Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern. Ermittlung des Bedarfs für eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Ermittlung des Bedarfs für eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung nach § 119 SGB 5 hat sich grundsätzlich anhand des Planungsbereichs auszurichten. Hiervon kann abgesehen werden, wenn von einer ausreichenden sozialpädiatrischen Versorgung aufgrund bestehender sozialpädiatrischer Zentren in benachbarten Planbereichen ausgegangen werden kann.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.06.2011; Aktenzeichen B 6 KA 34/10 R)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen

2. Die Klägerin hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Sprungrevision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Ermächtigung für ein sozialpädiatrisches Zentrum gemäß § 119 SGB V.

Die Klägerin ist eine gemeinnützige GmbH, die das Klinikum der Stadt XY. betreibt.

Die Klägerin beantragte am 30.01.2006 die Ermächtigung zum Betreiben eines sozialpädiatrischen Zentrums am Klinikum der Stadt XY. in XY.. Sie legte ein Konzept für das geplante sozialpädiatrische Zentrum vor und trug vor, bei einem Einzugsgebiet von etwa 400.000 Einwohnern sei ein sozialpädiatrisches Zentrum in XY. zur Versorgung der Bevölkerung dringend erforderlich, da eine sinnvolle Betreuung und Integration behinderter Kinder nur wohnortnah möglich sei. Die nächstgelegenen sozialpädiatrischen Zentren seien weit entfernt und Termine nur mit erheblichen Wartezeiten zu erhalten, eine kontinuierliche Betreuung sei nicht möglich. Die Notwendigkeit eines solchen Zentrums in XY. ergebe sich aus den seit 01.01.2006 geltenden, vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegten Regelungen, nach denen in einem Perinatalzentrum behandelte Frühgeborene im Alter von 2 Jahren entwicklungsneurologisch nachuntersucht werden müssten. Das Perinatalzentrum des Klinikums XY.s erfülle die Voraussetzungen des Levels 1. Alle notwendigen diagnostischen Einrichtungen stünden in der Klinik zur Verfügung.

Die Beigeladene zu 1) führte zum Antrag unter Datum vom 09.05.2006 aus, von den niedergelassenen Kinderärzten im Planungsbereich PE.Kreis werde ein Versorgungsengpass in der Betreuung von Kindern mit Entwicklungsstörungen bzw. Behinderungen bestätigt. Die niedergelassenen Ärzte hätten keine Einwände gegen die Einrichtung eines sozialpädiatrischen Zentrums, sofern die Ermächtigung ausschließlich auf Überweisung durch Nervenärzte, Neurologen und Psychiater eingeschränkt sei. Sie befürworte deshalb eine Ermächtigung für die Dauer von zwei Jahren, befristet bis zum 30.06.2006 für die ambulante sozialpädiatrische Behandlung von Kindern auf Überweisung durch niedergelassene Nervenärzte, Neurologen und Psychiater (gemäß § 119 SGB V).

Die Klägerin führte zur Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) unter Datum vom 22.05.2006 aus, aufgrund der zu behandelnden Krankheitsbilder könne ein sozialpädiatrisches Zentrum nur zusammen mit niedergelassenen Pädiatern arbeiten und die Patienten nur mit diesen zusammen betreuen. Von Neurologen betreute erwachsene Patienten fielen nicht in die Zuständigkeit eines sozialpädiatrischen Zentrums. Von Neurologen betreute Kinder machten einen verschwinden kleinen Anteil aus. Psychiatrische Krankheitsbilder würden nicht betreut werden. Vorrangig müsste daher den Pädiatern und den Kindern- und Jugendpsychiatern das Recht eingeräumt werden, Kinder in das sozialpädiatrische Zentrum zu überweisen. Ein sozialpädiatrisches Zentrum betreue interdisziplinär in erster Linie Kinder mit chronischen Erkrankungen oder solche Kinder, die von chronischen Erkrankungen bedroht seien. Damit liege ein Schwerpunkt in Verlaufsuntersuchungen und Langzeitbetreuung. Eine Befristung der Ermächtigung auf zwei Jahre sei daher nicht sinnvoll und gefährde wesentliche Aspekte der Arbeit. Es müsse auch noch mit den Krankenkassen über die Vergütung verhandelt werden, was aber erst nach einer Institutsermächtigung möglich sei, weshalb eine derart kurze Befristung nicht sinnvoll erscheine.

Die Beigeladene zu 1) korrigierte daraufhin den von ihr vorgeschlagenen Facharztfilter und schlug vor, die Ermächtigung auf die Überweisung durch niedergelassene Ärzte für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Nervenärzte, Neurologen und Psychiater zu beschränken.

Die Klägerin trug weiter vor, es sei eine Ermächtigung wenigstens auf fünf Jahre auszusprechen. Der Zeitraum der Befristung sei auszudehnen, wenn eine künftige Änderung der Versorgungssituation nicht absehbar sei. Dies treffe auf den Einzugsbereich des Klinikums XY. zu.

Die Beigeladenen zu 2) bis 9) erklärten unter Datum vom 20.06.2006, nach ihren Kenntnisstand würden die in XY. und Umgebung wohnenden Patienten durch das sozialpädiatrische Zentrum am Klinikum QQ. in ausreichendem Maße behandelt werden. Ein Bedarf für eine Ermächtigung eines zusätzlichen sozia...

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