Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. vorzeitige Impfung gegen das Coronavirus. keine Eröffnung des Sozialrechtswegs. kein Anspruch auf Abweichung von den Priorisierungsregeln
Leitsatz (amtlich)
1. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist nicht eröffnet für ein Verfahren, mit dem ein Anspruch auf vorzeitige Impfung gegen das Coronavirus geltend gemacht wird.
2. Weder aus der CoronaImpfV selbst noch aus einem verfassungsrechtlichen Teilhabeanspruch besteht gegenwärtig ein Anspruch auf vorzeitige Impfung in Abweichung von den Priorisierungsregeln der §§ 2 bis 4 CoronaImpfV.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5000 € festgesetzt.Gründe
Gründe
i.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners, ihn in die in § 2 der Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) definierte Gruppe aufzunehmen und eine unverzügliche Impfung zu gewährleisten, hilfsweise diesen zu verpflichten, ihm unmittelbar im Anschluss an die Impfungen in Alten-und Pflegeheimen eine Impfung zu ermöglichen.
Der 73-jährige Antragsteller, der privat krankenversichert ist, lebt gemeinsam mit seiner Frau, von Beruf Lehrerin, und 2 minderjährigen Kindern in einem Haushalt. Er leidet unter einer koronaren 3-Gefäßerkrankung mit schwerer eingeschränkter linksventrikuläre Funktion, wegen der er schon seit langen Jahren in Behandlung steht. Nach einem Attest seines behandelnden Internisten Dr. C. vom 02.12.2020 hat er durch diese Erkrankung ein erheblich erhöhtes Risiko eines schweren Covid 19-Verlaufes und eine frühzeitige Impfung ist zwingend indiziert. Der Antragsteller wandte sich an die an seinem Wohnort eingerichtete Impfhotline und bat um eine Terminierung zu Impfung innerhalb der ersten Gruppe nach § 2 CoronaImpfV. Dieses lehnte der kontaktierte Mitarbeiter der Impfhotline, Herr D., telefonisch ab. Eine schriftliche Ablehnung konnte dieser dem Antragsteller nicht erteilen. Der Antragsteller wandte sich daraufhin im weiteren Verfahren an den Antragsgegner. Dieser teilte in einer E-Mail vom 04.01.2021 mit, dass aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit des Impfstoffes eine Impfung zunächst nur bestimmten Personengruppen angeboten werden könne, für die ein besonders hohes Risiko für schwere oder tödliche Verläufe einer Covid 19-Erkrankung anzunehmen sei oder die beruflich entweder besonders exponiert seien oder im engen Kontakt zu einer gefährdeten Personengruppe arbeiten würden. Aufgrund dessen sei in der CoronaImpfV eine Priorisierung vorgenommen worden, nach der dem Antragsteller gegenwärtig keine Impfmöglichkeit nachgewiesen werden könne.
Mit Schriftsatz vom 31.12.2020 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht (VG) Oldenburg den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihn in die unter § 2 CoronaImpfV definierte Gruppe mit höchster Priorität aufzunehmen und eine unverzügliche Impfung zu gewährleisten. Zur Begründung führte er aus, dass er unter einer schweren Herzerkrankung leiden würde, die dazu führe, dass er im Falle einer Erkrankung mit Covid 19 unter Berücksichtigung seines hohen Alters ganz besonders gefährdet sei. Eine solche Erkrankung könne er bei dem Zustand seines Herzens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht überleben. Dass die Gefährdung bei ihm besonders groß sei, würde durch zahlreiche Publikationen in öffentlich zugänglichen Foren und Zeitungen belegt, die er in seinem Antrag im Detail benannte. Zudem würden zahlreiche Verfassungsrechtler die Auffassung vertreten, dass die CoronaImpfV gegen das GG verstoßen würde und deshalb nicht tauglich sei, eine Priorisierung für die Reihenfolge der Impfungen vorzugeben.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragsteller in die unter § 2 CoronaImpfV mit höchster Priorität definierte Gruppe aufzunehmen und eine unverzügliche Impfung zu gewährleisten,
hilfsweise
den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller unmittelbar im Anschluss an die Impfungen in Alten- und Pflegeheimen eine Impfung zu ermöglichen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner führt aus, er sei an die Priorisierungsregelungen in der CoronaImpfV gebunden. Der Antragsteller könne in die Gruppe nach § 2 CoronaImpfV nicht eingegliedert werden. Soweit der Antragsteller mit seinem Verfahren begehre, in § 2 CoronaImpfV eine Öffnungsklausel aufzunehmen, nach der sein eigener Fall und vergleichbare Fälle in die höhere Priorisierungsgruppe aufgenommen werden müssten, sei der Antrag an den falschen Antragsgegner gerichtet, da es sich bei der CoronaImpfV um eine Bundesverordnung handele. Der Antragsgegner sei Normadressat der CoronaImpfV und an diese gebunden.
Selbst wenn man die Auffassung vertreten wolle, dass der Antragsteller zu den Berechtigten nach § 2 CoronaImpfV zu zählen sei, was der Antragsgegner ausdrücklich nicht vertret...