Orientierungssatz
1. Hat der Sozialhilfeträger mit einem bestandskräftigen Bescheid gegenüber dem Hilfebedürftigen die Gewährung von Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten gemäß § 23 Abs. 3 SGB 12 ausgeschlossen, so besteht zugunsten des Einrichtungsträgers kein Zahlungsanspruch aus dem sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis gegenüber dem Sozialhilfeträger.
2. Die Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 61 SGB 10 i. V. m. §§ 677 ff. BGB sind im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis nicht anwendbar. Ebenso ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch analog §§ 812 ff. BGB.
3. Ein Sekundäranspruch des Einrichtungsträgers ist bei bindend gewordenem Ablehnungsbescheid gegenüber dem Hilfebedürftigen ist ausgeschlossen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 17.670,56 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger, ein Einrichtungsträger, begehrt vom beklagten Sozialhilfeträger trotz einer bestandskräftigen Leistungsablehnung gegenüber dem Hilfeempfänger die Übernahme der Kosten in Höhe von 17.670,56 Euro, die für dessen Aufenthalt in seiner Einrichtung entstanden sind.
Der Kläger betreibt die stationäre Einrichtung M3 (AMH) in M4-Stadt zur Versorgung von Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten. Hierfür schlossen die Beteiligten die Leistungsvereinbarung vom 27.08.2014 zur Festlegung von Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen nach §§ 75 ff SGB XII. Im Rahmen der inhaltlichen Angaben wurde die Zielgruppe festgelegt. In dem Unterpunkt Aufnahmekriterien und -voraussetzungen werden folgende Punkte aufgezählt:
* Zugehörigkeit zum Personenkreis nach SGB XII § 67,
* Persönliches Vorstellungsgespräch mit Hausführung,
* Sozialpädagogische Abklärung der Notwendigkeit einer stationären Aufnahme bzw. Abklärung der Kostenträgerschaft gemäß Bayreuther Vereinbarung,
* Die Aufnahme setzt die Anwendung des gültigen Hilfeplanverfahrens für die Wohnungslosenhilfe des Bezirks Oberbayern voraus,
* Möglichst unmittelbare Aufnahme bei positiver Entscheidung,
* Klärung möglicher Ansprüche,
* Medizinische Erstuntersuchung,
* Erhebung der Erst-Anamnese und
* Erkennbare Bereitschaft zur Suchtmittelfreiheit innerhalb der Einrichtung.
Daneben besteht eine Vergütungsvereinbarung zwischen den Beteiligen.
Der Kläger zeigte dem Beklagten am 26.11.2018 die Aufnahme des am 03.10.1967 geborenen Herrn L. (künftig L) an. L ist kroatischer Staatsbürger. Am 06.12.2018 wurde ein förmlicher Antrag nachgereicht. Am 19.12.2018 fragte der Kläger beim Beklagten per E-Mail an, ob die Unterlagen vollständig seien. Am 09.01.2019 wurde ein Hilfeplan vorgelegt und Unterlagen zur Krankenversicherung. Am 16.01.2019, 12.02.2019 und 27.02.2019 fragte der Kläger per E-Mail an, wie es mit der Kostenübernahme aussehe. Am 07.03.2019 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er zur abschließenden Bearbeitung einen Nachweis zum aufenthaltsrechtlichen Status von L benötige. Mit Schreiben vom 07.03.2019 erkundigte sich der Beklagte bei der Ausländerbehörde nach dem aufenthaltsrechtlichen Status von L. Mit E-Mail vom 12.03.2019 wies der Kläger auf den Status von L als EU-Bürger hin. Am 09.04.2019 zeigte der Kläger dem Beklagten an, dass L am 03.04.2019 eine ganztägige Arbeit als Hausmeister aufgenommen hatte. Mit Schreiben vom 02.05.2019 an den Kläger legte der Beklagte dar, dass § 23 Abs. 3 SGB XII einer Leistungsbewilligung für die Zeit bis zur Arbeitsaufnahme entgegenstehe.
Mit Bescheid vom 24.05.2019 bewilligte der Beklagte für L Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten in der Einrichtung AMH für die Zeit ab 03.04.2019. Mit Schreiben vom 24.05.2019 wandte sich der Beklagte nochmals an die Ausländerbehörde.
Mit Bescheid vom 13.09.2019 lehnte der Beklagte die Gewährung von Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten für die Zeit von 26.11.2018 bis 02.04.2019 gegenüber L ab. Es bestehe ein Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 SGB XII. Dieser Bescheid wurde von L nicht angefochten. Der Kläger teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 21.10.2019 mit, dass der Kläger mit der getroffenen Entscheidung nicht einverstanden sei.
Der Kläger erhob am 17.12.2019 Klage zum Sozialgericht München auf Zahlung von 17.670,56 Euro nebst Zinsen. Der Beklagte habe diesen Betrag für die Leistungen, die der Kläger an L erbracht habe, zu zahlen.
Aufgrund der geschlossenen Leistungsvereinbarung nach §§ 75 ff SGB XII bestünden wechselseitige Verpflichtungen, der Kläger habe eine Aufnahmeverpflichtung, der Beklagte eine Verpflichtung zur unverzüglichen Entscheidungsfindung. Die Abklärung der Kostenträgerschaft und die Prüfung der Zugehörigkeit des jeweiligen Antragstellers zum Personenkreis nach § 67 SGB XII sei ausdrücklich Gegenstand der Vereinbarung und obliege naturgemäß dem Beklagten als Leistungsträger. Entweder bestehe eine unmittelbare Pflicht des Beklagten zur unverzüglichen Entscheidung oder...