Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Rundungsvorschrift. kein subjektives Recht. kein eigenständiger Anspruch auf Aufrundung und Auszahlung des Differenzbetrages. Anspruch auf rechtliches Gehör. Recht auf Akteneinsicht. Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren. Ermessen der Behörde. kein Anspruch auf Übersendung der Akte in die Kanzlei des Bevollmächtigten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Sinn und Zweck der Regelung des § 41 Abs 2 SGB 2 erschöpft sich in einer bloßen Verfahrensvereinfachung, so dass hierdurch keine Individualinteressen iS der Schutznormtheorie geschützt werden. Daher ist - wenn und soweit eine Neufeststellung der Grundsicherungsleistungen nicht geboten ist - ein eigenständiger Anspruch des Empfängers von Grundsicherungsleistungen auf Auskehrung des sich nach Aufrundung auf volle Euro-Beträge ergebenden Differenzbeträge nicht gegeben.

2. Das Recht auf Akteneinsicht im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren konkretisiert sich im Recht auf eine fehlerfreie Ermessensausübung der Behörde. Bei der Entscheidung über eine Aktenversendung kann die Behörde die begründeten eigenen Belange ausreichend berücksichtigen. Entstehende Verfahrensverzögerungen können ebenso in die Ermessensentscheidung einfließen wie der Umstand, dass die Akten laufend benötigt werden.

 

Tenor

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Kostengrundentscheidung nach näherer Maßgabe des § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach Erledigung der Hauptsache.

Die Klägerin hatte zunächst unter dem 2. November 2009 beim Sozialgericht Nordhausen Klage erhoben und beantragt, den Bescheid vom 26. August 2009 in der Fassung der Änderungsbescheides vom 6. Juni 2009 und vom 5. November 2009 in Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 23. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2009 insoweit abzuändern, daß der Klägerin Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in gesetzlicher Höhe bewilligt werden und die Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2009 dahingehend abzuändern, daß die Beklagte die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen der Kläger vollumfänglich zu erstatten hat.

In der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2011 hat die Beklagte sich verpflichtet, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 14,23 Euro zuzuwenden. In Ansehung dieses Anerkenntnisses hat die Klägerin den Rechtsstreit sodann in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

der Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Kläger aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

zu erkennen, daß die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten haben.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte sowie den in den Akten befindlichen Schriftwechsel insgesamt verwiesen.

II.

Nach angenommenem Anerkenntnis der Klägerin vom 4. Mai 2011 und dadurch bedingter Verfahrensbeendigung nach § 101 Abs. 2 SGG ist auf Antrag (nur noch) über die Kostentragungspflicht zu entscheiden, § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG.

Maßgeblich für das auszuübende sachgemäße Ermessen ist dabei einerseits das in § 91a Zivilprozessordnung verankerte Unterlegensprinzip, wonach summarisch der vermutliche Ausgang des Verfahrens zu ermitteln und danach die Kostenlast zu verteilen ist. Andererseits ist in sozialgerichtlichen Verfahren auch das Veranlassungs- und Verursachungsprinzip zu beachten, wonach kostenrelevant sein kann, ob eine Behörde Anlaß für eine unbegründete Klage gegeben hat (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 193 Rn. 13). Schließlich kann das Verhalten der Prozeßbeteiligten relevant sein.

Hieran gemessen erscheint es sachgerecht, der Beklagten keine Kostentragungspflicht aufzuerlegen. Dabei läßt sich das Gericht von folgenden Erwägungen leiten:

Das Gericht nimmt in den Blick, daß der Abzug der Kosten der Warmwasseraufbereitung rechtsfehlerbehaftet war (vgl. Niederschrift vom 4. Mai 2010) und die Klägerin den von der Beklagten anerkannten Nachzahlungsbetrag in Höhe von ca. 14 Euro beanspruchen konnte. Das Gericht berücksichtigt aber auch, daß der Klägerin während des hier streitbefangenen Zeitraumes Grundsicherungsleistungen in Höhe von ca. 3.490 Euro bewilligt wurden. Klage und Widerspruch wurden nicht beschränkt; - die Klägerin forderte jeweils die vollständige rechtliche und inhaltliche Prüfung ein. In Ansehung dessen ist das Obsiegen der Klägerin im Ergebnis der mündlichen Verhandlung derart begrenzt, daß es billigem Ermessen entspricht, der Beklagten keine --auch keine anteilige-- Kostenlast aufzuerlegen. Gegenteiliges folgt auch nicht aus der ausgesprochenen Gewährung von Prozeßkostenhilfe; denn auch bei nur teilweise zu bejahender Erfolgsaussicht ist in der Regel in gerichtskostenfreien Verfahren Prozeßkostenhilfe zu bewilligen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 73a Rn. 7a). Die Höhe des Obsiegens der Klägerin aber gibt dem Ge...

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