Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung eines im europäischen mitgliedstaatlichen Ausland lebenden Rentenbeziehers. Krankenversicherungspflicht im Wohnmitgliedstaat
Orientierungssatz
1. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird nach Art 177 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (juris: EWGVtr) angerufen, vorab über folgende Frage zu entscheiden:
Verstößt es gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaft, dass die Beklagte es ablehnt, dem Kläger, der eine Regelaltersrente von der Beklagten erhält, einen Zuschuss zu den Aufwendungen für seine niederländische Krankenversicherung zu gewähren?
2. Nach der Entscheidung des EuGH wurde das Verfahren durch Anerkenntnis beendet.
Tenor
Verstößt es gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaft, daß die Beklagte es ablehnt, dem Kläger, der eine Regelaltersrente von der Beklagten erhält, einen Zuschuß zu den Aufwendungen für seine niederländische Krankenversicherung zu gewähren?
Gründe
Streitig ist die Gewährung eines Beitragszuschusses zur Krankenversicherung.
Der 1930 geborene niederländische und in den Niederlanden wohnhafte Kläger erhielt ab 01.03.1991 von der Beklagten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von netto monatlich 1.070,13 DM, zuzüglich eines Zuschusses zur Krankenversicherung von 6,4 % der Rente (Bescheid vom 11.02.1993). Nachdem der niederländische Versicherungsträger in H... mitgeteilt hatte, daß der Kläger in den Niederlanden gegen Krankheit versichert sei, wurden ihm mit Schreiben der Beklagten vom 18.06.1993 die einbehaltenen Eigenanteile zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) ausgezahlt, weil er wegen einer vorrangigen Krankenversicherung in den Niederlanden versicherungsfrei sei.
Durch Bescheid vom 07.09.1995 gewährte die Beklagte dem Kläger antragsgemäß ab 01.09.1995 anstelle der bisherigen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit Regelaltersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres in Höhe von monatlich 1.335,36 DM.
Außerdem erhält der Kläger nach seinen Angaben ab August 1995 eine niederländische Altersrente.
Mit Schreiben vom 21.11.1996 beantragte der Kläger, ihm analog §§ 106 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI), 249 a SGB V in Verbindung mit (i. V. m.) Artikel (Art.) 10 der Verordnung der EWG (EWG-VO) Nr. 1408/71 einen Zuschuß zu den Aufwendungen für seine Krankenversicherung in Höhe des Betrages zu gewähren, der als Beitrag für die KVdR zu zahlen ist. Er erhalte keinen Zuschuß zu seiner niederländischen Krankenversicherung. Da er eine deutsche Rente beziehe, habe er Anspruch auf den beantragten Zuschuß. Eine Ablehnung der Leistung würde gegen Art. 10 Abs. 1 EWG-VO Nr. 1408/7 1 und Art. 51 des EWG-Vertrages verstoßen. Jedem Rentner, der in der Bundesrepublik Deutschland in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sei, werde gemäß § 249 a SGB V die Hälfte der Beiträge zur Krankenversicherung gezahlt, unabhängig davon, in welchem EU-Staat er wohne. Außerdem erhalte jeder Rentner, der in der Bundesrepublik freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sei oder in einem EU-Staat eine private Krankenversicherung abgeschlossen habe, gemäß § 106 SGB VI einen Zuschuß zur Versicherung. Von diesem Zuschuß seien lediglich die Rentner ausgeschlossen, die in einem anderen EU-Staat wohnten und dort pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung seien. Darin liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 EWG-VO Nr. 1408/71. Nach Art. 10 der EWG-VO Nr. 1408/71 dürften Geldleistungen, die bei Alter nach den Vorschriften eines Mitgliedslandes gewährt werden, nicht deswegen ausgeschlossen sein, weil der Berechtigte in einem anderen Mitgliedsland wohne. Darüber hinaus könne nicht gebilligt werden, daß Rentner, die in Deutschland in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert seien, einen Zuschuß nach § 249 a SGB V erhielten, wogegen Rentner in einem anderen EU-Staat keinen Anspruch auf diese Leistung hätten. Er sei verpflichtet, in den Niederlanden Mitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung zu werden, und habe keine Möglichkeit, eine Versicherung einzugehen, die zu einem Zuschuß in der Bundesrepublik Deutschland berechtige. Die entgegenstehenden deutschen Gesetze beinhalteten eine versteckte Diskriminierung im Sinne des Art. 7 Abs. 1 EWG-Vertrag. Denn obgleich durch diese Regelungen nicht ausdrücklich nur Ausländer ausgeschlossen würden, regelten sie einen Sachverhalt, der typischerweise Ausländer benachteilige. Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen die Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Sinne des Art. 48 des EWG-Vertrages vor. Sein monatlicher Krankenversicherungsbeitrag betrage 158,02 holländische Gulden.
Durch Bescheid vom 09.01.1997 lehnte die Beklagte die Zahlung des beantragten Beitragszuschusses gemäß § 106 SGB VI ab. Als Bezieher einer deutschen und einer niederländischen Rente unterliege der Kläger gemäß Art. 27 der EWG-VO Nr. 1408/71 der Krankenversicherungspflicht nach niederländischen Rechtsvorschriften...