Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. örtliche Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers. entsprechende Anwendung des § 30 Abs 2 S 3 SGB 1. Kostenerstattung wegen vorläufig geleisteter Sozialhilfe in stationärer Einrichtung. gewöhnlicher Aufenthalt

 

Orientierungssatz

1. Die Definition des § 30 Abs 2 S 3 SGB 1 betrifft unmittelbar lediglich die Regelung des § 30 Abs 1 SGB 1 über den räumlichen Geltungsbereich der Vorschriften des SGB. Für die Zuständigkeitsregelungen des SGB 12 gilt sie nicht unmittelbar; in Ermangelung einer eigenständigen sozialhilferechtlichen Definition kann ergänzend darauf zurückgegriffen werden (vgl BVerwG vom 18.3.1999 - 5 C 11/98 = Buchholz 436.0 § 107 BSHG Nr 1).

2. Zur Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung wegen vorläufig geleisteter Sozialhilfe in einer stationären Einrichtung.

Der Kläger und die Beklagte sind örtliche Träger der Sozialhilfe in Schleswig Holstein. Die Beigeladene ist örtliche Trägerin der Sozialhilfe in Niedersachsen.

Die damals in H. im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen wohnende, geb. …. Frau … reiste wenige Tage vor Weihnachten 2003 von H. nach K., um dort ihren Bruder und ihre Schwägerin zu besuchen. Dieser Besuch, bei dem es sich um den traditionellen Weihnachtsbesuch handeln sollte, sollte wie in den vorangegangenen Jahren ursprünglich bis Mitte Januar 2004 andauern. Frau .. reiste zu diesem Besuch mit einem Koffer. Am 26. Dezember 2003 erkrankte Frau .. schwer und suchte die Notfallambulanz der Universitätshautklinik in K. auf. Seit dem 29. Dezember 2003 wurde Frau .. vom Pflegedienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in der Wohnung ihres Bruders und ihrer Schwägerin, der Zeugin, im Rahmen der häuslichen Krankenpflege versorgt. Unter dem 19. Januar 2004 meldete sich Frau .., ohne zwischenzeitlich nach H. zurückgekehrt zu sein, zum nächstmöglichen Zeitpunkt zur Heimaufnahme in dem Pflegeheim “Haus S.„ in R. an. Als derzeitiger Aufenthalt war in dem Anmeldeformular die Adresse ihres Bruders angegeben. Als Hausarzt war angegeben … . Unter dem 27. Februar 2004 wurde dann der Heimvertrag geschlossen und Frau .. wurde am gleichen Tag in das Pflegeheim aufgenommen.

In der Folgezeit waren zunächst weder der Kläger, noch die Landeshauptstadt H. bzw. die Beigeladene, noch die Beklagte bereit, für die ungedeckten Heimkosten aufzukommen. Frau .. ersuchte deshalb wegen der Heimkostenübernahme zunächst um vorläufigen Rechtsschutz. In dem beim Sozialgericht Schleswig geführten Verfahren zum Az.: S 11 SO 21/05 ER wurde der hiesige Kläger mit Beschluss vom 2. März 2005 dazu verpflichtet, über den Antrag auf ein Kostenübernahme zu entscheiden und für die ungedeckten Heimkosten vorläufig einzutreten.

In der Folgezeit erbrachte der Kläger der Frau .. Leistungen der Hilfe zur Pflege in Gestalt der Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten in Höhe von jeweils monatlich 988,90 Euro im Zeitraum Februar bis Juni 2005, 992,56 Euro im Zeitraum Juli 2005 bis Februar 2006, 1.034, 23 Euro im Zeitraum März 2006 bis Januar 2007, 1.037,68 Euro in den Monaten Februar und März 2007, 1.043,46 Euro im April 2007, 1.045,91 Euro im Zeitraum zwischen Mai und Juli 2007 sowie 1.042,52 Euro seit August 2007. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 4, 27 der Gerichtsakte Bezug genommen. Bereits im Jahr 2005 hatte der Kläger sowohl die Beklagte als auch die Beigeladene fruchtlos zur Kostenerstattung aufgefordert.

Am 17. Februar 2006 hat er beim Sozialgericht Schleswig Klage erhoben.

Zur Begründung machte er geltend, dass die Beklagte Kostenerstattung zu leisten habe, da Frau .. in deren Gebiet vor Aufnahme in das Pflegeheim ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Wenngleich sie in H. noch eine Wohnung vorgehalten habe, habe Frau .. im Gebiet der Beklagten zukunftsoffen verweilt, weil das Pflegeheim “Haus S.„ vollständig belegt gewesen sei und ihr deshalb kein konkreter Aufnahmetermin habe zugesagt werden können. Sie habe deshalb jedenfalls ab Mitte Januar 2004 sowohl in objektiver, als auch in subjektiver Hinsicht ihren Lebensmittelpunkt bei ihren Angehörigen in K. gehabt.

Der Kläger, der die ursprünglich lediglich auf Zahlung von 12.094,28 Euro nebst Prozesszinsen gerichtete Klage am 13. Februar 2008 erweitert hat, beantragt,

1.

die Beklagte dazu zu verurteilen, an den Kläger 37.069,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz nach § 1 Diskontüberleitungsgesetz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2.

die Beklagte dem Grunde nach dazu zu verurteilen, die ungedeckten Heimpflegekosten für Frau P. seit dem 01. März 2008 zu übernehmen, hilfsweise,

3.

die Beigeladene dazu zu verurteilen, an den Kläger 37.069,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über den Basiszinssatz nach § 1 Diskontüberleitungsgesetz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

4.

die Beigeladene dem Grunde nach dazu zu verurteilen, die ungedeckten Heimpflegekosten für Frau P. seit dem 01. März 2008 zu übernehmen.

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