Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Erstattung von Kosten im Vorverfahren. Nebeneinander von kostenprivilegiertem und nicht kostenprivilegiertem Widerspruchsführer. Doppelvertretung. einheitliche Kostenentscheidung. Günstigkeitsprüfung bzgl der Höhe des Kostenerstattungsanspruchs
Orientierungssatz
1. Bei einem Nebeneinander von kostenprivilegiertem und nicht kostenprivilegiertem Widerspruchsführer sind in analoger Anwendung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung die Regelungen für Kostenprivilegierte anzuwenden, mithin ist grundsätzlich nach Betragsrahmengebühren abzurechnen (vgl BSG vom 29.5.2006 - B 2 U 391/05 B = SozR 4-1500 § 193 Nr 3 und SG München vom 19.2.2014 - S 15 R 825/12 = DStR 2014, 1347).
2. Nach Treu und Glauben ist es jedoch nicht zu rechtfertigen, dass der Kläger alleine aufgrund der zusätzlichen Vertretung des privilegierten Kostenschuldners durch seinen Bevollmächtigten einen reduzierten Kostenerstattungsanspruch haben soll, den er bei alleiniger Vertretung nicht hätte.
3. Im Wege einer Günstigerprüfung ist der Kläger bzgl der Höhe der zu erstattenden Forderung jedenfalls so zu stellen, dass er bei Doppelvertretungen in Statusverfahren zumindest die Anwaltsvergütung erstattet bekommt (und spiegelbildlich der Klägerbevollmächtigte dieselbe Summe mindestens fordern darf), die sich bei einer nichtprivilegierten Einzelvertretung ergeben würde.
Tenor
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 20.2.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.7.2014 verurteilt, der Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 465,64 € zu erstatten.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Klägerin trägt 3/4, die Beklagte 1/4 der Kosten des Verfahrens.
IV. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine zusätzliche Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.753,94 €.
Mit Bescheid vom 12.8.2013 wurde festgestellt, dass die Tätigkeit von Herrn C. als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin vom 1.1.2013 bis zum 17.6.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde. Hiergegen erhob der Klägerbevollmächtigte am 22.8.2013 im Namen der Klägerin und im Namen von Herrn C. Widerspruch. Vorgelegt wurde eine Niederschrift der Gesellschafterversammlung vom 20.6.2013, wonach beschlossen wurde, dass ein zum 6.6.2013 beschlossenes Erfordernis der Zustimmung eines Gesellschafter-Geschäftsführers zu sämtlichen Beschlüssen der Gesellschafter bereits seit dem 1.1.2013 gelten sollte und dies auch so gelebt worden sei. Daraufhin wurde der Bescheid vom 12.8.2013 mit Bescheid vom 6.2.2014 zurückgenommen. Aufgrund der zeitnahen Änderung der Beschlussfassung wurde seitens der Beklagten davon ausgegangen, dass bereits seit Beginn der Tätigkeit von Herrn C. keine abhängige Beschäftigung ausgeübt wurde.
Mit Kostennote vom 12.2.2014 wurde eine Rechnung in Höhe von 2.246,48 € zur Erstattung geltend gemacht. Hierbei wurde ein Gegenstandswert von 14.526 € zu Grunde gelegt, eine Geschäftsgebühr in Höhe von 1,8 sowie eine Erledigungsgebühr geltend gemacht. Der Gegenstandswert ergebe sich aus einer Vergütung in Höhe von 36.000 € brutto für den Zeitraum vom 1.1.2013 bis zum 30.6.2013. Der Gegenstandswert entspreche dann einem Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von 40,35 %. Bezug genommen wurde auf eine Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 4.3.2011 (Az. L 5 R 647/10 B).
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 20.2.2014 wurden die zu erstattenden Kosten auf 492,54 € festgesetzt. Hierbei wurde eine 1,3fache Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 5.000 € zu Grunde gelegt, da der Wert mangels genügender tatsächlicher Anhaltspunkte nicht anders festgestellt werden könne. Die Wertgebühren nach Nr. 2300 VV könnten nur dann über 1,3 gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen war. Vorliegend habe es sich um ein durchschnittliches Verfahren gehandelt, da die rechtsanwaltliche Tätigkeit weder umfangreich noch schwierig gewesen sei. Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV sei nicht angefallen, da sich die Rechtssache nicht ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch anwaltliche Mitwirkung erledigt habe. Die Anerkennung einer Erledigungsgebühr setze eine besondere, nicht nur unwesentliche und gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit des Anwalts voraus. Erforderlich sei ein gezielt auf die einvernehmliche Beilegung des Streits gerichtetes Tätigwerden. Der Bevollmächtigte habe nur im Rahmen der Darlegung eines Beweismittels die Niederschrift über die Gesellschafterversammlung kopieren müssen. Dies alleine genüge nicht, um zusätzlich die Erledigungsgebühr anfallen zu lassen.
Nach Widerspruch vom 6.3.2014 wurde dieser mit Widerspruchsbescheid vom 28.7.2014 zurückgewiesen. Es sei ein Rechtsverhältnis strittig gewesen. Das Ergebnis der vorgeschalteten zu klärenden St...