Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus einer als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung. Beitragssatz aus Versorgungsbezügen. allgemeiner Beitragssatz. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die zum 1.1.2004 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz - GMG - vom 14.11.2003 (BGBl I 2003, 2190) eingeführte Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung (hier: aus einer im Jahr 1992 als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung) gem § 229 Abs 1 S 3 SGB 5 idF vom 14.11.2003 verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
2. § 248 SGB 5 idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, wonach ab 1.1.2004 für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen Versicherungspflichtiger der allgemeine Beitragssatz ihrer Krankenkasse gilt, ist mit Verfassungsrecht vereinbar.
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wehrt sich gegen eine Beitragserhöhung wegen Einbeziehung einer Lebensversicherungsleistung als Beitragsgrundlage.
Der 1942 geborene Kläger ist pflichtversichertes Mitglied der Beklagten im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner. Ihm wurde im Juni 2004 aus einer als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung eine einmalige Kapitalleistung in Höhe von 22.950,51 € ausgezahlt. Der Vertrag war 1992 abgeschlossen worden, nach der seiner zeitigen Rechtslage waren Beiträge auf eine von vornherein nicht wiederkehrende Leistung (Kapitalzahlung) bei Pflichtversicherten nicht zu erheben. Auf 10 Jahre umgelegt, errechnete die Beklagte einen monatlich beitragspflichtigen Versorgungsbezug, auf den sie und ihre Pflegekasse ab dem 01.07.2004 Beiträge (nach dem vollen Beitragssatz) erhoben (Bescheid der Beklagten vom 22.03.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2004 - die entsprechenden Bescheide der Pflegekasse sind offenbar rechtsbeständig geworden).
Dagegen richtet sich die binnen Monatsfrist erhobene Klage gegen die Beklagte, mit der der Kläger unter anderem geltend macht, die Lebensversicherung sei nur als Sicherheit für höhere Ausgaben im Alter abgeschlossen worden, die nun angegriffen werde. Finanziert aus seinen Einnahmen, die schon versteuert worden seien, führe die Beitragserhebung zu einer doppelten Erhebung öffentlich rechtliche Abgaben auf Einkommen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22.03.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die frist und formgemäß erhobene Klage ist zulässig. Sie ist unbegründet.
Der Kläger ist mit der ab dem 01.01.2004 geänderten Rechtslage in zweierlei Hinsicht belastet:
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1. |
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Mit der Beitragserhebung auf die genannte Kapitalleistung überhaupt (Frage des Ob) |
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2. |
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Dadurch, dass auf Versorgungsbezüge für Pflichtversicherte jetzt der volle Beitragssatz erhoben wird (Frage des Wie) |
Zu 1.:
Die von dem Kläger vorgebrachten Einwände betreffs des Ob der Beitragserhebung gehen dahin, dass auf Versorgungsbezüge an sich keine Beiträge erhoben werden dürfen. Mit der Einführung der Beitragspflicht auf Versorgungsbezüge haben sich die Gerichte einschließlich des Bundesverfassungsgerichts eingehend befasst, an ihrer Recht- und Verfassungsmäßigkeit bestehen keine Zweifel, es war eindeutig unbillig, die Beiträge für den vollen Krankenversicherungsschutz eines Rentners nur nach der niedrigen Rente zu bemessen, während seine sonstigen Einnahmen, die seine Lebensgrundlage bilden, beitragsfrei blieben. Insbesondere gab es auch keinen sachlichen Grund dafür, die durchschnittlich höheren Kosten für die Krankenversicherung der Rentner von den in einem Beschäftigungsverhältnis stehenden Mitgliedern mittragen zu lassen. Verwiesen wird insofern beispielsweise auf Bundesverfassungsgericht E, 79, 223.
Was neu ist und zu Musterstreitverfahren wie dem vorliegenden geführt hat, ist die Einfügung in § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V:
"oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalles vereinbart oder zugesagt worden".
Bisher durften auf derartige Kapitalzahlungen nämlich Beiträge nicht erhoben werden, und zwar auch dann nicht, wenn zwar ursprünglich eine laufende Leistung vereinbart worden war, sie aber (zur Umgehung der Beitragspflicht) noch vor Eintritt des Versicherungsfalles in eine Kapitalleistung umgewandelt wurde. Die Beitragspflicht konnte mithin durch entsprechende Vereinbarungen umgangen werden. Das hatte das Bundessozialgericht schon in seiner Entscheidung E 58, 10 gerügt und indirekt eine entsprechende Regelung gefordert, wie sie jetzt gegeben ist. Die Ungleichbehandlung der Rentner, für die eine wiederkehrende Leistung vereinbart worden war und der Rentner, für die die Lebensversicherung in ...