Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Auszahlung der Geldleistung. Barabholung am Kassenautomat des Grundsicherungsträgers. keine fiktiven Kontoführungsgebühren
Orientierungssatz
Holt der Hilfebedürftige Geldleistungen in bar an dem Kassenautomaten des Grundsicherungsträgers ab, bietet § 42 SGB 2 keine Rechtsgrundlage dafür, dass dem Hilfebedürftigen fiktive Verwaltungskosten (Kontoführungsgebühren) abgezogen werden.
Tenor
1. Der Bescheid vom 31.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2008 wird geändert.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger 12,00 € zu zahlen.
3. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Verringerung seiner Auszahlung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 12,00 € monatlich wegen Barabholung seiner Leistungen.
Der 1974 geborene Kläger steht bei dem Beklagten im Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Die ihm gewährten Leistungen wurden nicht überwiesen, sondern ihm wurde eine Kassenkarte ausgehändigt, mit welcher der Kläger an dem im Gebäude des Beklagten befindlichen Automat die entsprechenden Leistungen in bar erhalten konnte. Die Erhebung einer Verwaltungsgebühr erfolgte zunächst nicht.
Mit Schreiben vom 30.06.2008 wandte sich der Beklagte an den Kläger und teilte mit, dass nach § 42 SGB II Geldleistungen kostenfrei auf ein inländisches Konto bei einem Geldinstitut überwiesen würden. Im Falle einer Barauszahlung seien die dadurch veranlassten Kosten von der Leistung abzuziehen. Die Kosten seien zwischenzeitlich festgesetzt worden. Ab dem 01.11.2006 würden zum Ausgleich der Verwaltungskosten monatlich Kontoführungsgebühren in Höhe von 4,00 € erhoben. Dieser Betrag orientiere sich an den durchschnittlichen Kontoführungsgebühren der Geldinstitute und werde direkt von der laufenden Leistung einbehalten. Ausweislich eines Aktenvermerkes in der Verwaltungsakte vom 09.07.2008 sei der Kläger im Gespräch auf die Kontenpflicht und die Möglichkeit des § 42 Satz 3 SGB II hingewiesen worden. Die Gebühren würden zum 01.08.2008 erstmalig erhoben.
Gegen den Bescheid vom 30.06.2008 erhob der Kläger - vertreten durch seine Verfahrensbevollmächtigte - am 08.07.2008 Widerspruch. Soweit Verwaltungskosten für die Barauszahlung erhoben würden, fehle es hierbei an einer Rechtsgrundlage. Eine Kostentragung sei nur möglich, wenn das Geld an den Wohnsitz übermittelt werde. Dies sei jedoch nicht der Fall, denn er hole das Geld persönlich ab.
Mit Änderungsbescheid vom 16.07.2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für die Zeit vom 01.07.2008 bis 30.09.2008. Eine Kontoführungsgebühr wurde nicht in Ansatz gebracht. In der Zeit vom 01.08.2008 bis 06.10.2008 übte der Kläger eine Tätigkeit als Produktionshelfer aus. Mit Bescheid vom 31.10.2008 gewährte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 07.10.2008 bis 31.12.2008. Es wurden Kontoführungsgebühren in Höhe von 4,00 € in Ansatz gebracht.
Hiergegen erhob der Kläger - vertreten durch seine Verfahrensbevollmächtigte - am 05.11.2008 Widerspruch. Der Abzug von 4,00 € sei rechtswidrig. Er habe sich das Geld im Haus des Beklagten abgeholt, so dass Kontoführungsgebühren nicht entstanden seien.
Am 06.11.2008 erließ der Beklagte einen Widerspruchsbescheid, mit welchem er den Widerspruch des Klägers zurückwies. Gemäß § 42 SGB II würden Geldleistungen nach dem SGB II auf das im Antrag angegebene inländische Konto bei einem Geldinstitut überwiesen. Würden sie an den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt des Berechtigten übermittelt, seien die dadurch veranlassten Kosten abzuziehen. Dies gelte nicht, wenn der Berechtigte nachweise, dass ihm die Einrichtung eines Kontos bei einem Geldinstitut ohne eigenes Verschulden nicht möglich sei (§ 42 Satz 3 SGB II). Regelzahlungsweg sei die Überweisung auf ein inländisches Konto bei einem Geldinstitut. So könnten die Leistungen in einem automatisierten Verfahren effizient erbracht werden und Kosten für besondere Zahlungsweise vermieden werden. Unter "Übermittlung an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt" seien Zahlungsanweisungen (Postbarzahlung) oder Zahlungsanweisungen zur Verrechnung zu verstehen. Von welchem Zahlungsweg Gebrauch gemacht werde, entscheide der Leistungsberechtigte in Ausübung seines ihm durch § 47 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) eingeräumten Wahlrechts. Bereits mit Schreiben vom 30.06.2008 sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass Verwaltungskosten erhoben würden, wenn Leistungen nicht durch Überweisung ausgezahlt würden. Im direkten Gespräch mit der Sachbearbeiterin sei ihm weiter mitgeteilt worden, dass Verwaltungsgebühren dann nicht erhoben würden, wenn ihm die Einrichtung eines Kontos bei einem Geldinstitut ohne eigenes Verschulden nicht möglich sei. Durch die Regelung in § 42 SGB II solle erreicht werden, dass die Leistungen in einem automatisierten Verfahren effizient erbracht werden könnten u...