Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Versicherten auf Kostenübernahme für eine außerhalb der Europäischen Gemeinschaft in Anspruch genommene Krankenbehandlung
Orientierungssatz
1. Eine Kostenübernahme für Behandlungen außerhalb der Europäischen Gemeinschaft ist im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung nach § 18 Abs. 1 SGB 5 nur zulässig, wenn eine dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb der Gemeinschaft möglich ist.
2. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn zwar die konkrete von dem Versicherten gewünschte Therapie nur im Ausland möglich ist, in Deutschland bzw. der EU aber andere gleich oder ähnlich wirksame und zumutbare Leistungsangebote zur Verfügung stehen.
3. Entscheidend ist, ob für die Erkrankung des Versicherten nach Qualität, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit ausreichende Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland und in der EG zur Verfügung stehen.
4.Steht zur Behandlung einer inkompletten Tetraparese in Deutschland bzw. der EG ein vergleichbares medizinisch-technisches Instrumentarium zur Verfügung, so ist eine Kostenübernahme für die Teilnahme am sog. Projekt Walk-Programm in den USA durch die Krankenkasse ausgeschlossen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten werden der Klägerin nicht erstattet.
Tatbestand
I.
1.
Die Klägerin begehrt im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Übernahme der Kosten für die Teilnahme am so genannten "Projekt Walk"-Programm, in Carlsbad, USA vom 27. Februar 2014 bis 31. Mai 2015.
Sie erlitt bei einem Reitunfall im Januar 2006 eine HW K-4/5-Fraktur mit inkompletter Tetraparese unterhalb C4.
Ihren eigenen Angaben zufolge hat sie in Deutschland von den behandelnden Ärzten hinsichtlich einer gewünschten Rehabilitationsbehandlung nur negative Reaktionen in dem Sinne erfahren, dass bei ihrem Verletzungsbild keine Verbesserung zu erwarten sei. Sie habe dann in Eigeninitiative durch Anschaffung und Aufstellung diverser Trainingsgeräte in der eigenen Wohnung bereits erhebliche Verbesserungen ihrer gesundheitlichen Situation erreicht, aber auch hierbei ihrer Auffassung nach zu wenig Resonanz und Unterstützung bei den hiesigen Ärzten erfahren. Sie sei dann bei Ihren Recherchen auf das "projekt walk" in den USA gestoßen und habe nach einem vierwöchigen Probetraining dort das regelmäßige Training aufgenommen. Dieses Training sei nur jeweils durch die ausländerrechtlichen Vorschriften in den USA durch Zwischenaufenthalte in Deutschland zwangsweise zu unterbrechen gewesen.
Am 12. März 2014 beantragte sie die Kostenerstattung/zukünftige Kostenübernahme für die Teilnahme an der "Projekt Walk" genannten Therapie in den vereinigten Staaten von Amerika (USA).
Nach Überprüfung des Antrags sagte die Beklagte daraufhin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht im streitgegenständlichen Bescheid vom 14. April 2014 eine Kostenbeteiligung in einem Umfang von 800 € pro Monat für die Dauer von 8 Monaten zu.
2.
Der Widerspruch der Klägerin wurde durch Widerspruchsbescheid vom 29.8.2014 als unbegründet zurückgewiesen.
Es wird durch die Beklagte darauf hingewiesen, dass mit den USA kein Krankenversicherungsabkommen bestehe und Leistungen nach § 18 SGB V an die Voraussetzung geknüpft seien, dass die Auslandskrankenbehandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen müsse. Damit setze die Regelung für eine Behandlung im Ausland hinsichtlich Qualität und Wirksamkeit denselben Standard voraus, dem die medizinische Versorgung im Inland zu genügen hat. Zudem müsse eine dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft bzw. des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum möglich sein, was hier nicht vorliege. Bei komplexen Therapieansätzen müsse dabei eine Gesamtwürdigung unter Einbeziehung aller eingesetzten Maßnahmen erfolgen.
Die durchgeführte Therapie in den USA habe im Übrigen den persönlichen Vorstellungen der Klägerin entsprochen und ob es innerhalb Deutschlands oder der Europäischen Union eine ähnliche Therapiemöglichkeit gegeben hätte, sei dabei für die Klägerin offensichtlich nicht mehr relevant gewesen.
3.
Mit der am 1. Oktober 2014 beim Sozialgericht München eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter.
Sie macht dabei im Wesentlichen geltend, dass eine Behandlungsmethode wie das "projekt walk" ausschließlich in den USA angeboten werde und vergleichbare Behandlungsmethoden in Deutschland bzw. der EU nicht vorhanden bzw. ihr nicht bekannt seien. Gleichzeitig wird auf individuelle Erfolge der US-Behandlung hingewiesen, die sich jedenfalls beim Aufstehen und beim Stehen manifestierten und die die Klägerin sich bemüht, durch Videomaterial zu belegen.
4.
Mit Schreiben vom 3. Februar 2015 hatte das Gericht der Beklagten aufgegeben mitzu...