Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Unfallkausalität. Konkurrenzursache. innere Ursache. Beweislast. wesentliche Mitursache. Schwindel aufgrund ungeklärter Krankheit. nicht arretierter Schreibtischrollcontainer. Sturz eines Laborleiters auf Dienstzimmerboden
Orientierungssatz
1. Ein Versicherter, der wegen eines Schwindelanfalls im Dienstzimmer zu Boden stürzt, steht gem § 8 Abs 1 S 2 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn kein Konkurrenzfaktor aus dem persönlichen Risikobereich des Versicherten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, welcher zudem das Unfallereignis im naturwissenschaftlichen-philosophischen Sinne (mit)-verursacht hat.
2. Zu den einzelnen Prüfvoraussetzungen für das Vorliegen der Unfallkausalität (Kausalität zwischen der mit der versicherten Tätigkeit im sachlichen Zusammenhang stehenden Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem Unfallereignis).
Tenor
Der Bescheid vom 21.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.02.2012 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass das Ereignis am 16.10.2008 ein Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte hat dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Nach der Unfallanzeige des Klinikums der Johannes Gutenberg Universität Mainz vom 06.11.2008 ist der Kläger, welcher als Laborleiter im C. beschäftigt war, am 16.10.2008 gegen 10:30 Uhr vom Schreibtisch in seinem Dienstzimmer, wo er Eingaben am PC getätigt hat, aufgestanden, um ins Labor zu gehen. Nach wenigen Schritten sei ihm schwindelig geworden. Der Kläger habe sich sodann mit der rechten Hand auf einem rollbaren Schubladencontainer abgestützt, welcher weggerollt sei, wodurch der Kläger auf den Boden stürzte. Dabei sei das Brillenglas des Klägers gebrochen und das linke Auge verletzt worden. An den Aufprall könne sich der Kläger nicht mehr erinnern.
Noch am Unfalltag stellte sich der Kläger in der Augenklinik des Universitätsklinikums Mainz bei Dr. D. vor. Im Augenarztbericht vom 19.11.2008 wird zum Unfallhergang ausgeführt, dass der Kläger bei der Arbeit ohnmächtig geworden sei. Dr. D. stellte am linken Auge des Klägers eine perforierende Hornhaut- und Linsenverletzung, multiple Hornhautschnittwunden sowie einen Riss der vorderen Linsenkapsel fest.
Es erfolgte eine Primärversorgung des linken Auges mit einer Hornhautnaht und Linsenabsaugung. Der Kläger wurde am 22.10.2008 aus der Klinik entlassen. In der Epikrise des Klinikums der Johannes Gutenberg-Universität Mainz vom 22.10.2008 wird berichtet, dass der Kläger angegeben habe, während seiner Arbeit im Labor bewusstlos geworden und infolge dessen gestürzt zu sein. Zudem wurde aufgeführt, dass die Abklärung durch die Neurologen der Klinik den Verdacht ergeben habe, dass die Synkope im Rahmen einer orthostatischen Dysregulation ohne Hinweis auf eine Epilepsie aufgetreten sei. Auch die kardiologische Vorstellung habe den Verdacht auf eine orthostatische Synkope ergeben.
Mit Schreiben vom 08.04.2010 beantragte der Kläger die Gewährung einer Unfallrente.
Daraufhin wurde Prof. Dr. E. mit der Erstattung eines augenärztlichen Gutachtens (Ersten Rentengutachten) beauftragt, welches dieser unter dem 24.09.2010 erstattete.
Danach hat der Kläger zur Entstehung der Verletzung und zum Unfallhergang mitgeteilt, dass er im Labor des Arbeitgebers nach dem Aufstehen aus dem Sitzen eine Schwindelsymptomatik wahrgenommen habe. Er habe sich sodann an einem Rollcontainer abgestützt, dieser sei weggerollt, woraufhin er gestürzt sei. Er sei mit dem Kopf auf den Boden aufgeschlagen, wodurch ein Brillenglas zerbrochen sei.
Im Rahmen der Untersuchung habe der Kläger über eine schlechte Sehschärfe am linken Auge geklagt. Auch fehle das räumliche Sehen. Bedingt dadurch sei es ihm nicht mehr möglich gewesen, seine Arbeitsstelle im Labor des C. auszuüben. Er arbeite nun nicht mehr im erlernten Beruf, sondern administrativ in einer Forschungseinrichtung der F-Universität in A-Stadt.
Prof. Dr. E. führte weiter aus, dass beim Kläger unfallabhängig die Notwendigkeit einer Hornhautransplantation (perforierende Keratoplastik) links bestanden habe. Am linken Auge bestehe eine Linsenlosigkeit (Aphakie). Bedingt durch diese Unfallfolgen bestehe ein deutlich reduziertes Sehvermögen auf dem linken Auge. Zudem fehle das räumliche Sehen (Stereosehen).
Der Sachverständige bewertete die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) aufgrund der Verletzungsfolgen mit 25 v.H.
Mit Bescheid vom 21.12.2011 lehnte die Beklagte das Unfallereignis vom 16.10.2008 als Arbeitsunfall ab.
Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die Ursache für den bei der Arbeit aufgetretenen Schwindel allein in der körpereigenen Konstitution des Klägers liege. Dem Aufstehen vom Stuhl könne keine besondere betriebliche Bedeutung beigemessen werden. Ebenso sei keine Betriebseinrichtung die rechtlich wesentliche Ursache für d...