Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Motivationszuwendungen an einen behinderten Menschen in einem betreuten Beschäftigungsprojekt. Nichtberücksichtigung als Zuwendung der freien Wohlfahrtspflege
Orientierungssatz
Die einem behinderten Hilfebedürftigen während der Teilnahme an einem betreuten Beschäftigungsangebot bzw an einer rehabilitativen Maßnahme eines freien Trägers gezahlten Motivationszuwendungen bis zu Höhe von monatlich 100 Euro sind gem § 11a Abs 4 SGB 2 als Zuwendung der freien Wohlfahrtspflege von der Einkommensberücksichtigung auszunehmen.
Tenor
I. Der Bescheid vom 21.01.2015 und der Teilabhilfebescheid vom 12.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu bescheiden .
II. Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die vorläufige Bewilligung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum Februar bis November 2015 ohne die Berücksichtigung von Einkommen.
Der am XX.XX.1958 geborene Kläger bezieht seit 2014 vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach SGB II und lebt zusammen mit seiner Frau in einer Bedarfsgemeinschaft. Die Ehefrau hat keine Einkünfte.
Der Kläger nimmt seit Juli August 2014 an einem Projekt beim C-verband A.-A-Stadt (die C.-Firma) teil. Bis zum 31.12.2014 wurde die Tätigkeit bei der C.-Firma als “Minijob„ bezeichnet. Ausweislich der an den Beklagten übersandten Entgeltabrechnungen erhielt der Kläger pro Stunde zwischen 2,50 EUR und 3,- EUR. Die Überweisungen der C.-Firma wurden im Verwendungszweck als Lohn/Gehalt bezeichnet. Da das Einkommen monatlich immer unter 100,- EUR blieb, rechnete der Beklagte diese Einkünfte nicht an.
Mit Bescheid vom 19.11.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger auf den Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 31.10.2014 hin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum Dezember 2014 bis November 2015 vorläufig ohne Berücksichtigung von Einkommen.
Am 03.12.2014 schloss der Kläger mit der C.-Firma einen neuen Zuverdienstvertrag mit Wirkung zum 01.01.2015. Nach diesem steht es dem Kläger frei, beim Projekt zu erscheinen. Der Zuverdienstplatz wird dem Kläger wöchentlich für die Dauer von in der Regel maximal 14,99 Stunden zu Verfügung gestellt. Für seine Tätigkeit im Projekt erhält der Kläger eine Motivationszuwendung iHv 3,- EUR pro Stunde. Ihr steht es frei, ob, wann und in welchem Umfang er an den betreuten Beschäftigungsangeboten teilnimmt.
Mit Bescheid vom 21.01.2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger (und seiner Ehefrau) vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum Februar bis November 2015 und berücksichtigte ein Einkommen iHv mtl. 100,- EUR. Von den 100,- EUR zog der Beklagte einen Freibetrag iHv mtl. 30 EUR ab.
Der Kläger erhielt tatsächlich in den Monaten Januar bis März 2015 monatlich 99,- EUR Motivationszuwendung von der C.-Firma.
Gegen den Bescheid vom 21.01.2015 legte der Kläger mit Schreiben vom 01.02.2015 Widerspruch ein. Das Einkommen sei zweckbestimmt bzw. aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht. Es sei daher nicht zu berücksichtigen.
Zuletzt bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 12.05.2015 vorläufig Leistungen für den Zeitraum Februar 2015 bis November 2015. Der Beklagte berücksichtigte nun das tatsächliche Einkommen für die Monate Februar bis April 2015 iHv von 99,- EUR. Für die Folgemonate ging der Beklagte weiterhin von einem Einkommen iHv 100,- EUR aus. Wie zuvor wurde dieses Einkommen monatlich um 30 EUR bereinigt.
Von dem jeweiligen Regelbedarf der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (je 360,- EUR) wurde das bereinigte Einkommen in Höhe von jeweils 34,50 EUR abgezogen. Die Bedarfe für Unterkunft und Heizungen wurden in Höhe der tatsächlichen Kosten gewährt. Für den Kläger bedeutet dies Leistungen für den Regelbedarf für die Monate Februar bis April 2015 iHv mtl. 325,50 EUR und ab Mai 2015 iHv 325,- EUR.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchbescheid vom 12.05.2015 als unbegründet zurückgewiesen. Die Richtlinie für Zuverdienstplätze gelte nicht für Personen, die zum Kundenkreis des SGB II zählten. Auch § 11 Abs. 4 SGB II (Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege) sei nicht anwendbar, da hier nur geringfügige Zuwendungen berücksichtigt werden könnten. Aufgrund der Häufigkeit, der Höhe und der Regelmäßigkeit der Zuwendungen sei die Lage des Klägers unverhältnismäßig verbessert. Lediglich die Pauschale für angemessene Versicherungen könne angerechnet werden. Da es sich bei der Motivationszuwendung nicht um ein Arbeitsentgelt handele, könnten die Freibeträge für Erwerbstätige nicht berücksichtigt werden.
Mit der Klage vom 05.06.2015 hat sich der Kläger an das Sozialgericht München gewandt. Der Kläger ...