Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung vertragsärztlicher Leistungen. Festsetzung des Regelleistungsvolumens. Bildung einheitlicher Arztgruppen für die Fachärzte für Neurochirurgie. Honorarverteilungsgerechtigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Es verstößt gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit, im Rahmen der Honorarverteilung eine einheitliche Arztgruppe für die Fachärzte für Neurochirurgie mit den Fachärzten für Chirurgie, für Kinderchirurgie, für Plastische Chirurgie, für Herzchirurgie im Bereich der KV Hessen in den Quartalen I bis IV/09 zu bilden.

 

Orientierungssatz

Az beim LSG Darmstadt: L 4 LA 68/13

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 03.08.2016; Aktenzeichen B 6 KA 12/16 B)

 

Tenor

1. Unter Aufhebung des Bescheids vom 04.12.2009 und der Honorarbescheide für die Quartale I bis IV/09, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2011, wird die Beklagte verurteilt, den Kläger über seinen Antrag auf Sonderregelung zu den Regelleistungsvolumina sowie über seinen Honoraranspruch für die Quartale I bis IV/09 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Änderung des Regelleistungsvolumens sowie um die Höhe des Honorars für die vier Quartale I bis IV/09.

Der Kläger ist als Facharzt für Neurochirurgie seit dem 01.09.1994 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. In den streitbefangenen Quartalen ordnete die Beklagte den Kläger der Arztgruppe der Chirurgen zu.

Die Beklagte setzte mit Bescheid das Regelleistungsvolumen für die streitbefangenen Quartale wie folgt fest, wogegen der Kläger jeweils Widerspruch einlegte:

Quartal

Bescheiddatum

Widerspruch am

RLV-relevante Fallzahl

Fallwert in €

Fallwertabstaffelung

Altersstrukturquote

Aufschlag fachgleiche BAG

RLV in €

I/09

26.11.2008

08.12.2008

1.040

30,66

0,9433

0,9849

1

29.624,26

II/09

26.02.2009

24.03.2009

982

23,59

0,9888

0,9791

1

22.427,19

III/09

27.05.2009

30.07.2009

852

23,41

1

0,9776

1

19.498,54

IV/09

26.08.2009

02.09.2009

25.09.2009

982

23,61

1

0,9346

0,9837

1

21.315,52

Die Beklagte setzte jeweils mit Bescheid das Honorar für die streitbefangenen Quartale wie folgt fest, wogegen der Kläger ebf. jeweils Widerspruch einlegte:

Quartal

I/09

II/09

III/09

IV/09

Honorarbescheid vom

20.07.2009

11.10.2009

23.12.2009

27.03.2010

Widerspruch eingelegt am

17.09.2009

23.12.2009

10.03.2010

08.06.2010

Anzahl Praxen/Ärzte Neurochirurgie

19/41,5

18/41,5

18/41,5

18/42,46

Nettohonorar gesamt in €

29.971,28

22.350,78

17.002,27

22.238,83

Bruttohonorar PK + EK in €

30.712,32

23.040,85

17.578,83

22.898,04

Fallzahl PK + EK

977

876

784

870

Bruttohonorar PK + EK in € je Fall*

31,44

26,30

22,42

24,91**

26,32

Honoraranteile PK + EK

Regelleistungsvolumen in €

28.143,04

21.305,81

18.523,61

20.249,74

Quotiertes Regelleistungsvolumen in €

2.569,28

1.735,04

1.008,42

2.648,30

Fallwertzuschläge zum Regelleistungsvolumen in €

0,00

0,00

0,00

0,00

Übrige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV)

0,00

0,00

0,00

0,00

Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (AMG)

0.00

0,00

0,00

0,00

Kürzungsbetrag Fortbildungspflicht in €

--

--

- 1.953,20

--

Regelleistungsvolumen

RLV-relevante Fallzahl

1.040

982

852

982

Obergrenze in €

29.624,26

22.427,19

19.498,54

21.315,52

Angefordert in €

43.562,00

37.235,37

32.210,31

36.705,45

Überschreitung in €

13.937,74

14.898,18

12.711,77

15.389,93

Überschreitung in %*

47,0

66.4

65,2

72,2

* Berechnung der Kammer

** Bereinigt um Kürzungsbetrag Fortbildungspflicht

Bezüglich des Quartals I/09 trug der Kläger vor, er habe sich anfänglich in der “minimalinvasiven Neurochirurgie„ spezialisiert und sei dann einen Schritt weiter zu der “noninvasiven Neurochirurgie„ gegangen, dessen Objekt die konservative Therapie der neurochirurgischen Erkrankungen sei. In seine Praxis kämen Patienten, die an Bandscheibenerkrankungen litten und bereits Operationskandidaten seien. Er behandle fast alle Bandscheibenpatienten konservativ und habe eine minimale Krankenhauseinweisungsrate. Außerdem behandle er sehr kostengünstig. Seine Kollegen seien operativ tätig. Diese hätten ein weiteres Einkommen als Belegärzte, er habe ein solches Einkommen nicht. Seine Praxis sei benachteiligt und er könne seine Praxiskosten nicht mehr decken. Er bitte daher, ihn aus Gruppe der Chirurgen herauszunehmen, da er nicht operativ tätig sei. Ähnlich, wie die orthopädischen Chirurgen nicht der Gruppe der Chirurgen angehörten, weil sie hauptsächlich konservativ tätig seien, gehöre er nicht zu der Gruppe der Chirurgen. Gleichlautend trug er zum Quartal II/09 vor. Für das Quartal III/09 machte er die Anwendung der BSG-Rechtsprechung zum Anwachsen von Praxen bis zum Durchschnittshonorar der Arzt-/Fachgruppe geltend. Er bitte dazu, den Verlust seiner Praxis, sowohl für die konservativen als auch die operativen Leistungen zu berücksichtigen. Ferner bitte er um Berücksichtigung seiner Praxisbesonderheit, da er auf die konser...

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