Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Kindergeld. Leistungsausschluss bei Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt auf den Philippinen. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Weder aus dem allgemeinen Gleichheitssatz noch aus anderen Verfassungsnormen ergibt sich die Verpflichtung für den Gesetzgeber, im Ausland lebende Kinder deutscher Staatsangehöriger generell bei der Gewährung von Kindergeld zu berücksichtigen (vgl BVerfG vom 23.2.1994 - 1 BvR 1105/91). Gegen die grundsätzliche Abhängigkeit der Kindergeldberechtigung vom Wohnsitz des Kindes (hier: Philippinen) bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl BFH vom 23.11.2000 - VI R 165/99 = BStBl II 2001, 279 und vom 7.4.2011 - III R 77/09 = BFH/NV 2011, 1351).
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ab Januar 2013.
Der 1940 geborene Kläger deutscher Staatsbürgerschaft bezieht seit 2003 eine Rente von der Deutschen Rentenversicherung. Er lebt mit seiner Ehefrau und den fünf Kindern
- geboren zwischen 2003 und 2016 - seit 2013 auf den Philippinen.
Am 29.12.2016 wandte sich der Kläger an die Beklagte und beantragte Kindergeld für die fünf Kinder. Die Beklagte lehnte die Gewährung von Kindergeld mit Bescheid vom 10.02.2017 ab, weil weder der Kläger, noch die Kinder ihren Wohnsitz in Deutschland bzw. innerhalb der Europäischen Union hätten.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er sei deutscher Staatsbürger und zahle in Deutschland Steuern. Im stehe verfassungsrechtlich Kindergeld zu. Zudem sei er schwerbehindert und müsse von seiner Rente in Höhe von 1.450,00 € monatlich seine Großfamilie ernähren. Er sei nicht kranken- oder pflegeversichert. Um Armut zu vermeiden müsse das Kindergeld gewährt werden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.06.2017 zurück.
Mit Schreiben vom 03.07.2017, eingegangen am 24.07.2017 wandte sich der Kläger an das Sozialgericht Nürnberg. Er zahle als Deutscher Staatsbürger Steuern und erhalte hierfür keine Gegenleistung. Er habe Anspruch auf Kindergeld nach dem BKGG, dies würde von der Beklagten einfach ignoriert.
Mit Schreiben vom 31.08.2017, ergänzt durch das Schreiben vom 23.11.2017 beantragt der Kläger,
1. dass seine sozialen Rechte gemäß der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland durchgesetzt werden, d.h. sinngemäß den Bescheid der Beklagten vom 10.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.06.2017 aufzuheben und ihm Kindergeld für seine fünf Kinder in gesetzlicher Höhe zu gewähren;
2. sein Recht auf Gleichberechtigung für sämtliche Anträge gegenüber der Bundesagentur für Arbeit durchzusetzen;
3. sämtliche Beschlüsse der Bundesagentur für Arbeit kostenpflichtig zurückzuweisen;
4. der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;
5. die Gewährung von Prozesskostenhilfe.
Ihm kein Kindergeld zu gewähren sei verfassungswidrig, er sei deutscher Staatsbürger, zahle Steuern und lebe in Armut. Er könne sich keinen Anwalt leisten, daher sei ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Schreiben vom 26.10.2017 sind die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der vorliegende Rechtsstreit kann durch Gerichtsbescheid entschieden werden. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Der Sachverhalt ist geklärt. Die Beteiligten wurden hierzu vorher gehört.
Das Sozialgericht Nürnberg ist örtlich zuständig gem. § 57 Abs. 3 SGG. Die Klage ist dennoch nur teilweise zulässig, materiell-rechtlich jedoch unbegründet.
1.
Unter Ziff. 1 begehrt der Kläger Kindergeld im Wege einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Dieser Klageantrag ist zwar zulässig, jedoch unbegründet. Der streitige Bescheid vom 10.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.06.2017 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Kindergeld nach dem BKGG, auch nicht in Verbindung mit koordinierendem europäischen Sozialrechts.
Gemäß § 1 Abs. 1 BKGG ist derjenige anspruchsberechtigt, Kindergeld nach diesem Gesetz für seine Kinder zu erhalten, wer nach § 1 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird und
1. in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch steht oder versicherungsfrei nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ist oder
2. als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes erhält oder als Missionar der Missionswerke und -gesellschaften, d...