Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Bayerisches Betreuungsgeld. keine zweckgebundene Leistung
Leitsatz (amtlich)
Bayerisches Betreuungsgeld ist im SGB II als Einkommen anzurechnen. Betreuungsgeld ist kein zweckgebundenes Einkommen iSv § 11a Abs 3 S 1 SGB II. Die Anrechenbarkeit ergibt sich auch aus § 10 BEEG.
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 10. Januar 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2018 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Kläger begehren mithilfe eines Überprüfungsantrags höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II für die Zeit von Januar 2018 bis einschließlich August 2018. Streitig ist die Anrechnung von Bayerischem Betreuungsgeld als Einkommen.
Bei den Klägern handelt es sich um ein Ehepaar (Klägerin zu 1 und Kläger zu 4) sowie deren Tochter (geboren 2013, Klägerin zu 2) und Sohn (geboren 2014, Kläger zu 3). Die Kläger bezogen laufend Leistungen nach SGB II. Weil sie lediglich die Betriebskosten der Wohnung zu zahlen hatten, fielen in der strittigen Zeit nur Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 97,84 Euro monatlich an. Die Klägerin zu 1 bezog in der strittigen Zeit Elterngeld für den Sohn von monatlich 187,50 Euro (375,- Euro halbiert bei doppelter Auszahlungszeit, vgl. § 4 Abs. 3 BEEG).
Mit Bescheid des ZBFS vom 23.06.2015 wurde der Klägerin zu 1 für ihre Tochter Bayerisches Betreuungsgeld für die Zeit von 17.03.2015 bis 16.12.2016 in Höhe von monatlich 150,- Euro bewilligt.
Mit Bewilligungsbescheid vom 23.11.2015 wurde den Klägern Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld für die Kinder in Höhe von insgesamt 610,34 Euro monatlich für die Zeit von Dezember 2015 bis einschließlich Mai 2016 bewilligt. Dabei wurden die Regelbedarfe und die tatsächlichen Kosten der Unterkunft als Bedarf berücksichtigt. Als Einkommen wurde Kindergeld in Höhe von zwei mal 184,- Euro jeweils bei den Kindern berücksichtigt sowie das Elterngeld und das Betreuungsgeld nach Abzug der Versicherungspauschale mit 307,50 Euro (187,50 Euro plus 150,- Euro minus 30,- Euro) horizontal verteilt. Mit Änderungsbescheid vom 29.11.2015 wurde die Leistung ab 01.01.2016 bis 31.05.2016 insgesamt um 2,- Euro monatlich erhöht wegen der Anhebung der Regelbedarfe bei gleichzeitiger Anhebung des Kindergelds auf zwei mal 190,- Euro. Mit Bescheid vom 11.02.2016 wurde die Bewilligung für den Kläger zu 4 ab 01.03.2016 wegen mangelnder Mitwirkung entzogen; gegen diesen Bescheid wurde kein Widerspruch eingelegt.
Auf den Weiterbewilligungsantrag hin wurden mit Bescheid vom 30.05.2016 Leistungen für die Klägerin zu 1, die Klägerin zu 2 und den Kläger zu 3 für die Monate Juni 2016 bis einschließlich Oktober 2016 bewilligt. Dabei wurden die Regelbedarfe von 364,- Euro und zwei mal 237,- Euro sowie die Unterkunftskosten je Person zu einem Viertel berücksichtigt. Als Einkommen wurden wiederum Kindergeld, Elterngeld und Betreuungsgeld angerechnet. Für den Kläger zu 4 wurden keine Leistungen bewilligt. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.
Der Kläger zu 4 nahm im August 2016 eine Erwerbstätigkeit in Vollzeit auf mit erster Lohnzahlung im September 2016. Die Bewilligung wurde deshalb mit Aufhebungsbescheid vom 18.10.2016 für die Zeit ab 01.09.2016 wegen Wegfall der Hilfebedürftigkeit vollständig aufgehoben. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.
Am 21.12.2017 beantragten die Kläger die Überprüfung der Bewilligungen für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis 30.09.2016. Betreuungsgeld dürfe nicht als Einkommen angerechnet werden. Es seien pro Monat 150,- Euro nachzuzahlen. Der Überprüfungsantrag wurde mit Bescheid vom 10.01.2018 abgelehnt. Die Bescheide für die Überprüfungszeit seien nicht zu beanstanden. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2018 zurückgewiesen. Betreuungsgeld sei anrechenbares Einkommen. Eine abweichende Zweckbestimmung gemäß § 11a Abs. 3 SGB III liege nicht vor. Das Bayerische Betreuungsgeldgesetz (BayBtGG) enthalte in Art. 1 zwar Anspruchsvoraussetzungen, aber keine bestimmte konkrete Zweckbestimmung.
Die Klägerin erhob am 18.04.2018 Klage zum Sozialgericht München. Betreuungsgeld sei kein anrechenbares Einkommen. Zweck des Gesetzes sei, einen Schonraum für Familien mit Kleinkindern zu schaffen. Dies ergebe sich so aus der amtlichen Begründung des BayBtGG. Die Kläger stellten klar, dass streitiger Zeitraum die Zeit von 01.01.2016 bis 31.08.2016 ist.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 10.01.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2018 zu verurteilen, die Bescheide vom 29.11.2015 und 30.05.2016 abzuändern und den Klägern in der Zeit von Januar 2016 bis einschließlich August 2016 Leistungen ohne Anrechnung von Betreuungsgeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil Bayer...