Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung des Vergütungsanspruchs eine Rechtsanwalts bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe für nur einen von mehreren Streitgenossen
Orientierungssatz
Wird einem von mehreren Streitgenossen, die durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt vertreten werden, Prozesskostenhilfe ohne jede Einschränkung bewilligt, dann ist der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse nicht auf den 0,3 Mehrvertretungszuschlag nach Nr. 1008 VV-RVG beschränkt, sondern umfasst die vollen Anwaltsgebühren (§ 49 RVG), die durch die Vertretung des bedürftigen Beteiligten ausgelöst worden sind.
Tenor
1. Die Erinnerung gegen den Festsetzungsbeschluss vom 12. September 2012 wird zurückgewiesen.
2. Kosten des Erinnerungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Erinnerungsverfahren noch um die Höhe der dem Erinnerungsführer aus der Staatskasse zu vergütenden Gebühren und Auslagen. Der Erinnerungsführer wurde in einem sozialrechtlichen Klageverfahren im Bereich des Grundsicherungsrechtes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) der Berufungsklägerin und Klägerin zu 1) im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe in der II. Instanz beigeordnet. Der Erinnerungsführer legte darüber hinaus für die zwei Kinder der Berufungsklägerin und Klägerin zu 1) Berufung beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ein. Das Verfahren wurde von dem Landessozialgericht nur für die Berufungsklägerin und Klägerin zu 1), nicht jedoch für die Kinder angelegt. In der nichtöffentlichen Verhandlung schlossen die Berufungsklägerin und Klägerin zu 1) und der Berufungsbeklagte einen verfahrensbeendenden Vergleich.
Der Erinnerungsführer beantragte die Festsetzung von Kosten in Höhe von insgesamt 1097,18 Euro unter Berücksichtigung einer Verfahrensgebühr in Höhe von 320,- Euro zuzüglich einer Erhöhungsgebühr von 192,00 Euro nach Nr. 1008 VV RVG wegen der Vertretung mehrerer Auftraggeber. Der zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Potsdam setzte mit Beschluss vom 12. September 2012 die zu zahlenden Kosten fest und reduzierte die von der Staatskasse zu zahlenden Anwaltsgebühren auf insgesamt 725,90 Euro. Dabei sah der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle eine Verfahrensgebühr von 200,- Euro für billig an. Eine Erhöhungsgebühr lehnt er ab.
Gegen den Beschluss vom 12. September 2012 legte der Erinnerungsführerin am Beschwerde ein.
Der Erinnerungsgegner erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Die Bezirksrevisorin billigte dem Erinnerungsführer Kosten in Höhe von 856,00 Euro zu. Dies entspricht den beantragten gebühren mit Ausnahme der Erhöhungsgebühr nach 1008 VV RVG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte Bezug
II.
Die Beschwerde des Erinnerungsführers vom 18. September 2012 gegen den Festsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 12. September 2012 ist als Erinnerung als das statthafte Rechtmittel auszulegen. Sie ist gemäß § 56 Abs. 2 RVG zulässig, aber nicht begründet.
Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch des Erinnerungsführers ist § 45 Abs. 1 RVG. Danach hat der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt in Verfahren vor Gerichten eines Landes Anspruch auf die gesetzliche Vergütung aus der Landeskasse.
Die Verfahrensgebühr war in Höhe von 310,00 Euro billig. Die Kammer schließt sich insoweit den Ausführungen der Bezirksrevisorin in ihrer Stellungnahme vom 17. April 2013 und des Erinnerungsführers an. Die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren bestimmt sich nach Nr. 3204 VV RVG. Der Rahmen für die Verfahrensgebühr beläuft sich damit auf 50,- € bis 570,00 €. Hieraus ergibt sich eine Mittelgebühr in Höhe von 310,00 €. Die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG, die zu einer Verschiebung der Mindest- und Höchstgebühren führt, ist hier ebenfalls zunächst ebenfalls zuzubilligen, da sie bereits mit Einlegung der Berufung für die Kinder der Berufungsklägerin und Klägerin zu 1) entstanden ist.
Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass nur einem Kläger von mehreren Auftraggebern Prozesskostenhilfe gewährt wurde. Wie die Gebühren in einem solchen Fall festzusetzen sind, wird von der Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich gehandhabt. Bisher finden sich drei Ansätze:
a) Der beigeordnete Anwalt erhält ausschließlich die Erhöhungsgebühr (OLG Koblenz, Beschluss vom 16.04.2012, Aktenzeichen: 14 W 194/12; MDR 2004, MDR Jahr 2004 Seite 1206; OLG Koblenz, NJOZ 2001, NJOZ Jahr 2001 Seite 1728 = MDR 2001, MDR Jahr 2001 Seite 1261; so auch OLG Naumburg, 12. Zivilsenat, Rpfleger 2004, Seite 168, jew. m. w. Nachw.);
b) der beigeordnete Anwalt bekommt die Gebühren, als wenn er allein den Prozesskostenhilfeberechtigten Kläger vertreten hätte, d.h. die gesamten Gebühren ohne die Erhöhungsgebühr nach 1008 VV RVG (OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.07.2012, Aktenzeichen: 2 W 58/11 (RVG); OLG Bamberg, Beschluss vom 18.5. 2000, Ak...