Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. Nettolohnoptimierung. Gewährung von Zuwendungen in Form von Berufskleidung, Essensmarken, Gurtscheinen einer Internetpauschale und Fahrtkostenzuschüssen anstelle einer Entgeltzahlung. keine Anrechnung auf Mindestlohn. Mindestlohnunterschreitung. Mindestlohn ist Entgeltzahlung in Form von Geld
Orientierungssatz
1. Bei den anstelle einer Entgeltzahlung an Mitarbeitende geleisteten Zuwendungen in Form von Berufskleidung, Essensmarken, Gurtscheinen einer Internetpauschale und Fahrtkostenzuschüssen handelt es sich nicht um auf den Mindestlohnanspruch anrechenbare Leistungen des Arbeitgebers.
2. Der Mindestlohn ist grundsätzlich eine Entgeltzahlung in Form von Geld (vgl BAG vom 25.5.2016 - 5 AZR 135/16 = BAGE 155, 202).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Klageverfahrens.
Der Streitwert wird endgültig auf 17.335,70 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 06.05.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2021. Darin erhebt die Beklagte gegenüber der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge iHv. 17.335,70 Euro bei Unterschreiten bzw. Nichtbeachtung des Mindestlohngesetzes ( MiLoG) aufgrund von Entgeltumwandlungen nach.
Hintergrund dafür ist eine Überprüfung im Jahr 2019 gemäß § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) i.V.m. § 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) . Dabei wurden Ermittlungsergebnisse des Hauptzollamtes Münster, Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) H. (Az: 000) ausgewertet und festgestellt, dass die Klägerin für diverse Arbeitnehmer in der Zeit vom 01.11.2017 bis 31.07.2019 den Mindestlohn gem. § 1 MiLoG nicht gezahlt habe sowie Mindestlohnunterschreitungen bei geringfügig Beschäftigten mit der Folge des Eintritts von Versicherungspflicht zu korrigieren seien. Das gelte für die Zeit vom 01.11.2017 bis zum 31.07.2019. In diesem Zeitraum , in dem sich der gesetzliche Mindestlohn ab 01.01.2017 auf 8,84 EUR brutto bzw. seit dem 01.01.2019 auf 9,19 EUR brutto je Zeitstunde belief, habe die Klägerin durch sog. Nettolohnoptimierung einer Vielzahl ihrer Mitarbeiter statt Entgeltzahlung in Euro arbeitsvertraglich einheitlich vereinbarte Gutscheine, Essensmarken, Berufskleidung, Internetpauschale und Kostenersatz für Privatfahrten zugewandt. Dadurch sei bei namentlich dem Bescheid zu entnehmenden 21 Beschäftigten der zu zahlende Mindestlohn im Prüfzeitraum unterschritten. Auch seien die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer S.C. und T.T. im Prüfzeitraum versicherungsrechtlich als geringfügig Beschäftigte beurteilt und abgerechnet worden obwohl sie auf der Grundlage ihrer tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden sowie bei korrekter Anwendung des MiLoG bereits Entgeltansprüche oberhalb der jeweiligen Geringfügigkeitsgrenzen hatten.
Jeweils erfolgte die Gehaltsumwandlung durch arbeitsvertragliche Regelung. Exemplarisch dafür wird der im streitigen Betriebsprüfungszeitraum am 10.10.2018 mit Frau L. P.-M.. geschlossene Arbeitsvertrag zur Anstellung als Mitarbeiterin im Café der Klägerin wie folgt auszugsweise wieder gegeben:
"§ 3 Vergütung
Aufgrund der vorgesehenen Tätigkeit erhält die Mitarbeiterin eine vereinbarte monatliche Bruttovergütung, die sich wie folgt zusammensetzt:
I. 608,05 EUR, ab dem 01.04.2019 658,05 EUR
II. Darüber hinaus gewährt der Arbeitgeber folgende Leistungen, die nicht unter den Freiwilligkeitsvorbehalt fallen:
1. Gutscheine, Waren oder Dienstleistungsbezug
Der Arbeitgeber gewährt einen regelmäßigen Gutscheins-, Waren- oder Dienstleistungsbezug nach Wunsch des Arbeitnehmers. Arbeitgeber und Arbeitnehmer verständigen sich darauf, dass die Übergabe eines Gutscheins zusammen mit der monatlichen Lohnabrechnung zu erfolgen hat. Der Arbeitnehmer kann bis zum 30.11. eines jeden Jahres bestimmen, welche konkreten Waren, Dienstleistungen oder Gutscheine im Folgejahr beziehen möchte. An diese Wahl ist der Arbeitnehmer für das folgende Kalenderjahr gebunden. Unterjähriger Änderungen sind nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich.
Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer wirken darauf hin, dass der Gegenwert der bezogenen Ware, Dienstleistung oder des Gutscheines im jeweiligen Monat 44,00 EUR nicht übersteigt.
Sollte der Gegenwert 44,00 EUR übersteigen, wird der Wert der Besteuerung unterworfen und mit Sozialabgaben belastet. Eventuelle Nachzahlungen an Lohnsteuer sowie den Arbeitnehmeranteil an der Sozialversicherung trägt der Arbeitnehmer.
2. Essensmarken
Der Arbeitgeber gewährt dem Arbeitnehmer zum Bezug von arbeitstäglich einem Mittagessen entsprechende Wertschecks zur Einlösung. Insgesamt werden 15 Wertschecks je Monat an den Arbeitnehmer ausgegeben im Rahmen der Steuerfreiheit gemäß R 8.1 Abs. 7 Nr. 4 LStR 2008 (zurzeit max. 6,33 EUR). Der Arbeitnehmer verpflichtet sich hierbei im Rahmen der Lohnsteuerrichtlinien den entsprechenden Eigenbeitrag zu leisten (mindestens 3,23 EUR zur Zeit).
3. Berufskleidung
Der Arbeitgeber ersetzt dem Arbeitnehmer einen T...