Entscheidungsstichwort (Thema)
Vormerkungsbescheid. Möglichkeit der Aufhebung nach Erlass des Rentenbescheids
Orientierungssatz
Ein Vormerkungsbescheid kann nach Erlass eines Rentenbescheids nicht mehr nach § 48 Abs 1 S 1 SGB 10 aufgehoben werden, selbst wenn der Vormerkungsbescheid in diesem Rentenbescheid zu Unrecht nicht berücksichtigt wurde.
Nachgehend
Tenor
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Die Beklagte wird unter Abänderung des Rentenbescheids vom 17.01.2003 i.d.F. des Bescheids vom 19.05.2006 und unter Aufhebung der Bescheide vom 13.01.2006 und 16.03.2006 sämtliche i.d.G. des Widerspruchsbescheids vom 23.08.2006 verurteilt, die Altersrente unter Berücksichtigung den in den Bescheiden vom 19.08.1976 und 09.09.1988 vorgemerkten Ausbildungszeiten auch für die Zeit ab 01.04.2006 zu berechnen und auszuzahlen. |
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Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte. |
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Die Sprungrevision wird zugelassen. |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, Vormerkungsbescheide nach Erlass eines Altersrentenbescheides aufzuheben, um die Altersrente danach mit Wirkung für die Zukunft neu festzustellen und zu berechnen.
Der Kläger ist ... 1943 geboren. Mit Bescheiden vom 19.08.1976 und 09.09.1988 hat die Beklagte unter anderem die Zeit vom 05.02.1959 bis 04.02.1960 gegenüber dem Kläger als Anrechnungszeit wegen Schulausbildung vorgemerkt.
Aufgrund einer Rechtsänderung, die zum 01.01.1997 in Kraft trat, sind Anrechnungszeiten wegen Schulausbildung vor Vollendung des 17. Lebensjahres nicht mehr zu berücksichtigen.
Am 29.10.2002 beantragte der Kläger die Gewährung einer Altersrente. Mit Bescheid vom 17.01.2003 bewilligte die Beklagte eine Altersrente ab dem 01.03.2003. Bei der Berechnung der Rentenhöhe ließ sie die Ausbildungszeit vom 05.02.1959 bis 04.02.1960 außer Acht. Deswegen erhob der Kläger am 11.02.2003 Widerspruch. Das Widerspruchsverfahren wurde im Hinblick auf ein anhängiges Verfahren beim Bundessozialgericht (BSG) zum Ruhen gebracht. Nachdem der Kläger auf die sodann ergangene Entscheidung des BSG vom 30.03.2004 (B 4 RA 36/02 R) hinwies, hob die Beklagte nach Anhörung im Bescheid vom 13.01.2006 den Vormerkungsbescheid vom 09.09.1988 mit Wirkung zum 01.02.2006 im Hinblick auf Anrechnungszeiten, die vor dem 17. Lebensjahr festgestellt wurden, auf. Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 22.01.2006. Er trug vor, der Aufhebungsbescheid verstoße gegen die Entscheidung des BSG vom 30.03.2004. Nach Erlass eines Rentenbescheides könnten demnach Vormerkungsbescheide nicht mehr aufgehoben werden.
Nach weiterer Anhörung hob die Beklagte mit Bescheid vom 16.03.2006 den Vormerkungsbescheid vom 19.08.1976 mit Wirkung zum 01.04.2006 ebenfalls im Hinblick auf vor dem 17. Lebensjahr festgestellte Anrechnungszeiten auf.
Mit Nachzahlungs- und Neufeststellungsbescheid vom 19.05.2006 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rentennachzahlung für die Zeit vom 01.03.2003 bis 31.03.2006. Für diesen Zeitraum sei der Rentenberechnung die in den Vormerkungsbescheiden festgestellten Anrechnungszeiten vor dem 17. Lebensjahr zugrunde zu legen. Für die Zeit danach sei dies nicht mehr der Fall, da die Vormerkungsbescheide zwischenzeitlich wirksam mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben worden seien.
Sodann wies die Beklagte die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2006, soweit keine Abhilfe durch den Bescheid vom 19.05.2006 erfolgte, zurück. Die Vormerkungsbescheide seien mit Wirkung für die Zukunft wegen einer Änderung in den rechtlichen Verhältnissen aufgehoben worden. Das BSG habe in seiner Entscheidung keine Aussage zur Möglichkeit einer solchen Aufhebung von Vormerkungsbescheiden gemacht.
Deswegen erhob der Kläger am 29.08.2006 Klage. Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und ergänzt, aus Entscheidungen des Bayerischen Landessozialgericht ergebe sich, dass die Beklagte die Entscheidung des BSG akzeptieren müsse. Ihm sei bekannt, dass dies auch freiwillig in verschiedenen anderen Verfahren geschehen sei. Die Beklagte wolle die Entscheidung des BSG umgehen. In der mündlichen Verhandlung trägt er weiter vor, wegen des Fehlens ausdrücklicher Ausführungen des Bundessozialgerichts sei davon auszugehen, dass auch das Bundessozialgericht angenommen habe, eine Änderung sei auch für die Zukunft generell nicht mehr möglich. Es stelle sich die Frage, ob die Beklagte in den vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall im Nachhinein ebenfalls die Vormerkung für die Zukunft aufgehoben hat. Dies müsse, folge man der Ansicht der Beklagten, bei allen Bestandsrentnern geschehen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Rentenbescheids vom 17.01.2003 in der Fassung des Bescheids vom 19.05.2006 und unter Aufhebung der Bescheide vom 13.01.2006 und 16.03.2006 sämtliche i.d.G. des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2006 zu verurteilen, die Altersrente unter Berücksichtigung der in den Bescheiden vom 19.08.1976 und 09.09.1988 vorgemerkten ...