Entscheidungsstichwort (Thema)

Landwirtschaftliche Unfallversicherung. Höhe der Beitragspflicht. Satzungsänderung. solidarischer Risikoausgleich. Grundbeitrag je Unternehmen bzw Jagdrevier. Gesamtunternehmen gem § 131 Abs 1 S 1 SGB 7

 

Orientierungssatz

1. Betreibt ein landwirtschaftlicher Unternehmer mehrere Jagden gem § 123 Abs 1 Nr 5 SGB 7 besteht auch eine mehrfache Beitragspflicht (hier: Grundbeitrag je Jagdrevier).

2. Jagden sind landwirtschaftliche Unternehmen im weiteren Sinne. Obwohl eine unmittelbare Bewirtschaftung insoweit nicht vorliegt, besteht ein enger Bezug ihr zu.

3. Ein Gesamtunternehmen liegt nur vor, sofern ein Gesamtunternehmen gemäß § 131 Abs 1 S 1 SGB 7 "verschiedenartige" Bestandteile aufweist.

4. Berufungsverfahren anhängig (L 3 U 287/14).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.08.2019; Aktenzeichen B 2 U 35/17 R)

 

Tenor

I. Die Klagen gegen die Bescheide vom 29. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2013 werden abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert beträgt 150 €.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Beitragspflicht für zwei vom Kläger bewirtschaftete Jagdreviere, dabei um die Frage, ob je Jagdrevier ein Grundbeitrag zu entrichten ist.

Der Kläger ist seit 1. April 2003 Pächter des Gemeinschaftsjagdreviers (GJR) Wunsiedel-Katharinenberg und des Einzeljagdreviers (EJR) Luisenburg sowie Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Jagdverbandes e. V. (BJV). Er wurde mit Aufnahmebescheid vom 4. Dezember 2003 wie folgt veranlagt: Unternehmen in Luisenburg (Unternehmer-Nr. 60319239): Jagd mit 307 ha, Unternehmen Wunsiedel (Unternehmer-Nr.: 60319240): Jagd mit 490 ha. Der Kläger wurde zur Beitragszahlung herangezogen (Beitragsbescheid vom 26. März 2004) für die Umlage 2003. Der Beitragsberechnung wurden die Jagden der Betriebssitze Luisenburg und Wunsiedel zugrunde gelegt. Es ergab sich ein Zahlbetrag in Höhe von 188,72 € (Bruttobeitrag 141,72 €; Grundbeitrag 47 €). Es folgten die Beitragsbescheide für die Umlagen bis 2008. Die Beitragsbescheide zu den Umlagen 2009 bis 2011 (Bescheide vom 15. Januar 2010, 14. Januar 2011, 13. Januar 2012) ergingen aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSVMG). Zuletzt errechnete sich für beide Betriebssitze ein Beitrag entsprechend der Berechnung nach Flächenwert in Höhe von 195,35 € (Umlagebeitrag 120,35 €; Grundbeitrag 75 €).

Für das Jahr 2012 wurde der Kläger, abweichend von der bisherigen Praxis, mit zwei Bescheiden vom 29. Januar 2013 zur Beitragszahlung herangezogen, und zwar für das Unternehmen in Wunsiedel (Umlagebeitrag 90,07 € und Grundbeitrag 75 € = 166,07 €) sowie für das Unternehmen im Luisenburg (Umlagebeitrag 40,11 € und Grundbeitrag 75 € = 115,11 €). Gegen diese Bescheide erhob der Kläger Widerspruch und beantragte, diese insoweit aufzuheben, als ein doppelter Grundbeitrag berechnet sei. Es handele sich bei den Revieren um ein Gesamtunternehmen, nämlich um die Lehrreviere des BJV. Das GJR Wunsiedel-Katharinenberg befinde sich im Umfeld der dortigen Landesjagdschule. Das angrenzende EJR Luisenburg sei ebenfalls Lehrrevier des BJV. Sinn und Zweck der Anpachtung des weiteren Reviers sei gewesen, dass im Lehrrevier alle relevanten Revierverhältnisse (Wald, Feld, Wiese) dargestellt werden könnten. Er sei mit der Leitung beider Reviere als einheitliches Unternehmen beauftragt worden. Zwischen den einzelnen Teilunternehmen bestünde ein wirtschaftlicher und betriebstechnischer Zusammenhang. Die Betriebsteile würden einer einheitlichen Leitung unterstehen sowie der Verfügungsgewalt desselben Unternehmers unterliegen. Das EJR Luisenburg sei als Nebenbetrieb beitragsfrei. Hauptbetrieb sei das GJR Wunsiedel-Katharinenberg. Das Nebenunternehmen EJR Luisenburg unterliege der Leitungsmacht des Gesamtunternehmens. Einem Schreiben des Landratsamts Wunsiedel vom 25. April 2013 ist zu entnehmen, dass für beide Reviere jeweils eine eigene Streckenliste und ein eigener Rehwildabschussplan abgegeben werden. Das EJR Luisenburg habe die Revier-Nr. 66, das GJR Wunsiedel-Katharinenberg die Revier-Nr. 67. Beide Reviere würden sich in der Rehwildgemeinschaft Wunsiedel befinden. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2013 wurden die Widersprüche zurückgewiesen. Nach der Richtlinie des ehemaligen Spitzenverbandes der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung setze die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft für Unternehmen in der Satzung einen Grundbeitrag fest. Nur ein Grundbeitrag sei zu zahlen, sofern ein Unternehmen aus mehreren Bestandteilen bestünde. Diese Vorgabe habe im Sinne einer bundeseinheitlichen Vorgehensweise umgesetzt werden müssen. Nach der ab 1. Januar 2013 geltenden Satzung würden sich die Beiträge je Unternehmen aus einem Grundbeitrag und einem Umlagebeitrag zusammensetzen. Lediglich für Nebenunternehmen seien keine gesonderten Beiträge zu erheben. Entscheidend für die Frage, was als einzelnes Unternehmen a...

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