Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung der Entgeltpunkte durch das WFG. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Die Vorschrift des § 22 Abs 4 FRG iVm Art 6 § 4c FANG idF des WFG vom 25.9.1996 ist nicht verfassungswidrig.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt höhere Altersrente unter ungekürzter Berücksichtigung der sich aus seinen in der ehemaligen UdSSR zurückgelegten Beitragszeiten ergebenden Entgeltpunkte.

Der ....1937 geborene Kläger, der am 01.03.1990 aus K, ehem. UdSSR, zugezogen ist, beantragte am 29.08.1997 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres. In der ehemaligen UdSSR war er von 1955 bis 1990 versicherungspflichtig beschäftigt.

Im Rentenbescheid vom 26.09.1997 gewährte die Beklagte dem Kläger eine monatliche Altersrente in Höhe von DM 1.217,90. Dabei wurden die sich aus den in der ehemaligen UdSSR zurückgelegten Beitragszeiten ergebenden Entgeltpunkte gemäß § 22 Abs. 4 FRG mit dem Faktor 0,6 multipliziert, d.h. um 40 % gekürzt. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 28.10.1997 Widerspruch ein mit der Begründung, die Wehrdienstzeit vom 08.10.1960 bis 23.11.1964 sei anzuerkennen. Außerdem sei für die Beschäftigungszeit vom 22.11.1971 bis 18.02.1990 die Qualifikationsgruppe 4 zu berücksichtigen und sei die 40-prozentige Kürzung der Beitragszeiten nach dem FRG verfassungswidrig.

Nachdem die Beklagte dem Widerspruch mit Bescheid vom 31.08.1998 insofern teilweise stattgegeben hatte, als sie die Wehrdienstzeiten anerkannte, wodurch sich die Rente auf monatlich DM 1411,92 erhöhte, wies sie den Widerspruch im Übrigen zurück (Widerspruchsbescheid vom 17.11.1998).

Mit der am 15.12.1998 bei Gericht erhobenen Klage wird nur noch die Kürzung der Entgeltpunkte um 40 % angegriffen, während die anderen im Widerspruchsverfahren streitigen Punkte nicht weiterverfolgt werden. Als Begründung hat der Kläger insbesondere anführen lassen, die Regelung des § 22 Abs. 4 FRG i.V.m. Art. 6 § 4c FANG sei verfassungswidrig, da sie eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung beinhaltete und für alle Aussiedler gelten würde ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Zuzugs in die Bundesrepublik Deutschland. Auch verstieße sie gegen Art. 14 GG, da rentenrechtliche Zeiten zu Rentenanwartschaften führten, die am Eigentumsschutz teilhaben müssten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26.09.1997 sowie den Bescheid vom 31.08.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.1998 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Altersrente ohne Kürzung der nach dem FRG ermittelten Entgeltpunkte zu gewähren,

hilfsweise das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gem. Art 100 Grundgesetz (GG) über die Verfassungsmäßigkeit des § 22 Abs. 4 FRG, Art. 6 § 4c FANG in der Fassung des WFG vom 25.09.1996 einzuholen,

hilfsweise die Sprungrevision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage zurückzuweisen.

Sie hält die in Frage stehenden Regelungen für verfassungsgemäß. Auf Anfrage des Gerichts hat sie eine Berechnung der Rente des Klägers ohne die Kürzung der Entgeltpunkte vorgelegt, aus der sich eine Rentenminderung von etwa 7 % ergibt.

Sowohl Kläger als auch Beklagte haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beklagtenakte sowie die Akte des Gerichts Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht erhoben und auch statthaft. Sie ist aber nicht begründet, da die Kürzung der Entgeltpunkte zu Recht erfolgt ist und dem Kläger deshalb eine höhere Altersrente nicht zusteht.

Die Beklagte hat bei der Berechnung der Altersrente des Klägers bezüglich der in der ehemaligen UdSSR zurückgelegten Versicherungszeiten zutreffend § 22 FRG in der Fassung durch das WFG vom 25.09.1996 angewendet und die nach Abs. 1 und 3 dieser Vorschrift ermittelten Entgeltpunkte gem. Abs. 4 mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt. Da die Rente des Klägers am 01.12.1997 begann, gilt die Übergangsvorschrift des Art. 6 § 4c FANG nicht.

Der Ansicht des Klägers, die Vorschrift des § 22 Abs. 4 FRG i.V.m. Art. 6 § 4c FANG sei verfassungswidrig, vermochte die Kammer nicht zu folgen; eine Aussetzung gem. Art. 100 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz (GG) kam daher nicht in Betracht.

I.  Prüfungsmaßstab ist Art. 14 Abs. 1 GG, wonach das Eigentum und Erbrecht gewährleistet und Inhalt und Schranken durch Gesetze bestimmt werden.

1.  Es ist jedoch bereits zweifelhaft, ob die Rechtsposition des Klägers, soweit sie auf FRG-Zeiten beruht, in den Eigentumsschutz des Art. 14 GG einzubeziehen ist. Hiergegen spricht, dass sie nicht auf Eigenleistungen in Gestalt von an deutsche Rentenversicherungsträger gezahlten Beiträgen beruht (vgl. BSG Urteil vom 01.12.1999, Az.: B 5 RJ 26/98 R).

Zwar ist der Eigentumsschutz für Rentenansprüche und Rentenanwartschaften, die im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworben worden sind, seit langem anerkannt (BVerfGE 53, 257 (289f); 58, 81 (109)), wobei die sozialversicherungsrecht...

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