Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. kein Anspruch auf Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 für im Haushalt der Eltern lebende über 25-jährige Leistungsberechtigte. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die Regelung des § 8 Abs 1 Nr 3 RBEG, wonach ein erwachsener Leistungsberechtigter nach dem SGB 12, der weder einen eigenen Haushalt noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt, zur Deckung seines Regelbedarfs Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 3 erhält, ist verfassungsgemäß.
2. Das Urteil des BSG vom 19.5.2009 - B 8 SO 8/08 R = BSGE 103, 181 = SozR 4-3500 § 42 Nr 2, wonach bei einer Empfängerin von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, die mit ihrem volljährigen, Arbeitslosengeld II beziehenden Sohn zusammenlebt, eine Reduzierung des Regelsatzes für die Hilfe zum Lebensunterhalt als Haushaltsangehörige im Rahmen der Sozialhilfe nicht gerechtfertigt ist, ist auf die seit dem 1.1.2011 geltende Rechtslage nicht übertragbar.
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens nicht zu erstatten.
3. Die Sprungrevision zum Bundessozialgericht wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII einschließlich des behinderungsbedingten Mehrbedarfszuschlages entsprechend der Regelbedarfsstufe 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes.
Der 31-jährige Kläger leidet an mittlerer Intelligenzminderung (IQ ≤ 50), Grand Mal Epilepsie sowie Verdacht auf Autismus und ist damit wesentlich geistig und seelisch behindert. Ihm wurde vom Landesamt für Soziales und Versorgung Potsdam ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 sowie die Merkzeichen G, H und B zuerkannt. Er steht ausweislich des Beschlusses des Amtsgerichts Zossen vom 24. Dezember 2009 bis zum 15. Dezember 2016 unter Betreuung für die Aufgabenkreise Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Vertretung vor Behörden und Institutionen, Wohnungsangelegenheiten, Geltendmachung von Ansprüchen auf Rente. Als Betreuerin wurde seine Mutter M S aus D bestimmt.
Der Beklagte gewährt dem Kläger fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Mit Bescheid vom 23. September 2010 setzte der Beklagte auf den Wiederholungsantrag des Klägers vom 20. September 2010 die Leistungen für den Zeitraum Dezember 2010 bis November 2011 in Höhe von 665,69 € fest. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus dem Regelsatz von 359,00 €, dem Mehrbedarfszuschlag für Erwerbsunfähige von 61,03 € sowie dem Unterkunftskostenanteil von 257,09 €, somit 677,12 €, abzüglich des anrechenbaren Einkommens aus der Tätigkeit in der WfbM von 11,43 €, somit 665,69 €. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 30 des Verwaltungsvorgangs - VV - des Beklagten Bezug genommen. Mit Bescheid vom 20. Dezember 2010 wiederholte der Beklagte den Regelungsgehalt des vorgenannten Bescheides (vgl. Bl. 31 VV).
Mit Änderungsbescheid vom 19. April 2011 setzte der Beklagte die Leistung für den Kläger ab Mai 2011 auf insgesamt 565,57 € fest. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus dem Regelsatz von 291,00 €, der Kürzung von 25,35 € für Essengeld in der WfbM, dem Mehrbedarfszuschlag für Erwerbsunfähige von 49,47 € sowie dem Unterkunftskostenanteil von 262,92 €, abzüglich des anrechenbaren Betrages von 12,47 € aufgrund des Werkstatteinkommens des Klägers. Aufgrund eines Nachzahlungsbetrages von 45,56 € erfolgte im Mai 2011 eine Auszahlung von 611,13 € an den Kläger. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 32 VV Bezug genommen. Dagegen erhob der Kläger am 10. Mai 2011 (Bl. 33 VV) Widerspruch. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 25. Juli 2011 setzte der Beklagte ab August 2011 die Leistung unter Beibehaltung der Festsetzungen für die Einzelbedarfe auf 565,58 € fest. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 37 VV Bezug genommen. Den erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2011 zurück. Zur Begründung machte er geltend: Der Kläger sei der Regelbedarfsstufe 3 nach dem RBEG zuzuordnen; er führe selbst keinen Haushalt, sondern lebe mit seiner Mutter in einer Haushaltsgemeinschaft. Das Gesetz lasse eine andere Regelung zu Gunsten des Klägers nicht zu. Soweit er für den Zeitraum von Januar 2011 bis einschließlich April 2011 dem Kläger fehlerhaft Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 gewährt habe und es zu einer weiteren Überzahlung von insgesamt 20,00 € gekommen sei, werde die Leistung wegen des Schutzes des Vertrauens des Klägers auf die Rechtmäßigkeit der Höhe der Leistung nicht zurückgefordert.
Der Kläger hat am 25. Oktober 2011 Klage erhoben. Mit dieser verfolgt er sein Begehren auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen einschli...