Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Einkommenseinsatz. Pflegegeld aus gesetzlicher Unfallversicherung. Kostenbeitrag. keine Anwendung des § 13 Abs 5 S 1 SGB 11. keine zweckbestimmte Leistung

 

Orientierungssatz

1. Pflegegeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung gem § 44 SGB 7 stellt Einkommen iS des § 82 Abs 1 SGB 12 dar.

2. Bei den Leistungen nach § 44 SGB 7 handelt es sich nicht um Pflegegeld iS des § 43a SGB 11, so dass § 13 Abs 5 S 1 SGB 11 keine Anwendung findet.

3. Der Anrechnung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 82 Abs 1 SGB 12 als Einkommen steht die Regelung des § 83 SGB 12 nicht entgegen. Zwar handelt es sich bei dem Pflegegeld der Unfallkasse um eine aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbrachte Leistung iS des § 83 Abs 1 SGB 12, jedoch besteht zwischen dem Pflegegeld der gesetzlichen Unfallversicherung und der Sozialhilfe Zweckidentität iS des § 83 Abs 1 SGB 12, da beide der Unterhaltssicherung bzw der Sicherstellung des Lebensunterhalts dienen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines sog. Kostenfestsetzungsbescheides auf der Grundlage von § 92 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).

Der Kläger erhält seit dem 29.08.2004 vom Beklagten Sozialhilfe in Gestalt der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53 ff. SGB XII. Die Landesunfallkasse Nordrhein-Westfalen (NRW) gewährte dem Kläger in der Zeit vom 29.08.2004 bis zum 30.04.2007 Leistungen bei Pflegebedürftigkeit gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) in Höhe von monatlich 589,72 Euro. Mit Schreiben vom 22.02.2007 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er beabsichtige, diese Leistungen auf die von ihm gewährte Sozialhilfe nach § 92 SGB XII anzurechnen. Er werde daher die Pflegegeldleistungen, die seit der stationären Unterbringung monatlich an den Kläger gezahlt werden, im Rahmen eines Leistungsbescheides zurückfordern.

Mit Bescheid vom 11.04.2007 forderte der Beklagte von dem Kläger eine Kostenbeteiligung in Höhe von einmalig 18.871,04 Euro für den Zeitraum vom 29.08.2004 bis zum 30.04.2007.

Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 30.04.2007 Widerspruch. Gemäß § 13 Abs. 5 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) seien Leistungen der Pflegeversicherung nicht auf die Sozialhilfe anzurechnen. Allenfalls könne infolge § 43 a SGB XI ein Betrag in Höhe von 256,00 Euro monatlich berücksichtigt werden. Im Übrigen habe er bereits 2004 mitgeteilt, dass Pflegegeld in Höhe von 589,90 Euro an ihn gezahlt werde.

Mit Änderungsbescheid vom 08.10.2007 hob der Beklagte den Bescheid vom 11.04.2007 teilweise auf und forderte von dem Kläger lediglich noch eine Kostenbeteiligung für den Zeitraum 01.03.2007 bis 30.04.2007 in Höhe von insgesamt 1179,44 Euro. Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 28.02.2008 hob der Beklagte den Ausgangsbescheid vom 11.04.2007 erneut teilweise bezüglich der Abwesenheitstage des Klägers auf.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 wies der Beklagte im Übrigen den Widerspruch des Klägers vom 30.04.2007 zurück. Bei den diesem gewährten Leistungen der Landesunfallkasse NRW handele es sich um einsetzbares Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 SGB XII. Es sei eben kein Pflegegeld gemäß § 43 a SGB XI. Aus diesem Grund finde die Regelung des § 13 Abs. 5 Satz 1 SGB XI keine Anwendung. Des Weiteren komme eine Freilassung der Leistungen auch nicht gemäß § 83 Abs. 1 SGB XII in Betracht.

Dagegen hat der Kläger am 10.06.2008 Klage erhoben. Dabei bezieht er sich im Wesentlichen auf seine Rechtsauffassung im Widerspruchsverfahren.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 11.04.2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 08.10.2007 und vom 28.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2008 aufzuheben,

hilfsweise den Bescheid vom 11.04.2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 08.10.2007 und vom 28.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2008 aufzuheben, soweit dort ein Kostenbeitrag über den Betrag in Höhe von 256,00 Euro monatlich gefordert wird,

hilfsweise die Berufung zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Berufung zuzulassen.

Er hält den angefochtenen Bescheid vom 11.04.2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 08.10.2007 und 28.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2008 für rechtmäßig. Bzgl. seiner Rechtsauffassung verweist er im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008.

Im Erörterungstermin am 28.05.2010 haben sich die Beteiligten dahingehend geeinigt, dass der Beklagte die Abwesenheitszeiten des Klägers in seiner Aufstellung vom 29.04.2008 (Blatt 531 der Verwaltungsakte des Beklagten) zutreffend berücksichtigt hat. In der mündlichen Verhandlung am 20.04.2011 hat der Beklagte erklärt, dass er bei einer rech...

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