Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz. ehrenamtlicher Helfer. planmäßige Wohlfahrtspflege. Verein zur humanitären Hilfe mit Sitz in Deutschland. Bustransfer im In-und Ausland. Erholungsaufenthalt von Tschernobylopfern in Deutschland
Orientierungssatz
Ein Busfahrer, der als ehrenamtlicher Helfer eines Vereins zur humanitären Hilfe mit Sitz in Deutschland während eines Bustransfers in Minsk/Weißrussland verunglückte, steht gem § 2 Abs 1 Nr 9 SGB 7 iVm § 4 Abs 1 SGB 4 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 25.6.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.9.2003 wird aufgehoben.
2. Die Beigeladene zu 1 (BG für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege) wird verurteilt, den Unfall vom 15.9.2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen und Leistungen zu gewähren.
3. Die Beigeladene zu 1 hat dem Kläger und der Beigeladenen zu 2 die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Unfallfolgen und Gewährung einer Verletztenrente.
Der 1965 geborene Kläger war bis zu dem Unfall, um dessen Folgen gestritten werden, hauptberuflich Busfahrer im Linienverkehr der Regionalbus Saar-Westpfalz GmbH in K…. In seiner Freizeit bzw. seinem Urlaub war er als Busfahrer auch für den Verein “Kinderhilfe Shitkowitschi - Leben nach Tschernobyl e.V.„ tätig. Dieser Verein sammelt Geld- und Sachspenden für die von der Atomkatastrophe in Tschernobyl betroffenen Menschen. Er führt Seminare, Kongresse und Vorträge unter Beteiligung von Experten und Betroffenen aus Weißrussland durch, vermittelt Kontakte für weißrussische und deutsche Wissenschaftler, Organisationen, Gruppen, Einrichtungen und staatliche Stellen, die insbesondere auf den Gebieten der Strahlenphysik, der Strahlenmedizin, der Therapie von Strahlenschäden, der Kerntechnik, der Energiepolitik, der Ökologie, der Sozialwissenschaften, der Landwirtschaft, der Nahrungsmittelherstellung und des Bauwissens tätig sind (§ 2 der Satzung des Vereins).
Seit mehreren Jahren organisierte der Verein Ferienaufenthalte weißrussischer Kinder und deren Eltern in der Pfalz. Für die Hilfstransporte und Austauschtreffen hatte sich der Verein einen LKW der Marke Mercedes mit Anhänger sowie einen Scania Sattelzug und für den Personentransport einen Omnibus gekauft. Der Kläger stellte sich schon seit mehreren Jahren für die Überführung der Kinder bzw. Eltern von Weißrussland nach Deutschland und wieder zurück zur Verfügung. Auch im Sommer 2002 wurde ein Personenaustausch durchgeführt. Am 8.8.2002 fuhr ein Bus in Leerfahrt nach Weißrussland (Entfernung etwa 1.700 Kilometer), fuhr am 10.8.2002 mit weißrussischen Kindern zurück in die Pfalz, wo diese bis zum 31.8.2002 bei deutschen Gasteltern blieben. Am 2.9.2002 trafen die Kinder wieder in Weißrussland ein. Am selben Tag fuhr der Bus mit weißrussischen Eltern zurück nach Deutschland, wo diese bis zum 11.9.2002 blieben. Am 11.9.2002 erfolgte der Rücktransport der weißrussischen Eltern. Auf der Rückfahrt nach Deutschland mit dem leeren Bus kam es am 15.2.2002 in Minsk/Weißrussland zu einem schweren Unfall. Der Bus wurde zu diesem Zeitpunkt von S… N…gefahren, der Kläger war Beifahrer. Infolge einer Unaufmerksamkeit übersah S… N… einen langsam vorausfahrenden oder stehenden LKW und fuhr auf diesen auf. Der Kläger wurde eingeklemmt und erlitt schwerste Verletzungen (Polytrauma). Es musste unter anderem sein linker Unterschenkel amputiert werden, ein rechter Fuß bleibt gelähmt, das rechte Ellenbogengelenk ist teilversteift worden. Der Kläger wurde zunächst in weißrussischen Krankenhäusern behandelt und dann nach Deutschland zurücktransportiert. Den Durchgangsarztbericht vom 29.9.2002 erstellten Ärzte der Universitätsklinik Homburg, wo der Kläger vom 17.9. bis 15.11.2002 stationär behandelt wurde.
Die Unfallkasse des Saarlandes übersandte den Durchgangsarztbericht im Oktober 2002 an die Beklagte. Diese übernahm vorläufig die Zuständigkeit, weil die zu diesem Verfahren Beigeladene BG für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege einen Unfallversicherungsschutz verneinte.
Durch Bescheid vom 25.6.2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass keine Leistungen zu gewähren seien, weil kein Versicherungsschutz bestünde. Er sei weder Beschäftigter noch sogenannter Wie/Beschäftigter gewesen, weil der Schwerpunkt der Tätigkeit für den Verein im Ausland und nicht im Inland gelegen habe.
Dem widersprach der Kläger erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18.9.2003).
Dagegen hat der Kläger am 22.10.2003 Klage erhoben.
Er trägt vor: Er sei in den letzten zwei bis drei Jahren vor dem Unfall mindestens fünfmal für den Verein nach Weißrussland gefahren. Die Termine würden jeweils vom Verein vorgegeben. Pro Busfahrt seien zwei bis drei Fahrer eingesetzt. Diese Tätigkeit sei unentgeltlich, zum Teil würden Auslagen ersetzt. Er unterliege den Weisungen des Vereins wie ein Beschäftigter. Der Schwerpunkt der Tätigkeit habe in Deutschland gelegen, weil sämtl...