Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnärztliche Versorgung. Zulassungsentziehung. Hauptpflicht der eigenständigen Behandlung. keine Ersetzung dieser Pflicht persönlicher Leistungserbringung durch die Tätigkeit angestellter Ärzte oder Assistenten
Orientierungssatz
1. Gemäß § 95 Abs 6 S 1 SGB 5 ist die Zulassung zu entziehen, wenn der Vertragszahnarzt die vertragszahnärztliche Tätigkeit nicht mehr ausübt.
2. Von einer Nichtausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit kann ausgegangen werden, wenn der Vertragszahnarzt die ihm obliegende Hauptpflicht der eigenständigen Behandlung der Versicherten am Behandlungsstuhl nicht mehr erfüllt.
3. Die Möglichkeiten für den Vertragszahnarzt, angestellte Ärzte oder Assistenten in seiner Praxis zu beschäftigen, stellen lediglich eine Modifizierung des in § 15 Abs 1 S 1 SGB 5 iVm § 32 Abs 1 S 1 der Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV) normierten Gebots der persönlichen Leistungserbringung dar; sie können dieses Gebot aber nicht vollständig ersetzen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Beklagten, den Widerspruch des Klägers gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 21.02.2018 mit Bescheid vom 15.11.2018 zurückzuweisen und dem Kläger die Zulassung wegen Nichtausübung der vertragszahnärztlichen Versorgung zu entziehen.
Dieser ist seit 02.03.1987 zur vertragszahnärztlichen Versorgung in A-Stadt niedergelassen. Seit 11 Jahren ist der Kläger wegen einer Erkrankung nicht mehr in der Lage, selbst zahnärztliche Behandlungen am Behandlungsstuhl durchzuführen.
Ein Verfahren zum Entzug der Approbation des Klägers ist mit Bescheid der Approbationsbehörde vom 15.01.2019 eingestellt worden.
Das Gebot der persönlichen Leistungserbringung diene der Sicherung der hohen Qualität der vertragszahnärztlichen Versorgung und sei materielle Voraussetzung für jede zahnärztliche Tätigkeit in der vertragszahnärztlichen Versorgung, führt der Beklagte in der Begründung der streitgegenständlichen Entscheidung aus. Diesem Gebot komme für die Funktionsfähigkeit der vertragszahnärztlichen Versorgung großes Gewicht zu. Der Kläger habe im Termin vor dem Beklagten selbst angegeben, dass er keine Patienten persönlich empfange, keine Diagnose stelle und keine persönliche Untersuchung und Behandlung des jeweiligen Patienten vornehme. Er sei aber in der Praxis anwesend und die Patienten hätten-falls gewünscht-Gelegenheit, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Für die Frage der persönlichen Leistungserbringung falle es besonders ins Gewicht, dass der Kläger aufgrund seiner Erkrankung keine Behandlung am Behandlungsstuhl mehr vornehmen könne. Die Behandlung am Patientenstuhl gehöre aber wegen des unmittelbaren Patientenkontakt zum Kernbereich der vertragszahnärztlichen Tätigkeit. In diese Richtung ziele auch die neue Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 21.03.2018. Nach diesem Urteil reiche es für die persönliche Leistungserbringung eines Pathologen nicht aus, dass er die von anderen Ärzten durchgeführten Befundungen kontrolliere und gegebenenfalls korrigiere. Vielmehr müsse er die Beurteilung des Präparates und die ärztliche Befundung selbst vornehmen. Der Beklagte verkenne nicht, dass es sich bei dieser Entscheidung um die Tätigkeit eines Laborarztes und nicht die eines Zahnarztes handle. Dem Urteil sei jedoch zu entnehmen, dass generell an die persönliche Leistungserbringung ein strenger Maßstab anzulegen sei. Wenn schon bei einem Laborarzt ohne jeglichen Patientenkontakt die Anforderungen für die persönliche Leistungserbringung sehr hoch gesteckt seien, müsse dies erst recht für die Tätigkeit eines Zahnarztes gelten. Aufgrund des persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Zahnarzt und Patient müsse ein Zahnarzt in der Lage sein, die vertragszahnärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben. Dies sei beim Kläger jedoch nicht mehr der Fall. Der Beklagte fühle sich in seiner Ansicht durch den Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13.07.2018 im erledigten Verfahren L 12 KA 5010/18 BER bestätigt, ergangen zwischen dem Kläger und der beigeladenen KZVB.
Die dagegen gerichtete Klage wird im Wesentlichen damit begründet, dass der Entzug der Zulassung unrechtmäßig sei, da kein Entzugsgrund vorliege. Sofern sich der Beklagte darauf beziehe, dass die vertragszahnärztliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werde, seien die pauschalen Aussagen diesbezüglich nicht ausreichend. Weder werde hinterfragt, was eine vertragszahnärztliche Tätigkeit überhaupt sei, noch werde dazu qualifiziert Stellung genommen. Es werde im Gesetz weder von originären Leistungen gesprochen, noch davon, dass jeder Zahnarzt alle vorgesehenen Leistungen zu erbringen habe. Der Kläger führe lediglich keine direkten Patientenbehandlungen am Behandlungsstuhl aus. Alle anderen Tätigkeiten würden vom Kläge...