Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der Bewilligung höherer Leistungen der Grundsicherung bei Erledigung des Bedarfs des Leistungsberechtigten

 

Orientierungssatz

Ist der Anspruch auf Neubescheidung bewilligter Leistungen der Grundsicherung zwischenzeitlich entfallen, so genügt es zur Begründetheit einer Verpflichtungsklage nicht, lediglich einen Ermessensfehler festzustellen. Bei einer Erledigung des Bedarfs, z. B. weil der Leistungsempfänger den Bedarf selbst gedeckt hat, kommt eine Neubescheidung nicht mehr in Betracht.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 22.04.2021; Aktenzeichen B 4 AS 394/20 B)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten höhere Leistungen nach dem SGB II für die Erstausstattung anlässlich der Geburt ihres L. J.. Der Beklagte bewilligte nach seiner Richtlinie eine Pauschale in Höhe von 260,- € gemäß Bescheid vom 14.07.2011, Anlage K 1, Bl. 18 d.A. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid vom 10.02.2012 (W 1187/11), Bl. 857 VA, verwiesen.

Die Klägerin ist der Auffassung, eine höhere Pauschale sei zu gewähren, bereits dann, falls sich Pauschalbeträge zum jeweiligen Anschaffungsgegenstand als nicht belastbar erweisen würden. Zum Nachweis konkreter Kosten legte die Klägerseite Unterlagen gemäß dem Anlagenkonvolut K 2 vor. Insoweit wird auf Bl. 41 ff. d.A. verwiesen. Der Bon über 165,- € belege Ausgaben für das Kinderbett. Der Bon über 60,- € belege Ausgaben für eine Wickelkommode. Die Klägerin wurde insoweit angehört, wobei sie auf Nachfragen ausgeführt hat, sie könne selbst nicht umfassend zur Aufklärung beitragen, da dies Herr F. geregelt habe.

Sie beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14.07.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2012 (W 1187/11) zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Leistungen die Erstausstattung bei der Geburt unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,

hilfsweise

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14.07.11 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.12 (W 1187/11) zu verpflichten, der Klägerin Leistungen für die Erstausstattung bei der Geburt in der gesetzlichen Höhe zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bestreitet den Nachweis konkreter Kosten nach dem Anlagenkonvolut K2

Der Beklagte trägt vor, die Klägerin habe konkret angefallene höhere Kosten nicht nachgewiesen. Die 165,- € und 60,- € würden sich auf den Kinderwagen gemäß der Rechnung vom 21.09.2011 (Bl. 43 d.A.) beziehen.

Im Übrigen wird zum Sach- und Streitstand auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.

Anspruchsgrundlage ist § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 5, 6 SGB II.

Der Klägerseite ist zuzugeben, dass es sich um eine Ermessensleistung handelt, mit der Folge, dass bei einer nicht dem § 24 Abs. 3 Satz 6 SGB II entsprechenden Pauschalierung der Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet werden könnte.

Jedoch genügt es bei einer Verpflichtungsklage nicht, lediglich einen Ermessensfehler festzustellen, wenn der Anspruch auf Neubescheidung zwischenzeitlich entfallen ist. So liegt der Fall hier.

Bei dieser Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Daraus folgt, dass sich bei einer Erledigung des Bedarfs, etwa weil das Kind nun älter geworden ist und/oder der Leistungsempfänger den Bedarf selbst gedeckt hat, eine Neubescheidung nicht mehr in Betracht kommt. Dies erschließt sich auch anhand folgender Überlegung: Dem Beklagten wäre es bei einer erfolgreichen Bescheidungsklage auch möglich Sachleistungen zu erbringen. Diese Leistungen aber könnte er davon abhängen machen, dass er vorher noch einen entsprechenden Bedarf feststellt und nur insoweit Leistungen erbringt.

Ein noch bestehender, mit der Pauschale nicht abgegoltener Bedarf ist nicht plausibel. Es handelt sich um das dritte Kind der Klägerin. Sohn A. wurde am 02.07.2004 geboren. Das Kind L. J. A. wurde am 25.11.2011 geboren. Das ist über 2 Jahre her. Der kaum plausible und widersprüchliche Vortrag zu konkreten Kosten zeigt, dass die Klägerseite den Bedarf womöglich anderweitig und nicht zwingend aus der Regelleistung gedeckt hat. Käufer des Kinderwagens ist gemäß der Rechnung vom 21.09.2011 Herr F. (Bl. 43 d.A.), der gemäß dem Beweisantrag der Klägerseite allerdings im Ergebnis nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören soll. Entsprechend können seine Ausgaben zunächst kein Bedarf der Klägerin sein. Die Klägerin konnte nicht plausibel darlegen, Ausgaben für ein Kinderbett und eine Wickelkommode zu haben oder sich diese noch anschaffen zu müssen. Die Belege auf Bl. 44 d.A. beziehen sich auf die Rechnung für den Kinderwagen, eindeutig nicht auf ein Bett oder eine Wickelkommode.

Den Betrag in Höhe von 260,- ...

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