Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Finanzierungsvereinbarung nach Anl 32 BMV-Ä. Art und Höhe der Kostenerstattung. kostendeckende Pauschalen
Leitsatz (amtlich)
1. Bei summarischer Prüfung sind die Regelungen (§§ 291, 291a SGB V, Finanzierungsvereinbarung als Anlage 32 zum BMV-Ä, Anlage 2 zur Anlage 32) über die Art und Höhe der Kostenerstattung rechtlich nicht zu beanstanden.
2. Pauschalen, die nach Maßgabe der §§ 291, 291a SGB V und der „Finanzierungsvereinbarung“ gewährt werden, müssen nicht kostendeckend im Sinne einer Vollkostenerstattung sein. Eine lediglich symbolische Kostenerstattung weit unterhalb des Aufwendungsbetrages genügt allerdings nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Orientierungssatz
Die Regelung der Ausgestaltung und Verwendung der elektronischen Gesundheitskarte sind mit höherrangigem Recht, vor allem mit dem Grundrecht der Patienten auf informationelle Selbstbestimmung als eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vereinbar (vgl auch BSG vom 18.11.2014 - B 1 KR 35/13 R = BSGE 117, 224 = SozR 4-2500 § 291a Nr 1).
Tenor
I. Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (Aussetzung des Zwangstermins (31.3.2019) für die Bestellung von Hardware zur Anbindung der Kassenärzte an die TI-Infrastruktur und Aussetzung der damit verbundenen Strafabzüge (rückwirkend ab dem 1.1.2019) bei Fristversäumnis) werden abgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Mit Schriftsatz vom 19.2.2019 beantragte der Antragsteller, der gemeinsam mit einem anderen Vertragsarzt als Augenarzt am Vertragsarztsitz B-Stadt zugelassen ist, den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Als Antragsgegner wurde die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundes-KV bzw. durch die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns bezeichnet.
Der Antragsteller trug vor, er wende sich gegen die Anbindung der Kassenärzte an die Telematikinfrastruktur (TI) und die damit verbundenen Strafabzüge, rückwirkend ab dem 1.1.2019 bei Fristversäumnis. Zur Begründung führte er an, die gewährten Erstattungspauschalen für die notwendige Installation seien ungenügend. Die von ihm eingeholten Angebote seien nicht kostendeckend und enthielten versteckte Zusatzkosten für die Ärzte und/oder berechneten den Aufwandersatz für den Praxisausfall zu eigenen Gunsten ein. Damit werde gegen die Vorgaben des Gesetzgebers, der von einer Kostenneutralität für die Ärzte ausgehe, verstoßen. Zudem werde das Defektrisiko für die Geräte auf die Ärzte abgewälzt. So gebe es lediglich eine Sechsmonatsgarantie durch den Hersteller. Eine Erstattung im Defektfall sei aber frühestens nach fünf Jahren möglich. Außerdem gebe es keine klaren Angaben zur Speicherung von Patientendaten, so dass eine Einrichtung der TI als Verstoß gegen die Datenschutzpflicht anzusehen sei.
Nach längeren Recherchen (3,5 Monaten) habe er einen einzigen Anbieter gefunden, der knapp unterhalb der gewährten Erstattung liege. Dafür sei die damit verbundene Laufzeit des Vertrages erheblich länger. Ferner sei zu erwähnen, dass sich die Erstattung nur auf ein stationäres Terminal beziehe. Der Antragsteller habe aber zwei Terminals im Dauereinsatz und ein drittes, um Stoßzeiten abzufangen. Außerdem gebe es ein viertes und fünftes als Docking-/Ladestation für die beiden Mobilgeräte. Der Antragsteller wäre gezwungen, mindestens ein weiteres zusätzliches Terminal auf eigene Kosten anzuschaffen. Was die TI-Startpauschale betreffe, decke diese den wirklichen Aufwand nicht ab (wird noch weiter ausgeführt).
Zur Frage der Passivlegitimation (richtige Antragsgegnerin) betonte der Antragsteller, es sei für ihn nicht durchschaubar, gegen wen der Antrag formal zu richten sei. Nachfragen beim Bundesgesundheitsminister, bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (Bund und Bayern) am 13.11.2008 (muss wohl heißen: 13.11.2018) hätten zu keinem Ergebnis geführt. Von einer Eilbedürftigkeit sei auszugehen.
Zur Praxis des Antragstellers wurde ausgeführt, es handle sich um eine konservative augenärztliche Facharztpraxis (zwei Ärzte in Vollzeit) mit einer Fallzahl pro Quartal zwischen 2449 und 2724 (Zahlen des Jahres 2018). Das Patientenklientel setze sich zu 13 % aus Privatpatienten und zu 97 % aus GKV-Patienten zusammen. Bei einem Jahresgewinn von € 53.311,59 pro Arzt aus der GKV-Versorgung sei der Praxisbetrieb nur durch Querfinanzierung aus den privatärztlichen Leistungen noch aufrechtzuerhalten. Die Auffassung der Antragsgegnerin, die Einbuße von ein Prozent sei unerheblich, sei bei der Sachlage "bestenfalls als zynische Ohrfeige zu betrachten".
Der Antragsteller beantragte, den Zwangstermin (31.3.2019) für die Bestellung von Hardware zur Anbindung der Kassenärzte an die die TI-Infrastruktur auszusetzen. Zugleich beantragte er die Aussetzung der damit verbundenen Strafabzüge (rückwirkend ab dem 1.1.2019) bei Fristversäumnis.
Die Antragsgegnerin beantragte, den Antrag kostenpflichtig abzulehnen.
Die Antragsgegnerin (Kassenärztliche Vereinigung Bayerns) entgegnete, wesentlich...