Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Arbeitslosengeldes. Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe bei Altersteilzeitvereinbarung. Änderung der Rentenpläne wegen der mit Art 1 Nr 8 RVLVG eingeführten Möglichkeit der abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab Vollendung des 63. Lebensjahres nach § 236b SGB 6
Leitsatz (amtlich)
1. Im Falle des Abschlusses einer Altersteilzeitvereinbarung ist ein wichtiger Grund iSd Sperrzeitregelung des § 159 Abs 1 S 1 SGB 3 anzuerkennen, wenn der Arbeitnehmer bei Abschluss der Vereinbarung beabsichtigte endgültig aus dem Erwerbsleben auszuscheiden und dies nach der Gesetzeslage auch möglich war (Anschluss an BSG vom 21.7.2009 - B 7 AL 6/08 R = BSGE 104, 90 = SozR 4-4300 § 144 Nr 18).
2. Ändert der Arbeitnehmer nach Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung allein im Hinblick auf das zum 1.7.2014 in Kraft getretene RV-Leistungsverbesserungsgesetz (juris: RVLVG), mit dem eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte bereits ab dem vollendeten 63. Lebensjahr geschaffen wurde, seine Rentenpläne und wird hierdurch arbeitslos, liegt auch insoweit ein wichtiger Grund iSd § 159 Abs 1 S 1 SGB 3 vor, sofern der Arbeitnehmer zuvor vergebens versucht hat seine Altersteilzeitbeschäftigung entsprechend zu verlängern.
Nachgehend
Tenor
1. Die Bescheide der Beklagten vom 21.7.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.8.2014 werden aufgehoben bzw. abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1.8.2014 bis 23.10.2014 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Streitig ist der Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit für die Zeit vom 1.8.2014 bis 23.10.2014 im Anschluss an einen Altersteilzeitvertrag.
Der am … 1952 geborene Kläger arbeitete seit 1989 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis als Verwaltungsleiter bei dem Therapieverbund L… in L…. Am 28.12.2006 schloss der Kläger mit seinem Arbeitgeber einen Altersteilzeitvertrag ab. Danach vereinbarten die Arbeitsvertragsparteien die Fortführung des bisherigen Arbeitsverhältnisses für die Zeit ab dem 1.8.2008 als ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis, dessen Arbeitsphase vom 1.8.2008 bis zum 31.7.2011 und dessen passive Phase vom 1.8.2011 bis zum 31.7.2014 dauerte. Der Arbeitsplatz des Klägers beim Therapieverbund wurde mit Beginn der passiven Phase des Klägers seitens seines Arbeitgebers wieder besetzt.
Am 2.6.2014 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg) mit Wirkung ab dem 1.8.2014. Dabei gab er auch an, dass er während der Arbeitslosigkeit eine auf wöchentlich zwei Stunden begrenzte selbstständige Tätigkeit als Reiseleiter weiterhin fortführe. Zum 1.8.2014 nahm der Kläger zudem mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 3,5 Stunden eine Tätigkeit als Hausmeister bei der Protestantischen Kirchengemeinde L...-M... auf.
Mit Bescheid vom 21.7.2014 stellte die Beklagte für die Zeit vom 1.8.2014 bis zum 23.10.2014 den Eintritt einer Sperrzeit fest, weil der Kläger durch den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages sein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis selbst gelöst habe, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Mit Bescheid vom 21.7.2014 bewilligte sie zudem Alg ab dem 24.10.2014 bis zum 22.4.2016 in Höhe von 31,58 Euro täglich.
Zu seinem hiergegen erhobenen Widerspruch trug der Kläger vor, er habe bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung die Absicht gehabt ab dem 1.8.2014 die Altersrente mit Rentenabschlag in Anspruch zu nehmen. Nach der neuesten Rentenreform zum 1.7.2014, mit dem nunmehr die Möglichkeit geschaffen wurde mit 63 Jahren eine abschlagsfreie Rente für langjährig Versicherte in Anspruch zu nehmen, habe er sich entschieden, seine Rentenpläne um ein Jahr zu verschieben und zum 1.8.2015 diese abschlagsfreie Altersrente mit 63 Jahren in Anspruch zu nehmen. Wäre bereits bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung das später vom Gesetzgeber verwirklichte Rentenpaket absehbar gewesen, hätte er mit seinem Arbeitgeber eine entsprechende Verlängerung der Altersteilzeitregelung vereinbart.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.8.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein wichtiger Grund für den Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung sei nicht gegeben. Ein solcher sei nur anzuerkennen, wenn die Altersteilzeitbeschäftigung unmittelbar in einem Rentenbezug münde und damit Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug gerade vermieden werde. Wenn nun im Hinblick auf die abschlagsfreie Rente nach dem Ende der Altersteilzeit nicht planmäßig unmittelbar Rente beantragt werde, stelle dies keinen wichtigen Grund im Sinne der Sperrzeitregelung dar.
Am 9.9.2014 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Speyer erhoben und sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Er hat ergänzend vorgetragen, dass er nachdem der Gesetzgeber eine abschlagsfreie Altersrente mit 63 Jahren geschaffen habe, er versucht habe mit seinem bisheri...