Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenversicherung: Beitragspflicht beim Bezug von Versorgungsleistungen aus der Seemannskasse. Zulässigkeit der Nachberechnung von Versicherungsbeiträgen und der Verrechnung von Nachforderungen mit laufenden Versorgungsleistungen bei nachträglicher Änderung der Versorgungsleistung
Orientierungssatz
1. Wurden Versorgungsbezüge (hier: Überbrückungsgeld aus der Seemannskasse) in zu geringer Höhe ausbezahlt und später korrekt nachberechnet, so ist auch der für diese Versorgungsbezüge zu leistende Krankenversicherungsbeitrag entsprechend nachzuberechnen, ohne dass es dafür auf ein Verschulden des Beitragspflichtigen ankommt. Dabei kann eine sich aus der Nachberechnung ergebende Beitragsnachforderung grundsätzlich mit laufenden Leistungen aus den Versorgungsbezügen aufgerechnet werden.
2. Für die zeitliche Zulässigkeit der Nachberechnung eines Krankenkassenbeitrags infolge der Neuberechnung von Versorgungsbezügen ist auf die allgemeine sozialversicherungspflichtige Verjährungsfrist für Pflichtversicherungsbeiträge von vier Jahren abzustellen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des rückwirkenden Einbehalts höherer Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung aus Versorgungsbezügen nach Neuberechnung von Überbrückungsgeld als Leistung an den Kläger aus der bei der Beklagten bestehenden Seemannskasse im Zeitraum vom 12.01.2016 bis 28.02.2017.
Der Kläger ist am 00.00.1956 geboren. Er ist ehemaliger Seemann. Nach Ende der aktenkundigen letzten seemännischen Beschäftigung bei der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger( DGzRS) bezog er nach Maßgabe der Satzung der Seemannskasse (SSmK) angesichts Landtätigkeiten aufgrund Bescheid der Beklagten vom 27.03.2012 seemännisches Überbrückungsgeld. Zudem ging er dann wechselnden Beschäftigungen bei verschiedenen Unternehmen im In- und Ausland mit in ihrer Höhe schwankenden Einnahmen nach. Mittlerweile wurde ihm von der Beklagten auch die Altersrente für langjährig Versicherte nach dem SGB VI antragsgemäß bewilligt.
Im hier streitigen Zeitraum ab Januar 2016 war der Kläger bei der W. GmbH in N. im Bewachungsgewerbe nach Aktenlage versicherungspflichtig abhängig Beschäftigter. Nach eigenen Angaben der Beklagten wurde erst durch eine Meldung der zuständigen gesetzlichen Krankenkasse, ebenfalls bei der Knappschaft, im Januar 2017 festgestellt, dass das Einkommen aus der Beschäftigung bereits seit 12.01.2016 geringer ( als zuvor) ausgefallen sei, so dass seitdem der Versorgungsbezug nach Satzung der Seekasse in voller Höhe der Beitragspflicht unterliege. Das Überbrückungsgeld wurde sodann ab 01.03.2017 neu berechnet und durch Bescheid vom 23.01.2017 von der Beklagten zudem eine Nacherhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung aus dem Überbrückungsgeld ab dem 12.01.2016 in rückwirkend geänderter Höhe verfügt. Als nacherhobenen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung aus dem Versorgungsbezug (Überbrückungsgeld aus der Seemannskasse) für die Zeit vom 12.01.2016 bis 28.02.2017 fordert sie im Bescheid vom 23.01.2017 insgesamt 849,32 Euro vom Kläger.
Dieser widersprach dem am 30.01.2017 und führte in seinem vom 26.01.2017 datierenden Widerspruch u.a. aus, die Abrechnung hinsichtlich der Auszahlung des Überbrückungsgeldes sei zu überprüfen. Am 30.12.2016 seien nicht wie angegeben 1.187,29 Euro, sondern 631,14 Euro ausgezahlt worden. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, dass eine veränderte Berechnungsgrundlage erst ein Jahr später und dann rückwirkend berücksichtigt werden solle. Das sei ein eindeutiger Fehler bei der Beklagten. Die Verantwortung für die Einbehaltung und Weiterleitung der Beiträge zur Krankenkasse liege allein bei der Rentenversicherung. Hier greife kraft Gesetzes eine einjährige Verjährungsfrist für zu viel gezahlte Beiträge ein.
Durch Widerspruchsbescheid vom 16.03.2017 wies die Beklagte den Rechtsbehelf als unbegründet zurück. Die Rechtsgrundlage der Satzung der Seemannskasse (SSmk) ergäbe sich aus § 137b ff. SGB VI. Die Leistungen der Seemannskasse unterlägen als Versorgungsleistungen grundsätzlich nach § 229 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und nachfolgend auch der Pflegeversicherung. Die Feststellung der Beitragspflicht von Versorgungsbezügen sowie die Festsetzung des zu berücksichtigenden Beitragssatzes obliege der zuständigen Krankenkasse, hier der Knappschaft. An deren Feststellungen sei sie als Trägerin der Seemannskasse gemäß § 256 SGB V gebunden. Unterbleibe bei der Zahlung des Versorgungsbezuges die Einbehaltung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung, so seien rückständige Beiträge gemäß § 255 Abs. 2 und § 256 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 60 Abs. 1 SGB XI vom Versorgungsbezieher nachzufordern. Auf ein etwaiges Verschulden des Versorgungsträgers oder die Prüfung eines Vertrauensschutzes komme es nicht an, da die Vorschriften der §§ 45 ff Zehntes Buch ...