Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung des Arbeitslosengeld II. Meldeversäumnis. wichtiger Grund. Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung statt einer Wegeunfähigkeitsbescheinigung

 

Orientierungssatz

Hat der Grundsicherungsträger in seiner Einladung zu einem Meldetermin darauf hingewiesen, dass eine Wegeunfähigkeitsbescheinigung für die Entschuldigung eines Nichterscheinens zum Termin erforderlich ist, reicht die Vorlage einer schlichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht aus, um einen wichtigen Grund für das Meldeversäumnis darzulegen.

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Alg II um 10 % wegen Meldepflichtverletzung sowie die Feststellung, dass für die Entschuldigung einer Meldepflicht eine allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreicht.

Während des Bezuges von Leistungen war der Kläger mit Schreiben vom 13.04.2017 zu einem Meldetermin am 03.05.2017 eingeladen worden. Er wurde darauf hingewiesen, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Entschuldigung eines Nichterscheinens zum Termin nicht ausreichend wäre. Vielmehr müsse der Arzt bescheinigen, dass der Kläger nicht in der Lage wäre, den Weg zum Jobcenter zurückzulegen.

Zum vorgesehenen Termin erschien der Kläger nicht, worauf er mit Schreiben vom 05.05.2017 wegen der geplanten Minderung des Leistungsanspruches um 10 % der Regelleistung wegen Meldepflichtsverletzung angehört wurde.

Mit Bescheid vom 12.05.2017 erfolgte schließlich die Minderung der Regelleistung um 10 %, d.h. 40,90 € für die Dauer von drei Monaten vom 01.06.2017 bis 31.08.2017.

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 26.05.2017 Widerspruch, der allerdings nicht mit einer Unterschrift versehen war. Am gleichen Tage wandte er sich an das Sozialgericht Nürnberg und erhob gegen den Bescheid vom 12.05.2017 Klage. Das Klageverfahren wurde unter dem Az. S 13 AS 573/17 registriert. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2017 wies die Beklagte den Widerspruch wegen fehlender Unterschrift als unzulässig zurück. Am 03.06.2017 erhob der Kläger eine weitere Klage mit der er die Feststellung begehrte, dass die allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreiche, um Meldepflichten zu entschuldigen. Diese Klage wurde unter dem Az. S 13 AS 609/17 registriert. In der mündlichen Verhandlung wurden die Streitsachen S 13 AS 573/17 und S 13 AS 609/17 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und führen nunmehr das Az. S 13 AS 573/17

Auf den Hinweis des Gerichts, dass sich aus dem Widerspruch des Klägers ergeben hätte, dass der Widerspruch vom Kläger stammt und dieses die Beklagte auch hätte erkennen müssen, war die Beklagte in der mündlichen Verhandlung bereit, den Widerspruchsbescheid vom 26.05.2017 aufzuheben und erneut das Widerspruchsverfahren durchzuführen. Der Kläger war jedoch nicht bereit abzuwarten, sondern bestand vielmehr auf einem Endurteil.

Er beantragt,

den Bescheid vom 12.05.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreicht um Meldepflichten zu entschuldigen.

Die Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist insoweit zulässig, als sie sich gegen den Minderungsbescheid vom 12.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2017 wendet.

Zwar hat die Beklagte zu Unrecht durch den Widerspruchsbescheid vom 19.06.2017 den Widerspruch des Klägers als unzulässig verworfen, da sich aus dem Widerspruch eindeutig ergeben hatte, dass er vom Kläger stammt und die Beklagte dies auch erkannt hatte. Nach herrschender Meinung genügt in einem derartigen Fall trotz der Vorschrift des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG ein schriftlicher Widerspruch ohne Unterschrift.

Der Minderungsbescheid vom 12.05.2017 ist jedoch rechtlich nicht zu beanstanden. Unstreitig war der Kläger durch Schreiben vom 13.04.2017 zu einem Meldetermin am 03.05.2017 eingeladen und darauf hingewiesen worden, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Entschuldigung eines Nichterscheinens zum Termin nicht ausreicht, vielmehr eine Wegeunfähigkeitsbescheinigung erforderlich wäre. Nachdem der Kläger in der Vergangenheit mehrfach Meldetermine unter Hinweis auf eine bescheinigte Arbeitsunfähigkeit nicht einhielt, war ein derartiges Vorgehen erforderlich. Das Handeln der Beklagten ist von der Sanktionsvorschrift des § 32 SGB II gedeckt.

Dennoch legte der Kläger wiederum nur eine schlichte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Dieser ist nicht zu entnehmen, dass der Kläger gesundheitlich gehindert gewesen wäre, das Jobcenter aufzusuchen. Insofern ist der Kläger seiner Verpflichtung zur Meldung nicht nachgekommen. Der Tatbestand des § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist daher erfüllt. Der Kläger konnte auch keinen wichtigen Grund für sein Verhalten darlegen und nachweisen. Zwar hat er in der mündlichen Verhandlung erklärt, er hätte im Zeitpunkt des...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge