischen Leistungen überwiegend in A-Stadt. Darüber hinaus würden spezielle medizinische Leistungen auch in der ausgelagerten Praxisstätte in der gynäkologischen Tagesklinik in LP. angeboten werden. Neben Patienten aus der Region A-Stadt würden insbesondere auch Patienten aus der Region LP-Stadt und LP-Land behandelt werden. Diese Behandlung laufe in enger Kooperation mit den dort niedergelassenen Gynäkologen. Bei einer Zweigpraxis in LP. seien die Anfahrzeiten erheblich geringer und werde die Kooperation mit den Gynäkologen verbessert. Die vier Gynäkologen würden ihre überwiegende Tätigkeit, mindestens im Umfang von 30 Wochenstunden, in A-Stadt ausüben. Die Zweigpraxis werde im rotierenden System von allen vier Ärzten mit maximal 10 Stunden in der Woche betrieben werden. Die KV X., Bezirksstelle A-Stadt, habe mit Schreiben vom 30.07.2007 bestätigt, dass gegen die Errichtung der Zweigpraxis keine Bedenken bestünden. Die Sprechzeiten seien dienstags und donnerstags, jeweils von 8 bis 13 Uhr, geplant. Die Entfernung zwischen den beiden Standorten betrage 24 km. In der Nebenbetriebsstätte sollten insbesondere die spezielle Versorgung der Patienten während der Behandlung der In-vitro-Fertilisation sowie der erforderlichen Vor- und Nachsorge erfolgen, wobei die speziellen Leistungen der Insemination und die Punktionen an der Hauptbetriebsstätte in A-Stadt erbracht werden solle. Sie überreiche eine Liste der niedergelassenen Gynäkologen in LP-Stadt und LP-Land, die dokumentiere, dass auch die niedergelassenen Gynäkologen in der Zweigpraxis eine Versorgungsverbesserung sähen. Sie zeige auch, dass tatsächlich sogar ein Bedarf bestehe.
Die Beigeladene zu 1) wies unter Datum vom 10.01.2008 auf die Überversorgung des Planungsbereichs “LP-Stadt„ in Höhe von 131,76 % für Gynäkologen hin. Nach Prüfung der versorgungsrelevanten Kriterien sei von einer guten gynäkologischen Versorgung in LP. auszugehen. Seit dem 01.07.2006 sei das MVZ für Reproduktionsmedizin mit drei angestellten Gynäkologen sowie einem Laborarzt vertragsärztlich tätig. Die dort angestellten Gynäkologen verfügten über entsprechende Genehmigungen zur Durchführung von IVF-Behandlungen. Nach Angaben des MVZ gäbe es freie Kapazitäten. Termine würden nach Anmeldung sofort bis innerhalb einer Woche vergeben werden. Nach Angaben des MVZ führe die Zulassung weiterer Behandler zu einem Rückgang des Gesamtvolumens der Behandlungszyklen pro Zentrum, wobei jedoch ein statistischer Zusamme...