Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Kostenübernahme durch den Rentenversicherungsträger für ambulante ärztliche bzw zahnärztliche Behandlung eines nicht krankenversicherten Sozialhilfeempfängers während einer Drogenentwöhnungsbehandlung
Orientierungssatz
1. § 13 Abs 2 Nr 1 Halbs 2 SGB 6 regelt die Ausnahme von einer Ausnahme oder einen speziellen Ausnahmetatbestand zu der allgemeinen Ausschlussklausel (Rückausnahme) mit der Folge, dass entgegen des Verbotes des ersten Halbsatzes der Rentenversicherungsträger berechtigt ist, Leistungen zur akuten Behandlung einer Krankheit zu erbringen, wenn diese während der medizinischen Leistung zur Rehabilitation auftritt (Anschluss an BSG vom 13.1.1999 - B 13 RJ 33/98 R = SozR 3-2600 § 13 Nr 2).
2. Der Rentenversicherungsträger hat bei fehlendem Krankenversicherungsschutz des Versicherten im Rahmen des § 13 SGB 6 nicht für alle während der Rehabilitation (hier: Drogenentwöhnungsbehandlung) erforderlich werdenden ambulanten ärztlichen bzw zahnärztlichen Leistungen aufzukommen.
3. Eine Pflicht zur Übernahme von ambulanten Behandlungen kann sich allein im Rahmen einer Ermessensreduzierung auf Null aus § 13 Abs 1 SGB 6 ergeben.
Tatbestand
Streitig ist die Erstattung von Kosten für ambulante, insbesondere zahnärztliche, Behandlungen des Beigeladenen während einer Drogenentwöhnungstherapie.
Der Beigeladene ist ... 1974 geboren und bei der Beklagten gesetzlich rentenversichert. Bei ihm besteht eine multiple Drogenabhängigkeit und zusätzlich eine chronische Virushepatitis C. Der Beigeladene ist nicht mehr in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Im Januar 1999 beantragte er bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Drogenentwöhnungsbehandlung. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich in der Justizvollzugsanstalt (JVA) in B-B. Mit Bescheid vom 17.05.1999 gewährte die Beklagte für den Beigeladenen eine stationäre Behandlung als medizinische Reha-Maßnahme nach dem Recht des Sozialgesetzbuches VI (SGB VI) in der Einrichtung C/L, Fachklinik für Suchtkranke in B. Tatsächlich war der Beigeladene dann vom 12.10.1999 bis 10.04.2000, unter Freistellung aus der JVA, in der Behandlungsstätte im ostwestfälischen L. Während dieser Zeit suchte der Beigeladene wegen weiterer Erkrankungen, insbesondere zum Zwecke diverser Zahnbehandlungen, mehrere Ärzte in Bad R und V auf. Nachweislich ist er bei einem Hautarzt, einem HNO-Facharzt und einem Zahnarzt behandelt worden und nahm im übrigen Leistungen eines zahntechnischen Labors in Anspruch zwecks Sanierung des Zahnstatus. Für diese Arztkosten wegen ambulanter Behandlungen ist der Kläger als der, für den 1. Wohnsitz des Beigeladenen zuständige, örtliche Träger der Sozialhilfe nach § 37 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) im Wege der Krankenhilfe vorab eingetreten, eben weil eine gesetzliche Krankenversicherung des Beigeladenen nicht mehr bestand. Die Kosten wurden dabei ursprünglich von der Therapieeinrichtung L vorgestreckt und sodann vom Kläger übernommen. Für ambulante ärztliche Behandlungen und Arzneikosten entstanden dabei während der stationären Reha-Maßnahme Kosten in Höhe von insgesamt 2.978,97 DM. Der Kläger hat sodann mit Schreiben vom 09.05.2000 bei der Beklagten für diese Aufwendung der Krankenhilfe den o.g. Betrag im Wege eines Erstattungsanspruches nach den §§ 103 ff. SGB X angemeldet und die Beklagte unter Fristsetzung von vier Wochen zur Überweisung auf eines seiner Konten aufgefordert. Die Beklagte hat dies mit Schreiben vom 26.05.2000 abgelehnt. Sie führt im Ablehnungsschreiben aus, dass nach Auffassung der Rentenversicherungsträger aus der Vorschrift des § 13 Abs. 2 Nr. 1 2. Halbsatz SGB VI folge, dass die Durchführung von Akutbehandlungen bzw. die Verpflichtung zur Übernahme der Behandlungskosten bei fehlendem Krankenversicherungsschutz nicht dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung aufzuerlegen sei. Mehrere dazu ergangene Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom Januar 1999 seien nicht als gesicherte Rechtsprechung anzusehen. Die Rentenversicherungsträger träfe vielmehr im Gegenteil keine Zuständigkeit für derartige akute Behandlungsmaßnahmen während einer von ihnen getragenen medizinischen Reha-Leistung.
Daraufhin hat der Kläger am 19.07.2000 diese Erstattungsklage anhängig gemacht. Er meint, es sei unverständlich und nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte mehreren einschlägigen Entscheidungen des BSG vom Januar 1999 keine Folge leiste. Nach Einschätzung des Klägers ist für die hier streitige ärztliche Behandlung die Leistungspflicht der Beklagten nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 2. Halbsatz SGB VI i. V. m § 13 Abs. 3 SGB VI gegeben. Daher sei die Beklagte ihm im Wege des § 104 SGB X zur Erstattung verpflichtet.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm die in der Zeit vom 12.10.1999 bis 10.04.2000 angefallenen Kosten ambulanter ärztlicher Behandlungen des Beigeladenen in Höhe von 2.978,97 DM, zuzüglich Zinsen nach § 108 Abs. 2 SGB X, zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
S...