Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattung von Kosten im Vorverfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Geschäftsgebühr. Widerspruchsverfahren gegen Ablehnung der Hinzuziehung des Bevollmächtigten. keine Vorbefassung des Bevollmächtigten durch zuvor geführtes Widerspruchsverfahren gegen Mahngebühren. Auslegung von § 19 Abs 1 S 1 und S 2 Nr 14 RVG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Gebühren eines Rechtsanwalts, der in einem Widerspruchsverfahren gegen die Festsetzung einer Mahngebühr erfolgreich tätig geworden ist, sind für ein weiteres erfolgreiches Widerspruchsverfahren, das gegen die zunächst abgelehnte Entscheidung über seine Hinzuziehung im Mahngebühren-Vorverfahren geführt wurde, nach VV RVG Nr 2400 (juris: RVG-VV) und nicht nach VV RVG Nr 2401 (idF vom 17.8.2012) festzusetzen.

2. Bezogen auf die Tätigkeit in dem Widerspruchsverfahren gegen die Ablehnung der Hinzuziehung des Bevollmächtigten stellt die Tätigkeit in einem zuvor geführten Widerspruchsverfahren gegen die Festsetzung einer Mahngebühr keine vorangegangene Tätigkeit in demselben Verwaltungsverfahren dar.

3. Zur Auslegung von § 19 Abs 1 S 1 und S 2 Nr 14 RVG (idF vom 23.5.2011)

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 29.7.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2013 verurteilt, der Klägerin auf den Kostenantrag vom 11.6.2013 Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren W y in Höhe weiterer 52,36 Euro zu erstatten.

Die Beklagte erstattet der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der festzusetzenden Gebühren und Auslagen für die anwaltliche Tätigkeit in einem Widerspruchsverfahren.

In dem Abhilfebescheid der Beklagten vom 5.9.2011 zu dem erfolgreichen Widerspruch W x der anwaltlich vertretenen Klägerin, erhoben gegen die Festsetzung von Mahngebühren im Zusammenhang mit der Rückforderung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II -, kündigte die Beklagte eine separate Kostenentscheidung an.

Mit Bescheid vom 5.11.2012 führte sie dann aus, dass sie die Erstattung der notwendigen Aufwendungen übernehme, jedoch schätzte sie die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Sinn des § 63 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) als nicht notwendig ein.

Dieser Entscheidung widersprach die anwaltlich vertretene Klägerin am 3.12.2012 (W y) und führte aus, warum die Hinzuziehung ihres Bevollmächtigten aus ihrer Sicht erforderlich gewesen sei.

Mit Bescheid vom 25.1.2013 half die Beklagte dem Widerspruch W y ab und erkannte die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Bevollmächtigten an unter Zusage der Erstattung der im Widerspruchsverfahren (W y) entstandenen notwendigen Aufwendungen und Anerkennung der Notwendigkeit der Hinzuziehung des Bevollmächtigten.

Der Bevollmächtigte überreichte der Beklagten die an die Klägerin gerichtete Kostenrechnung vom 11.6.2013 für das Widerspruchsverfahren W y und beantragte die Kostenfestsetzung wie folgt:

Geschäftsgebühr nach Nr. 2400VV RVG

181,00 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 RVG

20,00 Euro

Zwischensumme:

201,00 Euro

19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 RVG

38,19 Euro

Gesamtsumme:

239,19 Euro

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 29.7.2013 die zu erstattenden Kosten in Höhe von insgesamt 114,24 Euro fest unter Ansetzen folgender Beträge:

Geschäftsgebühr Nr. 2401VV RVG

 80,00 Euro

Post- und Telekommunikation (20%) Nr. 7002 VV RVG

16,00 Euro

Zwischensumme:

 96,00 Euro

19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG

18,24 Euro

Gesamtsumme:

114,24 Euro

Sie führte aus, dass dem Widerspruchsverfahren W y eine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren vorausgegangen sei, so dass sich die Höhe der Geschäftsgebühr nach Nr. 2401 VV RVG richte. Wegen der Unterdurchschnittlichkeit von zeitlichem Umfang, objektiver Schwierigkeit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allenfalls durchschnittlicher Bedeutung der Angelegenheit der Klägerin seien nur die geringeren Kosten festzusetzen.

Hiergegen widersprach die Klägerin erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 11.12.2013).

Mit ihrer Klage vom 11.12.2013 macht die Klägerin die Festsetzung weiterer Gebühren von (nur noch) 52,36 Euro geltend, ausgehend von einer Geschäftsgebühr von 120 Euro. Sie hat darauf verwiesen, dass die Beklagte in anderen Verfahren - andere Kläger betreffend - Kosten in dieser Höhe anerkannt hätte.

Die Klägerin meint, ihre wirtschaftliche Beschwer sei im Widerspruchsverfahren W y als wesentlich höher einzuschätzen als im Widerspruchsverfahren W x. Die rechtlichen Schwierigkeiten seien im Verfahren wegen der Hinzuziehung zudem größer als im Verfahren wegen unrechtmäßiger Mahngebühren.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2013 zu verpflichten, ihr für die erstattungsfähigen notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren W y weitere 52,36 Euro zu gewähren.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrer Auffassung fest und beru...

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