Nachgehend

BSG (Beschluss vom 23.02.2021; Aktenzeichen B 14 AS 261/20 B)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Ablehnung eines Überprüfungsantrags nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich einer endgültigen Leistungsfestsetzung mit einer damit verbundenen Erstattungsforderung.

Die Klägerin stand im laufenden Leistungsbezug. Die Beklagte bewilligte ihr für die Zeit vom 01.05.2011 bis 30.11.2011 Alg II. Die Bewilligung erfolgte vorläufig, weil die Klägerin Einkommen in schwankender Höhe erzielte.

Mit Bescheid vom 03.11.2011 setzte die Beklagte die Leistungshöhe für den Zeitraum von Mai bis Oktober 2011 endgültig fest. Mit weiterem Bescheid vom 03.11.2011 forderte sie gem. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) i.V.m. § 328 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) die Erstattung von insgesamt 1411,32 EUR.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2012 änderte die Beklagte die endgültige Leistungshöhe und reduzierte den Erstattungsbetrag auf 1373,08 EUR. Im Übrigen wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klägerin beantragte am 18.12.2013 die Überprüfung der Bescheide vom 03.11.2011 nach § 44 SGB X.

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Überprüfung der Bescheide ab. Sozialleistungen könnten rückwirkend nur für ein Jahr erbracht werden, § 40 Abs.1 Satz 2 SGB II a.F. i.V.m. § 44 Abs. 4 SGB X. Der Überprüfungsantrag sei am 18.12.2013 gestellt worden, so dass eine Überprüfung nur für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.12.2012 in Betracht komme (Bescheid vom 23.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2015).

Die Klägerin hat am 25.01.2016 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt, dass die Jahresfrist nur für die nachträgliche Leistungsgewährung, nicht aber für sonstige rechtswidrige Verwaltungsakte, wie beispielsweise Aufhebungs- und Erstattungsbescheide, gelte. Dies ergebe sich auch aus der Gesetzesbegründung. Die Neuregelung des § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II sei mit dem Rückgriff auf den Aktualitätsgrundsatz begründet worden. Eine endgültige Leistungsfestsetzung, die mit einer Erstattungsforderung verbunden sei, sei wie ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid zu behandeln, so dass die Jahresfrist nicht gelte.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 23.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Bescheide vom 03.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2012 zurückzunehmen und der Klägerin für die Zeit vom 01.05.2011 bis 30.11.2011 endgültig höhere Leistungen festzusetzen und den Erstattungsbescheid vom 03.11.2011 entsprechend aufzuheben,

hilfsweise,

die Sprungrevision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass es bei den zu überprüfenden Bescheiden nicht um eine Aufhebung und Erstattung gehe. Es handele sich vielmehr um eine endgültige Festsetzung der Leistungen und eine daraus resultierende Erstattungsforderung. Der endgültige Festsetzungsbescheid ersetze die vorläufige Bewilligung und zwar unabhängig davon, ob aus ihm eine Nachzahlung oder Erstattung resultiere. § 328 Abs.3 SGB III enthalte eine spezialgesetzliche Regelung für die Behandlung vorläufig erbrachter Leistungen. Diese Ausnahmebestimmung könne nicht mit der Aufhebung oder Rücknahme von Leistungen verglichen werden. Im Übrigen habe die Klägerin die Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 03.11.2011 nicht dargelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid erweist sich als rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Bescheide vom 03.11.2011 hinsichtlich der endgültigen Leistungsfestsetzung und der damit verbundenen Erstattungsforderung  zurückzunehmen.

Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge  zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. i.V.m. § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X werden Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von einem Jahr vor der Rücknahme erbracht.

Eine Abänderung der mit Bescheid vom 03.11.2011 getroffenen Entscheidung zur endgültigen Leistungshöhe für die Zeit vom 01.05.2011 bis 31.10.2011 kann bereits infolge des Zeitablaufs nach § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. i.V.m. § 44 Abs...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge