Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2108. bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule. haftungsbegründenden Kausalität. Nachweis. wesentliche Ursache. Konsensempfehlung. Konstellation B2. zusätzliches Kriterium: Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben. Chondrose Grad II. bisegmentaler Bandscheibenschaden. keine Konkurrenzursache: Morbus Scheuermann in der mittleren Brustwirbelsäule. Maler und Lackierer

 

Orientierungssatz

Zur (bejahten) Anerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule eines Malers und Lackierers als Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2108.

 

Tenor

Der Bescheid vom 26.05.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.03.2010 wird aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, die Lendenwirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.

Die Beklagte hat dem Kläger 50% seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung seiner Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) hat.

Unter dem 11.07.2006 beantragte der 1958 geborene Kläger bei der Beklagten die Anerkennung seiner Wirbelsäulenerkrankungen als Berufskrankheit. Da der Kläger auch nach Aufforderung durch die Beklagte seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkam, stellte die Beklagte mit Schreiben vom 08.09.2006 das Feststellungsverfahren ein.

Am 05.02.2009 meldete sich der Kläger telefonisch bei der Beklagten und bat darum, das Feststellungsverfahren wieder aufzunehmen.

Am 01.08.1975 begann der damals 16jährige Kläger eine 3jährige Berufsausbildung als Maler und Lackierer und war im Anschluss daran vom 01.08.1978 bis 30.09.2005 als Verputzer, zuletzt bei der Firma Baudekoration C., tätig.

Aus den vom Kläger der Beklagten übersandten medizinischen Unterlagen ergibt sich, dass der Kläger mindestens seit 1996 immer wieder an behandlungsbedürftigen Rückenschmerzen mit Schwerpunkt der Lendenwirbelsäule (LWS) und mehreren Bandscheibenvorfällen leidet. Eine CT-Aufnahme der LWS im November 1996 zeigte beim Kläger eine deutlich linksbetonte Protrusion im Segment L4/5 und einen kleinen subligamentären Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1. Ebenfalls im November 1996 berichte Dr. D., dass die Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule eine nach distal zunehmende Zwischenwirbelraumeinengung der Segmente L4-S1 zeigten. Aus einem Bericht der Berglandklinik vom 19.08.1998 geht hervor, dass sich in einem CT in Höhe von L5/S1 ein Bandscheibenvorfall (NPP) gezeigt habe. Im Jahr 2001 beschreibt der Facharzt für Neurologie Herr E., dass der Kläger unter einem chronischen Lumbago mit pseudoradikulärer Ausstrahlung in beide Beine bei multipler Diskopathie in den Segmenten L2/3, L4/5 und L5/S1 leide, welche im MRT der LWS nachweisbar seien. Die Behandlung der klägerischen Beschwerden erfolgte zunächst konservativ. Im Laufe der Jahre verschlechterte sich jedoch das Krankheitsbild, so dass im Jahr 2003 erstmals der Bandscheibenvorfall L5/S1 operativ versorgt wurde.

Seit dem 24.10.2005 hat der Kläger nicht mehr gearbeitet. Er sei arbeitsunfähig krank gewesen. Der MDK stellte am 12.12.2005 eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verputzer aufgrund der bestehenden Lumboischialgie auf Dauer fest. Aus dem Entlassungsbericht der Klinik Sonnenblick vom 27.03.2006 ergibt sich ebenfalls, dass der Kläger im Beruf als Verputzer für nicht mehr einsetzbar erachtet werde. Auch die Oberärzten F. teilte unter dem 30.06.2006 mit, dass der Kläger nur arbeitsfähig sei unter der Voraussetzung, dass es sich um eine wirbelsäulengerechte Tätigkeit handele ohne schweres Heben und Tragen von Gewichten von 20 Kg und mehr und ohne Arbeiten in Zwangshaltung, gebeugt oder gebückt.

Im Jahr 2006 wurde der Kläger erneute aufgrund eines Rezidiv-Bandscheibenvorfalls und Neurolyse im Bereich S1 operiert.

Der beratende Arzt Dr. G., welcher um Bewertung der vorliegenden Krankenunterlagen gebeten wurde, konnte kein typisches mehrsegmentales bandscheibenbedingtes Schadensbild im Sinne einer BK-Nr. 2108 erkennen. Dabei lag ihm das bildgebende Material der Lendenwirbelsäule zur Beurteilung nicht vor.

Mit Bescheid vom 26.05.2009 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers als BK-Nr. 2108 ab, da kein für die Anerkennung einer BK-Nr. 2108 notwendiges bandscheibenbedingtes Schadensbild erkennbar sei.

Mit Schreiben vom 15.06.2009 legte der Kläger gegen den Bescheid Widerspruch ein.

Daraufhin holte die Beklagte bei Dr. H. eine beratungsärztliche ein. Unter dem 20.08.2009 führte dieser aus, dass auf den Röntgenaufnahmen aus dem Jahr 2002 eine Höhenminderung der beiden unteren Bandscheibensegmente mit mäßig subchondraler Sklerose der korrespondierenden Abschlussplatten erkennbar sei. Die MRT-Aufnahme aus...

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