Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsunfähigkeitsrente. Hinzuverdienst. Erwerbsersatzeinkommen. Arbeitslosengeld. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Bei der Feststellung des Hinzuverdienstes bei Bezug von Arbeitslosengeld neben einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ist gemäß § 96a Abs 3 S 3 SGB das dem Arbeitslosengeld zugrunde liegende Arbeitsentgelt und nicht der Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes zu berücksichtigen.
2. § 96a Abs 3 S 3 SGB 6 verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 und Art 14 Abs 1 GG (vgl LSG Stuttgart vom 22.3.2002 - L 4 RA 3322/00).
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, inwieweit vom Kläger bezogenes Arbeitslosengeld auf seine Berufsunfähigkeitsrente als Hinzuverdienst angerechnet werden darf.
Der Kläger bezieht von der Beklagten seit Jahren eine Berufsunfähigkeitsrente. Er war bis zum 31.03.2001 berufstätig und wurde ab dem 1.04.2001 arbeitslos. Aufgrund der Anrechnung seines tatsächlichen Monatslohnes von DM 4441,50,- erhielt er für die Zeit bis zum 31.3.2001 statt der vollen eine 2/3-Berufsunfähigkeitsrente.
Er bezog vom Arbeitsamt K ab dem 1.4.2001 ein Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich 513,17 DM. Das wöchentliche Bemessungsentgelt betrug laut unangefochtenem Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes K vom 23.5.2001 DM 1.220,-.
Mit Bescheid vom 10.08.2001 wurde die Rente aufgrund der Änderung des Hinzuverdienstes neu berechnet. Ab 01.09.2001 wurde die Rente von 951,55 DM auf 484,89 DM gekürzt und für die Zeit vom 01.04. bis 31.08.2001 eine Überzahlung von 2.397,09 DM festgestellt. Wegen des Hinzuverdienstes sei die Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01.04.2001 nur noch in Höhe von 1/3 zu leisten. Dies ergebe sich aus § 96 a SGB VI, wonach der Bezug einer Sozialleistung dem Arbeitsentgelt gleichgestellt werde. Dabei sei als Hinzuverdienst nicht die Sozialleistung selbst, sondern das ihr zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt zu berücksichtigen. Dieses habe aber, wie aus dem Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes K hervorgehe, monatlich DM 5.286,- betragen.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Kläger am 22.2.2002 Klage beim Sozialgericht Speyer eingereicht.
Durch seine Arbeitslosigkeit und die Gewährung von Arbeitslosengeld habe er ein geringeres Einkommen als vor dem 01.04.2001 erzielt. Dennoch führe die Anrechnung des Arbeitslosengeldes zu einer radikalen Einkommensminderung des Klägers. Die Regelung des § 96 a SGB VI sei verfassungswidrig. Sie solle angeblich sicherstellen, dass ein Versicherter, dessen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wegen eines Hinzuverdienstes gekürzt wird, nicht besser gestellt wird, wenn an die Stelle des Arbeitsentgeltes oder Arbeitseinkommens eine kurzfristige Lohnersatzleistung tritt. Tatsächlich stelle sie eine eindeutige Benachteiligung dar und demnach auch eine Ungleichbehandlung, wie sich im Falle des Klägers zeige. Ein tatsächliches Mindereinkommen gegenüber der Erwerbstätigkeit führe auch noch zu einem Mindereinkommen bei der Rente. Damit werde der Kläger gegenüber denjenigen, die durch Arbeitseinkommen einen anrechnungsfähigen Hinzuverdienst haben, schlechter gestellt, ohne dass hierfür ein rechtfertigender Grund vorliegen würde.
Hinzu komme ein Eingriff in das Vermögen des Klägers in grundgesetzwidriger Weise. Der Kläger habe durch seine Beitragsleistungen eine Anwartschaft auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente erworben. Es mag dem Gesetzgeber zustehen, derartige gesetzliche Regelungen zu schaffen, die verhindern sollen, dass neben dem Bezug von Rente zu Lasten der Versichertengemeinschaft auch noch unbeschränkter Verdienst möglich ist. Als unberechtigter Eingriff in die Vermögensrechte erscheine jedoch die Tatsache, dass im vorliegenden Fall eine Anrechnung in einer Höhe stattfinde, die tatsächlich dem Kläger nicht zufließt. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Rente ruhe zu seinen Lasten wegen Beträgen, die er in dieser Höhe überhaupt nicht erhalte. Damit sei der grundgesetzliche Schutz des Vermögens tangiert. Diese verfassungsrechtlichen Fragen seien auch nicht durch das BSG in seiner Entscheidung vom 17.12.2002 (B 4 RA 23/02 R) geklärt worden, das zudem ausdrücklich die Frage offen lasse, ob nicht Art.3 Absatz 1 GG durch die gewählten Hinzuverdienstfaktoren verletzt sei und ob es sich insoweit um unsachgemäße Differenzierungen handele.
Seit dem 2.6.2003 bezieht der Kläger kein Einkommen neben seiner Berufsunfähigkeitsrente. Die Beklagte hat daher mit Schreiben vom 23.6.2003 den Rentenanspruch des Klägers ohne Berücksichtigung eines Hinzuverdienstes berechnet. Gegen einen sich daraus ergebenden Nachzahlungsanspruch in Höhe von 982,98 Euro hat die Beklagte durch Bescheid vom 4.7.2003 mit ihrem nach ihrer Auffassung bestehenden Erstattungsanspruch in Höhe von 1.225,61 Euro, festgestellt durch Bescheid vom 10.8.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.1.2002, aufgerechnet. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 21.7.2003 Widerspruch eingelegt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10.8.200...