Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung von Leistungen der Grundsicherung wegen fehlender Mitwirkung des Antragstellers
Orientierungssatz
1. Nach § 66 Abs. 1 S. 1 SGB 1 kann der Leistungsträger Leistungen versagen, wenn der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 62, 65 SGB 1 nicht nachkommt.
2. Soll die Existenz eines Grundsicherungsberechtigten gesichert werden, so setzt dies u. a. einen gültigen Identitätsnachweis voraus.
3. Mangels einer Ausweispflicht vor Vollendung des 16. Lebensjahres ist die Vorlage der Geburtsurkunde des Kindes das geeignete Mittel zur Feststellung dessen Identität.
4. Für einen Erwachsenen geben die Angaben in der Meldebescheinigung keinen Aufschluss über den tatsächlichen Aufenthalt. Die Angaben zur Wohnung sind daher durch Vorlage des Mietvertrags und der Zahlungsnachweise zu belegen.
5. Kommt der Antragsteller dieser Nachweispflicht nicht nach, so sind die beantragten Leistungen des SGB 2 nach § 66 Abs. 1 S. 1 SGB 1 zu versagen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Notwendige außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die anwaltlich vertretenen Kläger wenden sich gegen die Versagung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab 1. August 2012, die aufgrund fehlender Mitwirkung ergangen ist.
Die Kläger beantragten am 9. August 2012 beziehungsweise erneut am 18. November 2013 formlos Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII, hilfsweise Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab dem 1. August 2012. Mit Schreiben vom 27. August 2012 forderte der Beklagte die Kläger auf, vollständig ausgefüllte Antragsunterlagen unter Fristsetzung einzureichen.
Mit weiterem Schreiben vom 23. Dezember 2013 forderten die Kläger die Zahlung von individuellen Leistungen, und zwar Unterhalt nach der bismarckschen Sozialhilfe nach Art. 120 Grundgesetz, Unterhalt in Form von Besoldung nach dem HLKO, BKO sowie die Menschen- und Völkerrecht. Sie seien als natürliche Personen nach § 1 BGB (alte Fassung) mit der Staatsangehörigkeit “Deutsches Reich„ berechtigt und legten unter anderem so genannte vorläufige Staatsangehörigkeitsurkunden der “Zentralverwaltung Freistaat Preußen„ und weitere vorläufige Staatsangehörigkeitsurkunden der Familienmitglieder vom August 2013 vor. Anfang Januar 2014 reichten sie die vom Beklagten überlassenen Antragsvordrucke teilweise ausgefüllt und abgeändert zurück. Darin unter dem Stichwort Wohnsitz angegeben: “Wohnort: B, Anschrift: unter Datenschutz wegen Verfolgung politisch Unschuldiger„, die Anlage Kosten der Unterkunft ist nicht beigefügt. Eine Krankenversicherung besteht laut Formulareintrag nicht. Das Formular “Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit„ ist mit dem Wort “unfreiwillig„ ergänzt und enthält keinerlei Eintragungen zu Einnahmen oder Ausgaben. Als Vermögen wird ein bebautes Hausgrundstück mit einem Verkehrswert von 239.000 Euro angegeben, wobei laut Angabe der Kläger die Selbstnutzung verweigert werde (ohne Nachweise).
Mit Schreiben vom 15. Januar 2014 forderte der Beklagte die Kläger über den Prozessbevollmächtigten zur Mitwirkung im Rahmen des §§ 60 ff SGB I auf und gab an, folgende Unterlagen/bezifferte Angaben noch zu benötigen:
“1. Identitätsprüfung: Zur Identitätsprüfung ist der Personalausweis oder Reisepass der Bundesrepublik Deutschland oder eines anderen Landes für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einzureichen. ≪…≫ Weiterhin sind die Geburtsurkunden der Kinder vorzuliegen.
2. Prüfung des gewöhnlichen Aufenthalts: Die Meldebescheinigung ist für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einzureichen (gemäß des Schreibens vom 9. Januar 2014 wurden Kosten für Unterkunft und Heizung beantragt. Aus den eingereichten Unterlagen geht jedoch nicht die genaue Anschrift hervor.)
3. Krankenversicherung/Rentenversicherung: Mitgliedsbescheinigung der zuständigen Krankenkasse für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ≪…≫
4. Prüfung der Einkommensverhältnisse: Kindergeldbescheid für die Kinder sowie ein Nachweis die Pfändung des Kindergeldes. Im Leistungsantrag wurde angegeben, dass Herr H L eine selbständige Tätigkeit ausübt. Hierzu ist die Gewerbeanmeldung einzureichen. Die beiliegenden Anlagen EKS sind für die Vergangenheit, d.h. von August 2012 bis Oktober 2013 mit den abschließenden Angaben zu versehen. ≪…≫ Schriftliche Erläuterung mit entsprechender Nachweisführung, inwiefern Frau A L in die Selbstständigkeit eingebunden ist (z.B. liegt hier ein Anstellungsvertrag vor?)
5. Prüfung der Vermögensverhältnisse: Nachweis über das Eigentum (gemäß der Angaben von Frau L: bebautes Grundstück), Grundbuchauszug, Flurkarte, gegebenenfalls Kaufvertrag oder Verkehrswertgutachten als Nachweis über den Verkehrswert, Bestätigung dass die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bis auf das bebaute Grundstück und das Kfz über kein anderweitiges Vermögen verfügen (keine Girokonten - wenn auch gepfändet -, Sparbücher, Sparkonten, Fonds, sonstige Wertpapiere oder Spareinlagen, Bausparverträge, Lebens- oder Rent...