Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Vergabe einer frei gewordenen Vertragsarztstelle nach partieller Entsperrung. Nichtanwendung des § 103 Abs 4 S 10 SGB 5
Orientierungssatz
Die Regelung des § 103 Abs 4 S 10 SGB 5 kann nicht entsprechend auf das Besetzungsverfahren nach § 26 Abs 4 ÄBPl-RL (juris: ÄBedarfsplRL) angewandt werden.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Streitwert wird auf 134.982,39 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Besetzung eines hälftigen orthopädischen Vertragsarztsitzes.
Mit Beschluss vom 28.08.2015 stellte der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Bayern für die Arztgruppe der Orthopäden im Landkreis N. - B. W. fest, dass eine Überversorgung nicht mehr bestehe und die angeordneten Zulassungsbeschränkungen aufgehoben werden mit der Auflage, dass neue Zulassungen im Umfang eines halben Vertragsarztsitzes erteilt werden können (§ 103 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V), § 16 b Abs. 3 Satz 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), § 26 Abs. 1 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundessausschusses über die Bedarfsplanung der vertragsärztlichen Versorgung (BPlR-Ä)). Nach dem Inhalt des Beschlusses galten diese Feststellungen entsprechend für Anträge auf die Genehmigung von Anstellungen in medizinischen Versorgungszentren (MVZ) oder bei Vertragsärzten. Unter 4. des Beschlusses war ferner festgelegt worden, dass Bewerber ihre Zulassungsanträge und sämtliche hierfür gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Ärzte-ZV erforderlichen Unterlagen bis spätestens 20.11.2015 beim zuständigen Zulassungsausschuss (ZA) einzureichen hätten.
Mit Schreiben vom 20.11.2015 bewarb sich der Kläger, dessen Einrichtungsträger Herr Dr. N. ist, um den ausgeschriebenen hälftigen orthopädischen Sitz im Landkreis N. - b. W. unter Berufung auf § 103 Abs. 4 Satz 10 SGB V.
Zur Begründung dieser "Konzeptbewerbung" wurde vom Geschäftsführer des MVZs, Herrn L. ausgeführt, dass das MVZ über viele verschiedene, durch die Fachgruppe Orthopädie sinnvoll ergänzbare Fachgruppen verfüge und sich das bereits vorhandene allgemeinärztliche sowie rheumatologische Versorgungsangebot ideal durch orthopädische Leistungen ergänzen ließe. Daneben sei auch aufgrund der nervenärztlichen Sprechstunden eine zeitnahe Diagnose orthopädischer Beschwerden mit neurologischen Ausfallserscheinungen gewährleistet. Auf diese Weise könnten unnötige Krankenhauseinweisungen durch fehlende neurologische Befunde vermieden werden.
Ein konkreter anzustellender Arzt wurde in der Bewerbung nicht benannt, jedoch im weiteren Verlauf des Verfahrens mitgeteilt, dass die Beigeladene zu 8) für die Stelle vorgesehen sei, die ihre Weiterbildungszeiten bereits absolviert hätte und derzeit auf einen Termin zur Facharztprüfung warte. Nach Ansicht des Klägers sei wegen der in § 103 Abs. 4 Satz 10 SGB V eingeräumten Möglichkeit einer "Konzeptbewerbung" die Vorlage weiterer Unterlagen nicht erforderlich.
Die Beigeladene zu 8) wurde bis zur Sitzung des Zulassungsausschusses für Vertragsärzte - Mittelfranken - nicht ins Arztregister der Beigeladenen zu 1) eingetragen.
Mit Beschluss vom 03.02.2016, den der Kläger ausgefertigt als Bescheid am 26.02.2016 zugestellt erhielt, wurde der Antrag abgelehnt, da vom Kläger innerhalb der vom Landesausschuss eingeräumten Antragsfrist keine der Unterlagen des § 18 Abs. 1, 2 Ärzte-ZV vorgelegt worden waren. Die Bestimmung des § 103 Abs. 4 Satz 10 SGB V betreffe nicht das hier vorliegende Besetzungsverfahren, sondern die Nachbesetzung im Sinne des § 103 Abs. 4 Satz 5 SGB V nach Zulassungsende eines Vertragsarztes aufgrund Tod, Verzicht oder Entziehung. Für die hier vorliegende Fallgestaltung treffe hingegen § 26 Abs. 4 BPlR-Ä bezüglich Anträgen auf Neuzulassung speziellere und abschließende Regelungen. Raum für eine analoge Anwendung des § 103 Abs. 4 Satz 10 SGB V sei schon deshalb nicht gegeben, weil keine Regelungslücke vorhanden sei. Vielmehr habe der Gesetzgeber eine neue Handlungsmöglichkeit erkennbar nur für eine bestimmte Fallgestaltung geschaffen, so dass die Übertragbarkeit auf andere Fallgestaltungen ausscheide.
Der ZA könne deshalb nur fristgerechte und vollständige Zulassungsanträge berücksichtigen. Hierauf sowie auf die nach § 18 Abs. 1 und 2 der Ärzte-ZV vorzulegenden Unterlagen, habe auch der Landesausschuss in seiner Bekanntmachung explizit hingewiesen. Mangels Vorliegens der erforderlichen Unterlagen sei deshalb der Antrag vom 20.11.2015 abzulehnen gewesen.
Hiergegen legte der Kläger mit einem ebenfalls vom Geschäftsführer L. unterschriebenen Schreiben vom 18.03.2016 Widerspruch ein, der nicht begründet wurde.
Im Verfahren vor dem beklagten Berufungsausschuss für Ärzte - Bayern - (BA) wurde dem ersten Terminverlegungsgesuch des Klägers mit Schreiben vom 17.06.2016 nicht entsproche...