Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Festlegung von Abrechnungsregelungen in Satzung. Erhebung einer Abrechnungsgebühr bei verspäteter Abrechnung
Leitsatz (amtlich)
1. Abrechnungsregelungen einer Kassenärztlichen Vereinigung können auch in einer Satzung jedenfalls dann geregelt werden, soweit der Honorarverteilungsvertrag keine abweichende Regelung trifft.
2. Die Erhebung einer Abrechnungsgebühr in Höhe von 50,00 € für jeden verspäteten Tag ist auch nicht unverhältnismäßig (vgl bereits SG Marburg vom 8.9.2010 - S 12 KA 251/10 = www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, nicht rechtskräftig, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 75/10).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 1.400,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Festsetzung von Verwaltungskosten wegen verspäteter Einreichung der Abrechnungsunterlagen für das Quartal II/09 in Höhe von 1.400,00 €.
Der Kläger ist als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Der Kläger reichte die Abrechnung für das Quartal II/09 am 07.08.2009 bei der Beklagten ein. Mit Honorarbescheid für das Quartal II/09 vom 12.10.2009 setzte die Beklagte das Bruttohonorar im Primär- und Ersatzkassenbereich bei 1.031 Behandlungsfällen auf 34.775,70 € und das Nettohonorar auf insgesamt 35.455,61 € fest.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 28.09.2009 die strittigen Verwaltungsgebühren in Höhe von 1.400,00 € fest. Zur Begründung führte sie aus, sie habe die Abrechnung erst am 07.08.2009 erhalten, ohne dass eine Genehmigung für eine Fristverlängerung vorgelegen habe. Abgabe sei bekanntermaßen der 10. des jeweiligen ersten Quartalsmonats. Nach ihren Abrechnungsrichtlinien werde für jeden Tag der Fristüberschreitung ein Betrag in Höhe von 50,00 € zur Deckung der zusätzlichen Verwaltungskosten erhoben. Bei einer Überschreitung von 28 Tagen betrage der Honorarabzug 1.400,00 €.
Hiergegen legte der Kläger am 26.10.2009 Widerspruch ein. Er trug vor, die Verspätung beruhe nicht auf Fahrlässigkeit, sondern sei krankheitsbedingt. Er sei an Darmkrebs erkrankt, was ihn sehr belaste. Am Ende des Quartals habe ihm die nötige Energie gefehlt, die Abrechnung zeitnah fertig zu stellen. Er bitte deshalb um eine Aufhebung des Bescheids im Rahmen einer Kulanzregelung.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2010 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach ihren Abrechnungsrichtlinien seien die Abrechnungsunterlagen vollständig und spätestens nach 10 Tagen nach Ende des Abrechnungsquartals bei ihr einzureichen. Für jeden Tag der Verspätung erhebe sie 50,00 € für die zusätzlichen Verwaltungskosten. Dieser Abzug werde jedoch auf maximal 2.500,00 € bzw. höchstens 10 % des gesamten abgerechneten Nettohonorars begrenzt. Der Kläger habe einen Antrag auf Fristverlängerung nicht gestellt. Die genannten Höchstgrenzen werden durch den Verwaltungskostenbeitrag nicht überschritten. Gerade für den Fall einer Erkrankung bestehe die Möglichkeit einer Fristverlängerung. Ein solcher kurzer schriftlicher Antrag wäre dem Kläger trotz der geschilderten Situation zumutbar gewesen. Die in § 3 Ziffer 2 der Abrechnungsrichtlinien vorgeschriebenen 50,00 € pro Tag der Fristüberschreitung deckten die Aufwendungen an zusätzlichem Personal- und Sachkosten ab, die über die regulär anfallenden Verwaltungskosten hinausgingen und durch die Überschreitung der Frist zur Einreichung der Abrechnungsunterlagen für das Quartal II/09 entstanden seien. Bei Verspätung bestehe kein Anspruch auf Bearbeitung im laufenden Abrechnungsverfahren. Würden die verspäteten Unterlagen ungeachtet dessen in der aktuellen Abrechnung bearbeitet, entstehe ein vermehrter Verwaltungsaufwand, etwa weil in bereits ablaufende Computerprogramme eingegriffen werden müsse oder weil Teile der Unterlagen manuell bearbeitet werden müssten. Es handele sich um eine Pauschale, da der Aufwand der durch die verspätete Einreichung entstandenen Verwaltungsarbeit von Fall zu Fall unterschiedlich sein könne. Die Pauschale bilde den durchschnittlichen Verwaltungsaufwand ab, der durch eine nach Fristablauf eingereichte Abrechnung entstehe. Ein Ausnahmefall liege z. B vor, wenn dem Arzt kein Verschulden vorzuwerfen sei. Eine solche Situation, in der nicht einmal ein Antrag auf Fristverlängerung möglich sei, habe der Kläger nicht dargelegt. Ein solcher Antrag sei auch bei absehbarer Fristüberschreitung um nur wenige Tage notwendig.
Hiergegen hat der Kläger am 16.04.2010 die Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, er halte die Sanktionierungsvorgaben der Beklagten für unverhältnismäßig. In seinem Fall belaufe sich das Strafgeld für eine durchschnittliche nervenärztliche Praxis für vier Wochen Fristüberschreitung auf 15 % eines Monatsumsatzes, für einen durchschnittlichen Internisten nur 5 % und für einen gute verdienenden Radiologen oder Augenarzt nur auf 1,5 %...