Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. Prozessführungsbefugnis des Insolvenzschuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Krankengeldanspruch nur in Höhe des unpfändbaren Betrages. Bestimmung der Höhe des unpfändbaren Krankengeldes
Leitsatz (amtlich)
1. Das Krankengeld unterliegt gemäß § 54 Abs 4 SGB 1 als laufende Geldleistung der Pfändung in den Grenzen des § 850c Abs 1 ZPO unter Berücksichtigung der maßgeblichen Beträge nach § 850c Abs 2a ZPO iVm der einschlägigen Bekanntmachung zu § 850c der ZPO.
2. Der Insolvenzschuldner ist nur befugt einen Krankengeldanspruch in Höhe des unpfändbaren Betrages prozessual geltend zu machen.
3. Ob die Höhe des unpfändbaren Krankengeldes nach § 850c Abs 1 ZPO monatlich oder täglich zu bestimmen ist, richtet sich aufgrund der Regelungen in den Sätzen 6 und 7 des § 47 Abs 1 SGB 5 danach, ob der Anspruch für volle oder anteilige Monate geltend gemacht wird.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt E. wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um die Gewährung von Krankengeld.
Der bei der Antragsgegnerin krankenversicherte Antragsteller befindet sich seit Dezember 2010 in einem Verbraucherinsolvenzverfahren und ging einer Beschäftigung nach. Er erkrankte am 26. Oktober 2011 arbeitsunfähig und erhielt Lohnfortzahlung von seinem Arbeitgeber bis zum 5. Dezember 2011.
Die Samtgemeinde F. bewilligte dem Antragsteller und dessen Ehefrau mit Bescheid vom 6. Februar 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Januar 2012 in Höhe von insgesamt 1.038,78 € und für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 30. April 2012 in Höhe von monatlich insgesamt 1.239,00 €. Sie berücksichtigte eine Regelleistung in Höhe von jeweils 337,00 € sowie einen Unterkunftsbedarf in Höhe von 565,00 € (Miete inklusive Nebenkosten 440,00 € + Heizkosten 125,00 €). Im Januar rechnete sie ein Einkommen des Antragstellers in Höhe von 478,00 € abzüglich der Freibeträge an.
Der Antragsteller suchte mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 20. Februar 2012, beim Sozialgericht Osnabrück am 21. Februar 2012 eingegangen, um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach.
Er trägt vor, aufgrund der bestehenden Krankenversicherung hätte er seit dem 6. Dezember 2011 einen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld. Die Antragsgegnerin habe den entsprechenden Antrag mit Bescheid vom 2. Januar 2012 zurückgewiesen und zu Unrecht auf ein Ruhen des Anspruchs gemäß § 16 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) hingewiesen. Zur Begründung habe sie ausgeführt, dass er bei ihr rückständige Zahlungen in Höhe von ca. 10.000,00 € habe. Sein Angebot auf Ratenzahlung habe sie ohne ersichtlichen Grund zurückgewiesen, was gegen Treu und Glauben verstoße.
Es bestehe darüber hinaus ein Eilbedürfnis, da er zurzeit weder über hinreichendes Barvermögen noch über sonstige Rücklagen verfüge. Er sei auf die Hilfe Dritter angewiesen. Unter Berücksichtigung der laufenden Kosten verblieben ihm trotz Gewährung von Arbeitslosengeld II etwa 45,00 € im Monat.
Der Antragsteller ist der Auffassung, er sei aktivlegitimiert, da es sich bei der geltend gemachten Forderung um eine unpfändbare Forderung handele, die gemäß § 36 Insolvenzordnung (InsO) nicht zur Insolvenzmasse gehöre und beruft sich hierbei auf eine schriftliche Stellungnahme seines Insolvenzverwalters vom 9. März 2012, der in diesem Schreiben, diese Auffassung vertrat. Infolge dessen sei er auch gehalten diese Forderung im eigenen Namen geltend zu machen.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm rückwirkend Krankengeld seit dem 6. Dezember 2011 zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt.
Sie trägt vor, den Ruhenstatbestand zum 31. Dezember 2011 zu beenden. Die Aufnahme der Krankengeldzahlung führe aber zu einer Beendigung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II, so dass dann ein erneutes Ruhen der Leistungsansprüche gemäß § 16 SGB V eintrete. Das kalendertägliche Krankengeld betrage 49,39 €. Bei der Zahlung des Krankengeldes sei ein Erstattungsanspruch der Samtgemeinde Neuenhaus zu berücksichtigen und sie behalte sich die Aufrechnung gemäß § 51 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) vor.
Nach einem Attest der Praxis Dres. med. G. vom 16. April 2012 sei der Antragsteller seit dem 26. Oktober 2011 arbeitsunfähig erkrankt und voraussichtlich am 4. Mai 2012 wieder voll arbeitsfähig.
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligen verwiesen sowie den von ihnen beigebrachten Nachweisen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist teilweise unzulässig (1) und im Übrigen unbegründet (2).
1. Der Antrag ist unzulässig, soweit der Antragsteller Krankengeld in Höhe eines kalendertäglich 47,36...