Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vorläufige Bewilligung. Erstattungsanspruch nach abschließender Entscheidung. analoge Anwendung der Jahresfrist des § 45 Abs 4 S 2 SGB 10
Orientierungssatz
Die Jahresfrist des § 45 Abs 4 S 2 SGB 10 ist auf die endgültige Festsetzung und Erstattung nach § 328 Abs 3 SGB 3 entsprechend anzuwenden.
Tenor
1. Auf den Überprüfungsantrag der Kläger wird der Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2015 verurteilt, die endgültigen Festsetzungsbescheide vom 14.03.2013 und die Erstattungsbescheide vom 03.06.2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 10.09.2013 beziehungsweise 11.09.2013 zurückzunehmen.
2. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger auf Antrag zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die endgültige Leistungsfestsetzung sowie die damit einhergehende Erstattungsforderung nach vorheriger vorläufiger Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II).
Die Kläger bildeten u.a. im Jahre 2008 eine Bedarfsgemeinschaft i.S.d. SGB II. Der Kläger zu 2) ging einer selbstständigen Tätigkeit als Einzelhandelskaufmann nach. Auf den Fortzahlungsantrag der Kläger vom 20.11.2007 (Bl. 235 d.VA) bewilligte der Beklagte mit Bescheid 12.12.2007 (Bd. II d.VA vorgeheftet) vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum 01.01.2008 bis 30.06.2008. Als Grund für die vorläufige Bewilligung gab der Beklagte im betreffenden Bescheid an, dass die tatsächlichen Einkommensverhältnisse des Klägers zu 2) noch nicht absehbar seien. Im Rahmen der vorläufigen Bescheidung berücksichtigte der Beklagte - nach Abzug der Freibeträge - ein monatliches Erwerbseinkommen des Klägers zu 2) aus Selbstständigkeit i.H.v. 398,24€. Diese Einkommenshöhe entsprach der Selbsteinschätzung des Klägers zu 2) (Bl. 238RS d.VA).
Auf einen weiteren Fortzahlungsantrag vom 20.05.2008 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 23.06.2008 (Bd. II d.VA vorgeheftet) Leistungen für den Zeitraum vom 01.07.2008 bis 31.12.2008, wobei die Leistungsbewilligung erneut im Hinblick auf das nichtabschätzbare Einkommen des Klägers zu 2) vorläufig erfolgte. Mit diesem Bescheid teilte der Beklagte darüber hinaus mit, dass der Kläger zu 2) gehalten sei, bis zum 29.02.2008 sein tatsächliches Einkommen nachzuweisen, da anderenfalls das Einkommen geschätzt werden könnte. Hinsichtlich des in der vorläufigen Bewilligung angerechneten Einkommens i.H.v. 332,71€ monatlich orientierte sich der Beklagte an einer betriebswirtschaftlichen Auswertung für die Monate Januar bis April 2008 (Bl. 290RS d.VA).
Bezüglich des zeitlich ersten Zeitraums legte der Kläger zu 2) am 04.09.2008 (Bl. 450 d.VA) die abschließenden Angaben über seine Einkommensverhältnisse vor. Hinsichtlich des zweiten Zeitraums wurden die Angaben mit einem am 26.02.2009 unterschrieben Formblatt vorgelegt (Bl. 482 d.VA).
Im März 2013 ermittelte der Beklagte aus den vorgenannten abschließenden Angaben für den Zeitraum Januar 2008 bis Juni 2008 ein anrechenbares - nach Abzug der Freibeträge - monatliches Einkommen des Klägers zu 2) i.H.v. 461,46€ (Bl. 499 d.VA) und für den Zeitraum Juli 2008 bis Dezember 2008 ein anrechenbares monatliches Einkommen i.H.v. 806,90€ (Bl. 502 d.VA). Mit Bescheiden vom 14.03.2013 (Bl. 505ff. d.VA bzgl. Januar - Juni 2008 und Bl. 510ff. d.VA bzgl. Juli bis Dezember 2008) setzte der Beklagte die Leistungen für die Zeiträume Januar bis Juni 2008 und Juli bis Dezember 2008 endgültig fest, wobei das gegenüber den vorläufigen Bescheiden erhöhte Einkommen des Klägers zu 2) berücksichtigt wurde. Ein Widerspruch wurde seitens der Kläger zunächst nicht erhoben.
Mit Bescheiden vom 03.06.2013 (Bl. 536 ff. d.VA) verlangte der Beklagte die aufgrund der Bescheide vom 12.12.2007, 23.06.2008, 13.10.2008 und 17.11.2008 ausgekehrten vorläufig bewilligten Leistungen teilweise zurück, wobei die Höhe der Rückforderung der Differenz zwischen vorläufigem und endgültig festgesetzten Leistungsanspruch entsprach.
Am 14.06.2013 legten alle Kläger gegen den jeweilig an sie gerichteten Erstattungsbescheid Widerspruch ein (Bl. 549ff. d.VA). Zur Begründung führten die Kläger aus, dass sie auf den Bestand der vorläufigen Bewilligung vertraut hätten. Die Widersprüche wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 10.09.2013 und 11.09.2013 (Bl. 558ff. d.VA) mit der Begründung zurück, dass eine Rechtswidrigkeit der Erstattungsbescheide nicht zu erkennen sei, da die Rückforderung mit der Differenz zwischen der vorläufig erbrachten und der endgültig festgesetzten Leistung übereinstimme. Eine Überprüfung der endgültigen Festsetzungsbescheide fand unter Hinweis auf deren Bestandskraft nicht statt.
Die Kläger erhoben am 14.10.2013 Klage gegen die jeweils gegen sie gerichteten Erstattungsbescheide, welche bei Gericht unter den Aktenzeichen S 14 AS 1507/13 und S 14 AS 1508/13 erfasst wurden. Nach Akteneinsicht teilten die Kläger ...