Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Ruhen des Krankengeldes. Versand der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Einschreiben
Orientierungssatz
Wurde die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachweislich per Einschreiben an die Krankenkasse versandt, hat der Versicherte alles Erforderliche getan, um einen rechtzeitigen Zugang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Krankenkasse sicherzustellen.
Tenor
I. Der Bescheid der Beklagten vom 23.07.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.12.2019 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 27.06.2019 bis 14.07.2019 Krankengeld zu zahlen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Ruhen des Krankengeldanspruchs der Klägerin in der Zeit vom 27.06.2019 bis 14.07.2019.
Die 19… geborene Klägerin ist bei der Beklagten pflichtversichert. Am 30.04.2019 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig und erhielt ab dem 11.06.2019 Krankengeld von der Beklagten. Die am 31.05.2019 ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit waren bis zum 26.06.2019 befristet. Ebenfalls am 26.06.2019 wurde die weitere Arbeitsunfähigkeit ab dem 27.06.2019 ärztlich festgestellt. Am 27.06.2019 gab die Klägerin diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Post und schickte sie per Einschreiben an die Servicestelle der Beklagten in A-Stadt. Am 13.07.2019 kam der Brief jedoch ungeöffnet und unbearbeitet per Post zurück an die Klägerin. Auf dem Briefumschlag war die Adresse der Servicestelle der Beklagten in A-Stadt durchgestrichen und ein Vermerk angebracht worden "Hauptverwaltung Hannover". Die Klägerin schickte daraufhin die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per E-Mail an die Beklagte, der sie am 15.07.2019 zuging.
Mit Bescheid vom 23.07.2019 stellte die Beklagte das Ruhen des Krankengeldanspruchs vom 27. Juni bis zum 14.07.2019 fest. Hiergegen erhob die Klägerin am 06.08.2019 Widerspruch begründet wurde der Widerspruch damit, dass die Klägerin die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rechtzeitig und in zuverlässiger Form abgesandt habe und die Rücksendung nicht zu Ihren Lasten gehen könne. Am 03.12.2019 erließ die Beklagte daraufhin ein Widerspruch. Begründet wurde dieser damit, dass die rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit eine Obliegenheit des Versicherten sei und die Folgen der erst per E-Mail und damit verspätet erfolgten Meldung der Arbeitsunfähigkeit von der Klägerin zu tragen sei. Die Meldung sei erst dann erfolgt, wenn sie der Krankenkasse zugegangen sei. Die Beklagte würde ihren Versicherten daher alternative Meldewege anbieten wie zum Beispiel das hochladen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung direkt im Kundenportal oder eine Kontaktaufnahme per Telefon per E-Mail oder Fax. Darüber hinaus habe eine Sendung Recherche bei der Deutschen Post ergeben, dass der Brief am 29.06.2019 in dem Logistikzentrum der Deutschen Post in A-Stadt bearbeitet worden sei. Wurde anschließend hingeschickt wurde, hätte anhand der Angaben aber nicht weiter nachvollzogen werden können. Es sei nicht zu verkennen, dass das Ruhen des Krankengeldanspruchs für die Klägerin eine besondere Härte darstelle. Nichtsdestotrotz sei der Beklagten hierbei kein Ermessensspielraum eingeräumt. Eine andere Entscheidung sei ausgeschlossen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 17.12.2019 Klage zum Sozialgericht München. Am 19.01.2021 wann ein Erörterungstermin vor dem Sozialgericht München statt, in dem die Vorsitzende darauf hinwies, dass aufgrund der sehr sorgfältig und detaillierten Dokumentation der Klägerin von einer ordnungsgemäßen und zeitlich ausreichenden Absendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auszugehen sei. Weiterhin bestehe zumindest die Möglichkeit bzw. eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Adressänderung auf dem Briefumschlag von der Empfängerseite vorgenommen wurde, oder zumindest durch ein Verhalten der Empfängerseite veranlasst wurde.
Vor dem Hintergrund der neuesten Rechtsprechung des BSG, das eine Verantwortungs-verteilung nach Gefahrenbereichen vornimmt, neigte die Vorsitzenden in diesem Fall dazu, festzustellen, dass die Klägerin alles Erforderliche getan habe, um ihren Anspruch auf Krankengeld zu erhalten und die erfolgten Unregelmäßigkeiten in der Zustellung bei der Beklagten nicht zu ihren Lasten gehen könne.
Die Beklagtenseite war demgegenüber der Ansicht, dass sich die neuere Rechtsprechung nur auf die Frage der Feststellung, nicht jedoch auf die Frage der zeitgerechten Übermittlung der Arbeitsunfähigkeit beziehe und lehnte die Abgabe eines Vergleichs oder Anerkenntnisses grundsätzlich ab.
Abschließend erklärten sich die Beteiligten im Erörterungstermin mit dem Erlass eines Gerichtsbescheides einverstanden.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid der Beklagten vom 23.07.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.12.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Krankengeld für die Zeit vom 27. Juni bis 14.07.2019 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die vorgeleg...