Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Antrag auf Überprüfung eines Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit ohne Darlegung von Gründen. keine Pflicht des Leistungsträgers zur inhaltlichen Prüfung. Möglichkeit zur Nachbesserung bis zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung
Leitsatz (amtlich)
1. Beantragt ein Leistungsberechtigter die Überprüfung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts auf seine Rechtmäßigkeit, muss der Sozialleistungsträger zumindest in die Lage versetzt werden, bestimmen zu können, warum der zur Überprüfung gestellte Verwaltungsakt rechtswidrig ist (Anschluss an BSG vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R = BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28 RdNr 14, vom 28.10.2014 - B 14 AS 39/13 R = SozR 4-1300 § 44 Nr 31 RdNr 15 sowie vom 14.3.2012 - B 4 AS 239/11 B RdNr 6).
2. In eine solche Lage wird der Sozialleistungsträger regelmäßig nicht versetzt, wenn ein anwaltlich vertretener Leistungsberechtigter lediglich die "Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom ..." beantragt, ohne näher darzulegen, aus welchen konkreten Gründen der zu überprüfende Verwaltungsakt rechtswidrig sein soll.
3. Es genügt nicht, wenn der Leistungsberechtigte eine Nachbesserung des bis dahin unbestimmten Antrags erst im Klageverfahren vornimmt. Für die Beurteilung, ob die formellen Erfordernisse eines solchen Antrags vorliegen, der überhaupt erst eine Prüfpflicht des Leistungsträgers auslöst, ist auf die zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu diesem Überprüfungsantrag vorgetragenen tatsächlichen und/oder rechtlichen Anhaltspunkte abzustellen (Anschluss an BSG vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R = BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28 RdNr 16 sowie vom 28.10.2014 - B 14 AS 39/13 R = SozR 4-1300 § 44 Nr 31 RdNr 19).
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Umstritten ist die Überprüfung von bewilligenden Verfügungen nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Die Klägerin bezieht seit geraumer Zeit Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und führt - teilweise zusammen mit ihrem Lebensgefährten - zahlreiche Klageverfahren vor dem Sozialgericht Neuruppin, in denen überwiegend um die Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II - insbesondere höherer Kosten der Unterkunft und Heizung - gestritten wird. Unter anderem mit Bescheid vom 30. November 2010 gewährte ihr der Beklagte auf einen entsprechenden Fortzahlungsantrag hin für den Bewilligungszeitraum vom 01. April 2010 bis zum 30. September 2010 entsprechende Leistungen.
Mit beim beklagten Jobcenter am 25. Mai 2011 eingegangenem Schreiben beantragte sie - anwaltlich vertreten - die “Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 30.11.2010„. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 21. Juni 2011 “als unzulässig„ ab, weil keine Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt worden seien, die eine Änderung der Entscheidung rechtfertigten. Den hiergegen mit anwaltlichem Schreiben vom 22. Juni 2011 erhobenen Widerspruch, der nähere Ausführungen zur Begründung nicht enthielt, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung seiner Entscheidung führte er ua aus, es bestehe kein Anspruch auf Überprüfung der bestandskräftigen und damit bindenden bewilligenden Verfügungen, weil kein Fall der unrichtigen Rechtsanwendung oder falscher Sachverhaltsauslegung vorliege, zumal auch eine Begründung des Widerspruchs nicht erfolgt sei. Die mit anwaltlichem Schreiben vom 29. August 2011 vorgetragene Widerspruchsbegründung, mit der die Klägerin ua darauf verwies, dass die aufgestellte Berechnung hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche, ging erst nach Erlass des Widerspruchsbescheides bei dem Beklagten ein.
Die Klägerin hat am 06. Oktober 2011 bei dem Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung führt sie aus, der Beklagte hätte den Überprüfungsantrag sachlich bescheiden müssen, weil ihm - dem Beklagten - aus anderen parallelen Verfahren die Problematik der unzureichenden Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung ohnehin bekannt gewesen sei. Im Übrigen sei es rein formelhaft, auf Grund einer (jüngeren) Entscheidung des Bundessozialgerichts, die auf den vorliegenden Fall ohnehin nicht anwendbar sei, eine Begründung des Überprüfungsantrages zu verlangen, obwohl die Rechtsprechung dies zum Zeitpunkt der Stellung des Überprüfungsantrages noch gar nicht verlangt habe.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen (sinngemäß),
den Beklagten unter Aufhebung seiner mit Bescheid vom 21. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2011 verlautbarten Verfügung zu verpflichten, die mit dem Bescheid vom 30. November 2010 für den Zeitraum vom 01. April 2010 bis zum 30. September 2010 verlautba...