Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Homeoffice-Arbeitsplatz. sachlicher Zusammenhang. betriebliches Interesse. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Weg zur bzw von der Notdurftverrichtung. Treppensturz. häuslicher und privater Bereich. Rückweg zum Arbeitsplatz
Orientierungssatz
Ein Homeoffice-Arbeiter, der auf dem Rückweg von der Toilette im Erdgeschoss zu seinem Arbeitsplatz im Keller auf der Treppe stürzt, steht dabei nicht gem § 8 Abs 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalls bei dem in Heimarbeit tätigen Kläger.
Der 19xx geborene Kläger zeigte am 30.10.2016 einen Unfall vom 04.11.2014 an, als er auf dem Weg von der Toilette zu seinem Homeoffice-Arbeitsplatz auf der Treppe gestürzt war und eine Jones-Fraktur (Metatarsale-V-Schaftfraktur) des linken Fußes erlitten hatte. Aufgrund einer Erkrankung an Epilepsie sei er zu 100 % an seinen Homeoffice-Arbeitsplatz gebunden und könne seine frühere Tätigkeit im Außendienst bei B-GmbH nicht mehr ausführen. Durch eine schwere Weichteil-Entzündung im Operationsfeld habe sich nach der Jones-Fraktur eine Verschmälerung des linken Fußes ergeben. Er sei vom 05.11.2014 bis einschließlich 10.05.2015 arbeitsunfähig bzw. auf einer Reha-Maßnahme gewesen.
Im Fragebogen zum Unfallhergang und in einem Schreiben vom 21.12.2016 gab er an, das Homeoffice befände sich im Untergeschoss seines Zweifamilienhauses. Das Untergeschoss sei in zwei Einheiten aufgeteilt, wobei jede Einheit eine eigene Treppe habe. Im Untergeschoss befänden sich sein Büro, das ausschließlich geschäftlich genutzt werde, sowie Kellerräume, ein Waschraum und ein Vorratsraum, die ausschließlich von seiner Frau genützt werden. Auf dem Weg vom WC zurück zu seinem Homeoffice-Arbeitsplatz habe er die letzte Treppenstufe übersehen und sei ins Leere getreten. Er nutze die Treppe nur betrieblich, seine Frau nutze die Treppe noch zu dem Wasch- und Trockenraum. Die Wohn- und Schlafräume befänden sich im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss.
Mit Bescheid vom 10.04.2014 wurde der Unfall vom 04.11.2014 nicht als Arbeitsunfall anerkannt. Ein Toilettengang sei nicht versichert, weil er allgemein auf einem persönlichen Bedürfnis beruhe, das in keiner besonderen Beziehung zum Beschäftigungsverhältnis stehe. Versichert sei der Weg zur Toilette nur auf der Betriebsstätte des Arbeitgebers selbst. Zum Unfallzeitpunkt habe er eine eigenwirtschaftliche und damit nicht versicherte Tätigkeit ausgeübt.
Dagegen legte der Kläger am 11.04.2017 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.2017 zurückgewiesen wurde.
Versicherungsschutz bestehe für einen Toilettengang grundsätzlich nicht. Auf dem Weg zu einem Ort auf der Betriebsstätte selbst, an dem die Notdurft verrichtet werden solle, bestehe Versicherungsschutz, weil der Versicherte durch die Anwesenheit auf der Betriebsstätte gezwungen sei, seine Notdurft an einem anderen Ort zu verrichten. Befänden sich Wohnung und Arbeitsplatz im selben Gebäude, sei der Weg zur Notdurft nicht versichert.
Dagegen hatte der Kläger vor dem Sozialgericht München Klage erhoben (S 23 U 328/17). Bei der Rückkehr zu seinem Homeoffice-Arbeitsplatz, auch nach einem Toilettengang, handle es sich um einen Betriebsweg im unmittelbaren Betriebsinteresse. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 31.08.2017 teilte der Kläger mit, neben ihm arbeite auch eine weitere Kollegin dreimal die Woche im Büro. Der Arbeitgeber bezahle Miete für dieses Zimmer, auch die PC-Ausstattung sei komplett vom Arbeitgeber. Häufig fänden in dem Raum auch Treffen mit anderen Personen der Firma statt. Das Büro sei sozusagen der Treffpunkt für die Mitarbeiter der Umgebung, da der Firmensitz in Holland sei. Die Beklagte erklärte sich daraufhin bereit, den Kläger nach Prüfung des Sachverhalts rechtsmittelfähige erneut zu verbescheiden.
Auf die Anfrage der Beklagten teilte der Arbeitgeber des Klägers mit, ein Kollege besuche den Kläger regelmäßig seit 2014, ca. 30 Mal im Jahr; der Geschäftsführer besuche ihn zweimal jährlich, seit 2017 auch ein weiterer Kollege zwölfmal jährlich. Dann fänden Besprechungen zu den wirtschaftlichen Entwicklungen des Unternehmens statt. Falls die Räumlichkeiten des Klägers nicht zur Verfügung stünden, würden solche Besprechungen im Café/ beim Bäcker stattfinden. Eine weitere mit Mitarbeiterin arbeite seit November 2016 dreimal wöchentlich in diesem Büro, auch sie nutze den Eingang des Wohnhauses und die private Toilette des Klägers. Die Pauschale in Höhe von 200 € monatlich würde sowohl für die Nutzung des Büroraums als auch für die Kosten von Bürobedarf gezahlt. Telefonisch teilte eine Mitarbeiterin des Arbeitgebers am 30.10.2017 mit, vor 2015 habe auch ein Arbeitsvertrag mit Homeoffice bestanden, allerdings seien damals keine Bürokosten erstattet worden und es seien keine weiteren Kollegen zur Arbeit dort gewesen. Di...