Entscheidungsstichwort (Thema)

Duales Ausbildungssystem. Studiengebühren. Arbeitsentgelt. Sozialversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Vom Ausbildungsbetrieb übernommene Studiengebühren, die der Auszubildende im Rahmen einer dualen Ausbildung für den Besuch einer Berufsakademie schuldet, stellen sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt dar.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beklagte hat nicht die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Beigeladenen zu erstatten.

3. Die Klägerin hat die Gerichtskosten zu erstatten.

4. Der Streitwert wird endgültig auf 1343,10 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Im Streit ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für Studiengebühren, welche die Klägerin, die ein Squash und Fitness Center betreibt, kraft vertraglicher Verpflichtung für die Beigeladene (J.B.) zahlte.

Die am ... geborene Beigeladene schloss am 12.02.2007 mit der Klägerin (als Ausbildungsbetrieb) einen Ausbildungsvertrag für die Ausbildung zum Bachelor of Arts in Fitnessökonomie im Rahmen einer dualen Ausbildung unter Mitbeteiligung der BSA - Privaten - Berufsakademie GmbH ... Sportschule in ...

Im Ausbildungsvertrag wurde der Gegenstand der Ausbildung wie folgt beschrieben:

“Im Rahmen der Ausbildung im Ausbildungsbetrieb und an der BSA - Privaten Berufsakademie wird eine praxisorientierte und wissenschaftsbezogene berufliche Bildung vermittelt, deren Ziel der Studienabschluss an der BSA - Privaten Berufsakademie ist. Der Inhalt der Ausbildung ergibt sich aus dem Ausbildungsrahmenplan und dem Rahmenstudienplan der BSA - Privaten Berufsakademie.„

Nach den weiteren Bestimmungen des Ausbildungsvertrages wurde als Ausbildungsdauer die Zeit vom 01.03.2007 bis 28.02.2010 angegeben. Die Klägerin, welche die betriebliche Ausbildung durchführte, behielt sich eine vorübergehende Ausbildung in anderen Ausbildungsstätten vor. Die Klägerin hatte der Beigeladenen eine Vergütung von monatlich brutto im ersten Ausbildungsjahr 400,-- €, im zweiten Ausbildungsjahr 450,-- € und dritten Ausbildungsjahr 500,-- € bei einer wöchentlichen Arbeitszeit der Beigeladenen von 40 Stunden zu erbringen. Die Kosten für das Studium an der BSA - Privaten Berufsakademie waren von der Klägerin zu tragen.

Nach § 4 des Ausbildungsrahmenplanes verpflichtete sich der Studierende, die Kenntnisse, die Fertigkeiten und die beruflichen Erfahrungen zu erwerben, die erforderlich sind, um das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit zu erreichen. Der Ausbildende verpflichtete sich nach § 5 dafür zu sorgen, dass dem Auszubildenden die Kenntnisse, die Fertigkeiten und die beruflichen Erfahrungen vermittelt werden, die zum Erreichen des Ausbildungsziels nach dem Ausbildungsrahmenplan der BSA - Privaten Berufsakademie erforderlich sind und die Ausbildung gemäß der sachlichen und zeitlichen Gliederung so durchzuführen, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit zu erreichen ist. Der Ausbildende verpflichtete sich ferner, den Studierenden zum Besuch der BSA - Privaten Berufsakademie anzuhalten und ihn bei Bedarf für das Fernstudium oder zur Prüfungsvorbereitung von der Tätigkeit im Betrieb freizustellen, sofern die betrieblichen Erfordernisse dies erlaubten und ihm nur dem Ausbildungszweck dienende und dem Ausbildungsstand angemessene Tätigkeiten zu übertragen.

Im Rahmen des Studienvertrages vom 12.02.2007, mit welchem sich die Beigeladene verbindlich zum Studium an der BSA - Privaten Berufsakademie GmbH ...Sportschule in ... anmeldete, erteilte der Bevollmächtigte der Klägerin der BSA eine Ermächtigung, die monatlichen Studiengebühren in Höhe von 330,-- € von seinem Bankkonto einzuziehen.

In den allgemeinen Vertragsbedingungen für das Studium an der BSA-Privaten Berufsakademie ist ausgeführt, das Studium bestehe aus einem Fernstudium mit integrierter praktischer Ausbildung im Betrieb und Präsenzunterrichtsphasen (Nr. 1 der allgemeinen Vertragsbedingungen). Das Studium beginne mit dem Erhalt des ersten Studienmaterials, welches in regelmäßigen Abständen, mindestens jährlich versandt werde (Nr. 2 und Nr. 6). In dem Betrag für die Studiengebühren seien die Leistungen für die Präsenzphasen, die Studienbriefe, die Aufgabenkontrollen, die individuelle Betreuung durch die Fernlehrer, die Prüfungsunterlagen sowie die Prüfungsgebühr enthalten (Nr. 9).

Die Beigeladene und die Klägerin schlossen am 12.02.2007 eine Zusatzvereinbarung zum Ausbildungsvertrag. Sollte danach die Klägerin auf eigenen Wunsch das ausbildende Unternehmen innerhalb von zwei Jahren nach Studienabschluss verlassen, waren die Studiengebühren von der Beigeladenen an die Klägerin zurückzuzahlen.

Am 13.02.2008 führte die Beklagte gemäß § 28 p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch betreffend den Prüfzeitraum vom 01.01.2004 bis 31.12.2007.

Hiernach stellte die Beklagte mit Bescheid vom 22.02.2008 eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 1.450,55 € gegenüber der Klägerin fest. Zur Begründu...

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